Laktoseintoleranz

Unzählige Menschen kennen das Problem. Nach einem Glas Milch, einem Cappuccino oder einem Becher Joghurt rumort der Magen und kurz darauf folgen Bauchschmerzen, Blähungen oder sogar Durchfall. Der Grund dafür kann eine Laktoseintoleranz sein, eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die fast 30 Prozent der Bevölkerung der westlichen Welt betrifft. Menschen mit Laktoseintoleranz fehlt ein Enzym, das für die Verdauung von Milchzucker erforderlich ist. Die häufigsten Symptome bei Laktoseintoleranz sind Blähungen, Bauchkrämpfe und Durchfall. Die Laktoseintoleranz kann sich aber auch außerhalb des Magen-Darm-Trakts bemerkbar machen.


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Laktoseintoleranz

ICD-10-GM-2020 E73

Was versteht die Medizin unter einer Laktoseintoleranz?

In Milchprodukten steckt Milchzucker, den man fachsprachlich auch als Laktose bezeichnet. Laktose selbst kann von der Darmschleimhaut nicht aufgenommen werden, sondern nur die aus der Laktose gespaltenen Einzelzucker. Das heißt, der Milchzucker muss erst einmal mithilfe eines Enzyms in Einzelteile gespalten werden, damit er über die Darmschleimhaut ins Blut gelangen kann.
 
Das notwendige Enzym heißt Lactase. Es wird normalerweise von den Schleimzellen im Dünndarm produziert, allerdings bei Menschen mit Laktoseintoleranz überhaupt nicht oder nicht in ausreichendem Maße. Bei einem Mangel an Lactase wandert der Milchzucker unverändert vom Dünndarm weiter in den Dickdarm. Dort dient er Bakterien als Nahrung. Dabei bleiben Abfallprodukte übrig, die dann die typischen Beschwerden auslösen. Zu diesen Abfallstoffen gehören unter anderem Milchsäuren, kurzkettige Fettsäuren und Gase wie Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Methan.

Wie häufig ist die Laktoseintoleranz und wer ist davon betroffen?

Der nordeuropäische Mensch hat vor circa 7.500 Jahren die Fähigkeit entwickelt Milch, genauer gesagt Laktose, auch im Erwachsenenalter zu verdauen. Diese Anpassung fand etwa zeitgleich mit dem Beginn der Viehzucht und dem Ackerbau statt. Die Fähigkeit, Milch noch im Alter zu verdauen, ist eine genetische Anpassung. Im Norden Europas hatten Menschen, die Laktose verdauen konnten, offensichtlich Überlebensvorteile. So breitete sich diese Genvariation immer mehr aus. Hieraus folgt auch, dass die Laktoseintoleranz keine Krankheit ist, sondern eine normale Variation des Menschen.
 
In Bezug auf die Laktoseintoleranz sprechen Ärzte oft von einem Nord-Süd-Gefälle. Denn in nordischen Ländern können fast 90 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Laktose verdauen, während in südlichen Regionen Europas nur circa 10 bis 30 Prozent und in Äquator-Nähe und in Asien nur etwa 2 Prozent Laktose verdauen können.

Welche Formen der Laktoseintoleranz gibt es?

Der Grund für eine Laktoseintoleranz ist immer auf den Mangel des Enzyms Lactase zurückzuführen. Da es auf verschiedenen Wegen zu diesem Mangel kommen kann, wird die Laktoseintoleranz in verschiedene Formen eingeteilt. Die Medizin unterscheidet zwischen primärer, sekundärer und angeborener Laktoseintoleranz.
 
Eigentlich ist Laktoseintoleranz keine Krankheit. Weltweit gesehen sind erwachsene Menschen, die Milchzucker verdauen können, sogar die Ausnahme. Anders ist das bei Babys. Neugeborene können Laktose normalerweise ohne Probleme verdauen, da auch die Muttermilch Laktose enthält, sogar mehr als Kuhmilch. Aber bereits nach den ersten Lebensmonaten nimmt die Menge des Enzyms im Körper allmählich ab.
 
Fällt der Laktosespiegel unter einen bestimmten Wert, treten Laktoseintoleranz-Symptome auf. Wann dieser Zeitpunkt erreicht ist, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Daher variiert auch das Alter, in dem die sogenannte primäre Laktoseintoleranz einsetzt. Die Betroffenen sind meist zwischen fünf und 20 Jahre alt. Bei Kindern unter fünf Jahren tritt die Milchzuckerunverträglichkeit nur selten auf. Meistens zeigen sich die ersten Symptome im Jugendalter.
 
