ICD-10-GM-2020 N94.1+F52.6
Als Dyspareunie bezeichnen Mediziner anhaltende Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, die vorwiegend bei Frauen auftreten. Für diese Schmerzen kommen sowohl organische und körperliche als auch psychische Ursachen infrage. Die Beschwerden können oberflächlich oder tiefer gelegen auftreten und befinden sich häufig im Bereich der Vaginalöffnung, im Unterbauch und im Inneren der Vagina.
Eine häufige, aber bei Weitem nicht die einzige Ursache ist eine fehlende Lubrikation, also wenn die Scheide recht trocken ist, zum Beispiel als Konsequenz von fehlendem Vorspiel oder (psychischem) Stress. Durch das körperliche Missempfinden können weitere Probleme wie ein ausbleibender Orgasmus, verminderte Lust und Erregung sowie emotionaler Druck auf die Frau zum „Funktionieren“ oder auch auf ihren Partner entstehen. Zwar können auch Männer Schmerzen beim Sex verspüren, jedoch wird der Begriff Dyspareunie in der Regel nur für Frauen verwendet.
Die spezifischen Beschwerden werden darin unterschieden, ob sie eher oberflächlich sind oder tiefer gelegen erscheinen. Je nach Patientin werden sie als Reizungen, Brennen, Stechen, Schmerz oder starkes Druckgefühl von unterschiedlicher Dauer und Intensität beschrieben.
Ursachen für oberflächlich auftretende Schmerzen können sein:
Ursachen für eher tief lokalisierte Schmerzen können sein:
Neben den körperlichen Ursachen können auch psychische Faktoren eine Rolle spielen. Negative Erfahrungen oder gar Traumata in Bezug auf Sex in der Vergangenheit, psychischer Stress und Belastungen, Unlust auf den Geschlechtsverkehr oder auch auf den Partner können zu einem Verkrampfen der Vaginalmuskulatur führen und das Eindringen des Penis in die Scheide schmerzhaft oder unangenehm machen. Zudem wirkt eine schmerzhafte Erfahrung zugleich als Stressor bei zukünftigem Sex und kann sich somit selbst verstärken
Stellst Du Schmerzen beim Sex bei Dir fest, sollten diese immer vom Frauenarzt abgeklärt werden. Häufig steckt zwar eine harmlose Ursache dahinter, jedoch ist es wichtig, andere, ernste Fälle auszuschließen.
In einem ersten Anamnesegespräch wird der Arzt zunächst Deine Krankengeschichte erfragen und sich dann von Dir den genauen Ort, Intensität und Dauer Deiner Schmerzen beschreiben lassen. Wichtig ist auch, dass Du ihm dabei genau sagst, um welche Art von Schmerz es sich handelt. Also ob es sich eher ziehend, stechend oder wie ein Brennen oder gar dumpf und pulsierend anfühlt. Außerdem ist es wichtig, mitzuteilen, wann die Schmerzen auftreten, also beispielsweise nur beim Eindringen oder während des gesamten Geschlechtsaktes, oder nur bei besonders tiefen Bewegungen.
Im Anschluss daran folgt eine körperliche Untersuchung. Dabei wird der Genitalbereich vorsichtig aber gründlich nach möglichen Ursachen untersucht wie zum Beispiel Anzeichen einer Entzündung oder sonstige Veränderungen. Werden auffällige Bereiche gefunden kann der Arzt Proben entnehmen, die später im Labor untersucht werden. Normalerweise entnimmt der Gynäkologe routinemäßig ein Abstrich und bei Verdacht auf einen Harnwegsinfekt eine Urinprobe, welche er auf Entzündungszeichen untersucht.
Durch Einführen eines Fingers in die Scheide kann der Gynäkologe die Beckenbodenmuskulatur erfühlen und überprüfen, ob diese übermäßig verspannt oder verengt ist. Indem er die andere Hand auf Deinen Unterbauch legt, kann er zudem Gebärmutter und Eierstöcke abtasten.
Die Behandlung der Beschwerden richtet sich nach der gefundenen Ursache. Steckt eine körperliche Ursache dahinter, etwa ein Östrogenmangel und dadurch bedingt Scheidentrockenheit oder ein Harnwegsinfekt, können diese häufig recht gut therapiert werden.
Beispielsweise gibt es östrogenhaltige Cremes, welche in die Scheide eingeführt werden können und für eine bessere Lubrikation sorgen sollen, sowie auch Zäpfchen zu selbem Zweck. Bei einem Harnwegsinfekt kann der Arzt, je nach Schweregrad, ein Antibiotikum verschreiben. Auch Zysten lassen sich zum Teil medikamentös behandeln. Wenn dies nicht der Fall ist, kann der Arzt auch eine Operation vorschlagen.