Die primäre Laktoseintoleranz ist die mit Abstand häufigste Form einer Milchzuckerunverträglichkeit. Wichtig ist, dass die Enzymproduktion dabei nicht völlig aussetzt. Die meisten Betroffenen verfügen noch über eine kleine Grundmenge des Enzyms. Hierbei gibt es große individuelle Schwankungen, weshalb einige Menschen mit Laktoseintoleranz noch einen gewissen Laktoseanteil in der Nahrung vertragen, andere bereits auf kleinste Mengen mit Beschwerden reagieren.
 
Im Unterschied zur primären Laktoseintoleranz ist die sekundäre Laktoseintoleranz die Folge einer Erkrankung. Die Produktion der Lactase wird hierbei nicht natürlicherweise, sondern durch eine Schädigung der Darmschleimhaut gedrosselt. Auslöser sind manchmal größere Operationen im Magen-Darm-Trakt, Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn oder schwere Verläufe einer Magen-Darm-Grippe. Auch eine Zöliakie, also eine Glutenunverträglichkeit, kann oft Ursache einer sekundären Laktoseintoleranz sein. Bei dieser Erkrankung entzündet sich die Darmschleimhaut, was die Produktion des Enzyms Lactase beeinträchtigt.
 
Gewöhnlich geht die sekundäre Laktoseintoleranz wieder zurück, sobald sich die Schleimhautzellen im Darm erholt haben und die verantwortliche Erkrankung ausgeheilt ist. In seltenen Fällen und abhängig von der Ersterkrankung kann diese Form auch chronisch werden.
 
Die angeborene, auch hereditäre oder kongenitale Laktoseintoleranz ist eine sehr seltene Form der Krankheit, welche durch einen genetisch bedingten Mangel an Lactase entsteht. Durch den daraus resultierenden absoluten Mangel von Lactase kommt es bereits nach den ersten Trinkversuchen der Muttermilch oder Säuglingsanfangsnahrung zu einer Diarrhö mit wässrigen, sauren Durchfällen und der Gefahr der Dehydratation.
 
Unter laktosefreier Ernährung ist die Prognose für das Neugeborene gut. Wenn Kleinkinder Probleme mit Milchzucker haben, muss jedoch nicht immer eine angeborene Laktoseintoleranz dahinterstecken. Der Verdauungstrakt kann in den ersten Lebenswochen allgemein sehr empfindlich reagieren und die Lactaseproduktion muss noch anlaufen. Die Symptome verschwinden dann in der Regel recht schnell.

Was sind die typischen Symptome bei einer Laktoseintoleranz?

Das Hauptsymptom einer Laktoseintoleranz sind Blähungen, welche durch eine starke Gasentwicklung zustande kommen. Wenn diese Gase nicht abgelassen werden können, kann dies zu einer Dehnung der Darmwand führen und krampfartige Bauchschmerzen verursachen. Gerade im oberen Dünndarm kann dies sehr unangenehm sein und sich durch Schmerzen im Ober- und Unterbauch bemerkbar machen.
 
Die Darmbakterien, welche die Laktose im Dickdarm verarbeiten, produzieren insbesondere kurzkettige Fettsäuren. Diese führen dazu, dass vermehrt Wasser in den Darm gezogen wird, wodurch stark wässrige und schleimige Durchfälle entstehen. Die vermehrte Gasbildung kann zu einem Völlegefühl führen, das sehr unangenehm ist und den Appetit mindert. Vielen Betroffenen klagen zudem über Übelkeit und Erbrechen nach dem Verzehr von Milchzucker.
 
Der überlastete Darm kann zusätzlich laute Geräusche von sich geben, die als Darm-Rumoren wahrgenommen werden. Paradoxerweise kann Laktoseintoleranz aber auch zu Verstopfungen führen, und zwar dann, wenn bei der Laktose-Zersetzung überwiegend Methan produziert wird. Dieses Gas verlangsamt die Darmtätigkeit und löst so Verstopfung aus.

Welche Faktoren beeinflussen die Symptome einer Laktoseintoleranz?

Die beschriebenen Laktoseintoleranz-Symptome fallen sehr unterschiedlich aus. Einige Betroffene haben nach jeder laktosehaltigen Mahlzeit ausgeprägte Beschwerden, andere wiederum verspüren kaum mehr als ein leichtes Unwohlsein. Dies ist vor allem vom Laktosegehalt der Mahlzeit, der Menge des Restenzyms im Körper, der Geschwindigkeit der Verdauung und dem persönlichen Schmerzempfinden eines jeden Betroffenen abhängig.
 
Je mehr Milchzucker in der Mahlzeit enthalten ist, desto stärker fallen die Symptome bei einer Laktoseintoleranz aus. Außerdem hat auch die weitere Zusammensetzung der Nahrung Einfluss. Denn je nachdem, mit welchen anderen Nährstoffen Laktose aufgenommen wird, kann sich das unterschiedlich auf die Verarbeitung im Darm auswirken.
 
Zusätzlich hat der Aufbau der Darmflora einen entscheidenden Einfluss auf die Symptomatik. In jedem Menschen leben im Dickdarm etwas andere Bakterien. Je besser sie den Milchzucker abbauen können, umso heftiger fallen die Beschwerden bei Laktoseintoleranz aus. Dabei variiert nicht nur die Menge an produzierten Gasen, sondern auch die Art des Gases, welches von den Bakterien produziert wird. Wenn sie beispielsweise überwiegend Kohlenstoffdioxid produzieren, sind die Darmwinde weniger übel riechend als wenn sie vermehrt Methan erzeugen.
 
Der Weg, den die Nahrung bei der Verdauung nimmt, ist zwar bei allen Menschen ident, die Zeit, die sie dafür braucht, allerdings nicht. Je länger der Nahrungsbrei im Dünndarm verweilt, desto mehr Zeit hat die Lactase zur Verfügung, um den Milchzucker zu spalten. Wandert er jedoch schnell weiter, gelangt mehr unverdaute Laktose in den Dickdarm und führt dort zu den typischen Beschwerden. Die Transportdauer im Dünndarm variiert im Durchschnitt in etwa zwischen einer und zweieinhalb Stunden. Dementsprechend variiert auch die Zeit, nach der bei den Betroffenen Symptome auftreten.
 
Jeder Mensch hat eine unterschiedliche Schmerzschwelle. Wo die einen längst zum Arzt gehen, merken andere kaum etwas. Auch bei einer Milchzuckerunverträglichkeit fühlen sich die Beschwerden individuell verschieden an. Laktoseintoleranz-Schmerzen entstehen schließlich durch die übermäßige Dehnung des Darms.
 
Bei Patienten mit einem Reizdarmsyndrom zum Beispiel liegt generell eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit im Magen-Darm-Trakt vor. Wenn diese Menschen dann zusätzlich noch eine Milchzuckerunverträglichkeit haben, fühlen sich die Dehnungen umso schmerzvoller an. Zusätzlich gibt es Patienten, die erwiesenermaßen den Milchzucker nicht verdauen können, aber dennoch keine oder nur geringe Laktoseintoleranz-Symptome verspüren.

Welche untypischen Symptome können bei einer Laktoseintoleranz auftreten?

Neben den deutlichen Symptomen reagiert der Körper oftmals zusätzlich mit Beschwerden, die zwar durch die Überlastung des Darms entstehen, sich aber dennoch nur schwer auf die Verdauung zurückführen lassen. Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen können dazugehören. Einige Patienten klagen außerdem im Zusammenhang mit ihren Verdauungsproblemen über Rückenschmerzen.
 
Ein nicht funktionierendes Verdauungssystem belastet den kompletten Organismus, weshalb auch Konzentrationsstörungen, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Herzrasen zu den beobachteten Beschwerden zählen.

Welche Ursachen hat eine Laktoseintoleranz?

Laktoseintoleranz kann je nach Form verschiedene Ursachen haben. Der angeborene Lactasemangel, der sich durch eine absolute Laktoseintoleranz kennzeichnet, entsteht aufgrund eines Gendefektes, der die Lactasebildung stark einschränkt.
 
Diese Form kann sogar dazu führen, dass gar kein Enzym mehr gebildet wird. Ärzte sprechen dann auch von einer Alaktasie. Die Vererbung erfolgt nach einem autosomal-rezessiv Schema, sie ist also unabhängig vom Geschlecht des Neugeborenen und beide Eltern müssen Träger dieses Genfehlers sein damit die Krankheit tatsächlich ausbrechen kann.
 