Frauen in den Wechseljahren sind aufgrund eines Östrogenmangels in dieser Zeit der Umstellung besonders betroffen. Bis zur Hälfte aller Frauen nach den Wechseljahren leidet angeblich unter Beschwerden beim Geschlechtsakt. Auch für stillende Frauen braucht es oft eine Zeit, bis sich der Körper und sein Hormonhaushalt wieder normalisiert haben und die Verletzungen und Beanspruchung der Geburt abklingen. Die Lust auf Sex und ein unbeschwertes Körpergefühl sind für manche Frauen erst nach einiger Zeit wieder vorhanden.
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können die Lust auf Sex und den Spaß an diesem gründlich versauen. Zudem können sie eine Belastung für die Beziehung darstellen, vor allem dann, wenn die genaue Ursache nicht geklärt ist. Das Gefühl etwas falsch zu machen wird in solchen Fällen nicht selten von beiden Partnern berichtet.
Schmerzen beim Sex sind für viele Frauen kein fremdes Gefühl. In Stichprobenbefragungen gaben 10 Prozent aller befragten Frauen an, Schmerzen oder zumindest sehr unangenehme Empfindungen beim Sex zu verspüren. Aufgrund der Vielfalt der dahinterliegenden Ursprünge der Beschwerden, von körperlich bis psychisch und von harmlos bis ernst und behandlungsbedürftig, sind Schmerzen beim Sex neben Orgasmus-Unfähigkeit eine der häufigsten Gründe für den Frauenarztbesuch überhaupt.
Zwar berichten weitaus weniger Männer als Frauen von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, dennoch kommen diese auch bei den Herren mitunter vor. Gründe hierfür könnten sein:
Rühren die Schmerzen von einer sehr trockenen Scheide her, kann mit Gleitgel oder in den Wechseljahren mit lokalen Östrogenen nachgeholfen werden. Liegt eine organische Ursache zugrunde, etwa eine Endometriose oder eine Gebärmuttersenkung, kann es manchmal helfen, die Stellung zu verändern und als Frau den aktiven (vor allem den oberen) Part zu übernehmen. Grundsätzlich sind auch Entspannungstechniken wie Tai-Chi, Qi Gong und Yoga zu empfehlen, um Beschwerden wie Verkrampfungen und Schmerzen beim Sex zu lindern.
Die Kosten für den Arztbesuch zur Diagnosestellung und Therapieeinleitung sowie alle weitere medizinisch notwendigen (dazu zählen im Normalfall alle vom behandelnden Arzt vorgenommenen Behandlungen und verschriebenen Medikamente) Schritte, werden normalerweise von den Krankenkassen übernommen. Lediglich Hausmittel zur Eigenbehandlung der Symptome wie Gleitgel werden nicht bezahlt.
Sex ist bekanntlich die schönste Nebensache der Welt. Als Ausgleich zum stressigen Alltag oder einfach seinen Gefühlen und Leidenschaften folgend, soll der Geschlechtsverkehr ein positives und genussvolles Erlebnis für alle Beteiligten darstellen. Schmerzen beim Sex, egal ob beim Einführen, während des Aktes oder danach, können dies jedoch schnell verhindern und neben körperlichen Unannehmlichkeiten leiden Betroffene häufig unter psychischen Folgen, da mit Funktionsstörungen der Geschlechtsorgane auch ein gewisser Druck entsteht, welcher wiederum als Stressfaktor bei zukünftigem Sex wirken kann. So kann schnell eine Art Teufelskreis entstehen. Neben psychischen gibt es aber auch eine Reihe organischer Ursachen für diese Beschwerden.
AUTOR
Dr. med. Benjamin Gehl
Medizinischer Experte
CO-AUTOR
Maja Lechthaler
Online-Redaktion
Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht die Medizin unter einer Dyspareunie?
Welche Beschwerden treten bei einer Dyspareunie auf?
Welche Ursachen hat eine Dyspareunie?
Wann sollte ich mit Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zum Arzt gehen?
Wie diagnostiziert der Arzt eine Dyspareunie und ihre Ursachen?
Wie werden Erkrankungen, die eine Dyspareunie auslösen, behandelt?
Welche Risikofaktoren begünstigen eine Dyspareunie?
Welche Folgen hat eine Dyspareunie für Betroffene?
Haben viele Frauen mit Schmerzen beim Sex zu kämpfen?
Können auch Männer Schmerzen beim Sex verspüren?
Was kann ich selbst gegen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr tun?
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung gynäkologischer Erkrankungen?