Ein Teil der mit angeborener Laktoseintoleranz diagnostizierten Säuglinge leidet möglicherweise zusätzlich an einer selteneren Störung, bei der Laktose unverdaut bereits vom Magen aufgenommen wird, in die Blutbahn gelangt und mit dem Urin ausgeschieden wird. Da unverdaute Laktose im Blut schädlich ist, kann die Störung unerkannt zu Vergiftungserscheinungen mit Leber- und Hirnschäden führen.
 
Der primäre Lactasemangel entsteht durch die Abnahme der Lactase mit dem Alter. Bei Säuglingen wird dieses Verdauungsenzym normalerweise in ausreichender Menge produziert. Nach einigen Jahren verringert sich, je nach ethnischem Hintergrund, die erzeugte Lactasemenge im Körper. Ein Großteil der erwachsenen mittel- und südasiatischen Bevölkerung verträgt keine Milchprodukte mehr. In nördlichen Bereichen hingegen ist die Milchzuckeraufnahme meistens bis ins hohe Alter kein Problem. Grund für das Versiegen der Enzymproduktion im Erwachsenenalter ist ein Gen, das mit zunehmendem Alter seine Aktivität verliert. Das ist völlig normal, da die Aufnahme von Milch in vielen Bereichen der Bevölkerung nur als Kind notwendig war.
 
Sekundäre Laktoseintoleranz wird meist durch eine Darmerkrankung ausgelöst, die eine Schädigung der Darmschleimhaut einschließt und damit die Produktion des Lactaseenzyms vorübergehend verhindert. Nach dem Auskurieren verschwindet dieser Mangel meist völlig. In seltenen Fällen sind die lactaseproduzierenden Gewebe so geschädigt, dass sie sich nicht mehr regenerieren können und eine chronische Laktoseintoleranz entsteht.
 
Mögliche Grunderkrankungen können die bakterielle oder virale Gastroenteritis, Zöliakie, intestinales Lymphom, partielle oder totale Gastrektomie, Kurzdarmsyndrome, Chemotherapie, Strahlentherapie, Mangelernährung und chronischer Alkoholmissbrauch sein.

Wie diagnostiziert der Arzt eine Laktoseintoleranz?

Wenn lang anhaltende Magen-Darm-Beschwerden beim Kind oder sich selbst bestehen, sollte grundsätzlich ärztlicher Rat aufgesucht werden, um eine Ursache zu finden. Der richtige Ansprechpartner bei Verdacht auf eine Laktoseintoleranz ist der Hausarzt oder ein Facharzt für Innere Medizin. Bereits durch die Schilderung der Beschwerden in einer genauen Anamnese, welche Informationen über die Ernährungsgewohnheiten, Dauer und Art der Beschwerden, Medikamente sowie familiäre Anhäufungen enthält, kann der behandelnde Arzt wichtige Schritte zur Diagnose einleiten.
 
Nach dem Anamnesegespräch folgt die körperliche Untersuchung. Dabei hört der Arzt mit dem Stethoskop auf die Darmgeräusche und tastet den Bauch behutsam ab. Die körperliche Untersuchung dient vor allem dazu, andere Ursachen für die Symptome auszuschließen. Zur Unterstützung sind Untersuchungen wie Blutbilder mit Bestimmung der Entzündungswerte oder bildgebende Verfahren wie ein Ultraschall notwendig.
 
Wenn sich ein begründeter Verdacht auf eine Laktoseintoleranz ergeben hat, kann als nächster Schritt eine vorübergehende laktosearme Diät versucht werden. Sollten sich die Beschwerden dabei bessern, ist eine Laktoseintoleranz sehr wahrscheinlich. Im Anschluss an den Diättest führt der Arzt oft einen Expositionstest durch, bei dem nach einigen Tagen des Laktose-Verzichtes ein Glas Wasser mit 50 bis 100 g gelöstem Milchzucker getrunken wird.
 
Treten danach innerhalb von einigen Stunden die typischen Symptome auf, besteht wahrscheinlich eine Laktoseintoleranz. Endgültige Sicherheit liefern aber nur spezielle Laktoseintoleranz-Tests wie der H2-Atemtest. Diesen nutzt der Arzt vor allem dazu, eine Unverträglichkeit nachzuweisen.
 
Unverdauter Milchzucker wird im Dickdarm von den Bakterien der Darmflora zersetzt, wobei unter anderem Wasserstoff (H2) entsteht. Im menschlichen Stoffwechsel fällt dagegen kein H2 an. Der Wasserstoff wird sehr schnell ins Blut aufgenommen und über die Lungen abgeatmet. Wenn also nach dem Trinken einer Laktoselösung der Anteil an Wasserstoff in der Ausatemluft ansteigt, deutet dies darauf hin, dass der entsprechende Zucker im Dünndarm nicht verwertet werden konnte und im Dickdarm bakteriell zersetzt wurde.

Wie wird eine Laktoseintoleranz behandelt?

Da eine Laktoseintoleranz keine Krankheit ist, kann man sie auch nicht heilen. Dafür können Betroffene durch einen laktosearmen Lebensstil größtenteils beschwerdefrei leben. Die wichtigste Maßnahme bei der Laktoseintoleranz ist eine Anpassung der Ernährung. Das fällt anfangs nicht leicht, denn man muss auf vieles verzichten, was zuvor selbstverständlich zum Speiseplan gehörte.
 
Dennoch ist bei der Laktoseintoleranz-Ernährung die wichtigste Regel, dass Vermeiden von allen Produkten, die vermehrt Laktose enthalten. Jeder Mensch hat allerdings eine andere Toleranzgrenze, was die Menge an Laktose angeht, die er verträgt. Um diese herauszufinden, hilft oft nur Ausprobieren.
 
Ausgenommen davon ist jedoch der angeborene Enzymmangel, der eine strikte Laktose Diät voraussetzt. Auch viele Medikamente enthalten Laktose als Bindemittel, allerdings meist in irrelevanten Mengen. In der Packungsbeilage ist die genaue Menge an Laktose mit den weiteren Inhaltsstoffen nachzulesen.

Wie können Medikamente bei einer Laktoseintoleranz helfen?

Auch eine künstliche Zufuhr des fehlenden Enzyms Lactase über Tabletten ist bei Bedarf möglich. Die Tabletten liefern dem Körper die Lactase, die er selbst nicht mehr herstellen kann. Die Menge des Enzyms pro Tablette wird in der Einheit FCC, was für Food Chemical Codex steht, angegeben. Pro fünf Gramm Milchzucker werden 1.000 FCC empfohlen.
 
Den Laktosegehalt einer Mahlzeit abzuschätzen ist sehr schwierig und verlangt viel Erfahrung. Eine Überdosierung des Enzyms hat jedoch keine negative Wirkung auf den Organismus. Da die Präparate meist relativ teuer sind und von der Krankenkasse nicht bezahlt werden, eignen sie sich nicht zur Dauersubstitution. Dennoch kannst Du sie vor einzelnen Mahlzeiten in Ausnahmefällen nutzen. Da bei gleichzeitiger Einnahme von Eisentabletten eine Wechselwirkung besteht, muss deren Einnahme mindestens drei Stunden zeitversetzt stattfinden.

Bei welchem Laktosegehalt sind Lebensmittel gut verträglich?

Als „laktosefrei“ gelten Produkte, die maximal 0,1g Laktose pro 100g Nahrungsmittel enthalten. Diese geringen Mengen werden von Menschen mit einer Laktoseintoleranz normalerweise problemlos vertragen. Viele Betroffene bekommen auch bei einem geringen Gehalt von 1g Laktose/100g Lebensmittel noch keine Beschwerden.
 
Bei Käsesorten gilt allgemein, dass mit zunehmender Reifedauer der Laktosegehalt abfällt. Daher werden Hartkäse wie Parmesan oder reifer Gouda meist gut vertragen. Weitere Lebensmittel mit geringem Laktosegehalt sind Butterschmalz, Camembert, Butter, Mozzarella, Feta oder Bitterschokolade.
 
1 bis 5g Laktose pro 100g Lebensmittel bezeichnen Mediziner als moderaten Laktosegehalt. Während manche Menschen mit Laktoseintoleranz diese Lebensmittel noch problemlos vertragen, können sie bei anderen bereits Beschwerden hervorrufen. Zu dieser Gruppe zählen Sahne, Topfen, Joghurt und Hüttenkäse.
 
Einen besonders hohen Gehalt an Laktose von mehr als 5g Laktose pro 100g Lebensmittel enthalten Produkte wie Schmelzkäse, Eiscreme, Kondensmilch und die klassische Milch. Aufgrund des hohen Laktosegehalts führen diese Lebensmittel bei Menschen mit Laktoseintoleranz zu stärkeren Beschwerden.

Welche Lebensmittel haben einen versteckten Laktosegehalt?

Die Nahrungsmittelindustrie benutzt Milchzucker gerne als Füllmittel, um Lebensmitteln einen volleren Geschmack zu geben. Deswegen ist Milchzucker auch in Brot, Fleisch und vielen Fertiggerichten enthalten. Hier sind die Laktosemengen meist vernachlässigbar gering. Weitere Produkte, die unerwartet Laktose enthalten, sind Margarine, Backwaren, Brotaufstriche, Fertiggerichte, Gewürzmischungen und Müsli.

Wie unterscheiden sich laktosefreie Produkte von normalen?

Lange gereifte Schnitt- und Hartkäsesorten wie Emmentaler, Berg­käse, Edamer, Gouda, Parmesan und Appenzeller sowie Butter enthalten von Natur aus weniger als 0,1g  Laktose pro 100g und sind damit quasi laktosefrei – auch dann, wenn die Kennzeichnung laktosefrei fehlt. Wenn Käse reift, wird die Laktose in der verarbeiteten Milch mit der Zeit in Milchsäure umgewandelt. Je länger der Reifeprozess, desto weniger Laktose enthält er.
 
Um die Milch laktosefrei zu machen, wird sie mit dem Enzym Lactase versetzt. Es spaltet den Milchzucker in zwei Einfachzucker. Erneutes Erhitzen deaktiviert das Enzym wieder. Da die Einfachzucker eine höhere Süßkraft haben als der Zweifachzucker Laktose, schmeckt laktosefreie Milch deutlich süßer als herkömmliche Milch.

Welche Komplikationen können bei einer Laktoseintoleranz auftreten?

Beim Verzicht auf Milchprodukte wird der Körper häufig nicht ausreichend mit Kalzium versorgt, was bei laktoseintoleranten Patienten zu einem erhöhten Risiko für Osteoporose führen kann. Betroffene zeigen daher im Vergleich zu ihren Altersgenossen eine geringere Knochendichte.
 
Liegt die Milchzuckerunverträglichkeit bereits im Kindesalter vor, ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko einer Folgeerkrankung zu rechnen. Deshalb ist manchmal die Einnahme von Kalziumpräparaten erforderlich. Außerdem können Patienten kalziumreiche Nahrungsmittel wie grünes Blattgemüse, Kokosflocken oder Sesam vermehrt zu sich nehmen. Insbesondere bei Kindern kann durch den Verzicht auf Milchprodukte ein Kalziummangel und damit eine Knochenmineralisationsstörung entstehen. Grundsätzlich ist eine Laktoseintoleranz aber nur selten der alleinige Grund für eine Osteoporose.
 
Bei Betroffenen mit anhaltenden Beschwerden kann es zu einer Vermehrung krankhafter Darmbakterien kommen, die zusätzlich die Darmschleimhaut schädigen. Hierdurch bedingte Entzündungsreaktionen schädigen die Darmschleimhaut und erhöhen die Durchlässigkeit der Darmwand. Daher solltest Du Deine Ernährung, sobald eine Diagnose bekannt ist, umstellen.

Wie viel kosten laktosefreie Produkte und Medikamente?

Die Nahrungsmittelindustrie bietet eine große Auswahl laktosefreier Lebensmittel an, welche meist mehr kosten als die herkömmlichen Varianten. Da viele Patienten nur eine relative Intoleranz aufweisen, müssen sie nicht komplett auf Milchzucker verzichten und können weiterhin Lebensmittel wie Butterschmalz, Camembert, Butter, Mozzarella, Feta und viele weitere konsumieren. Produkte mit der Kennzeichnung “laktosefrei” machen daher meist nur in sensiblen Fällen oder bei absoluten Laktoseintoleranzen Sinn.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für laktosefreie Produkte und Medikamente?

Nahrungsmittel sind keine Medikamente. Da Krankenkassen nur für Heilungs- und Medikamentenkosten aufkommen, jedoch nicht für krankheitsbedingte Mehrkosten von Lebensmitteln, gibt es für die laktosearme Diät keine finanzielle Unterstützung.
 
Die Lactase-Tabletten helfen den Betroffenen zwar die Laktose zu verdauen, jedoch gelten sie als Nahrungsergänzungsmittel und werden daher ebenfalls nicht bezahlt. Die Kosten für einen Wasserstoffatemtest (H2-Test) betragen in etwa 45 Euro und werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Es bestehen jedoch Ausnahmen, welche von der Form und dem Grad der Lebenseinschränkung abhängig sind. Eine genaue Abklärung muss mit der jeweiligen Krankenkasse erfolgen.