Digitale Gesundheitsanwendungen im Kommen

Die App auf Rezept ist endlich Alltag. Die Regierung hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, welches digitale Gesundheitsanwendungen in den Katalog der Regelleistungen aufnimmt. Was ist eine DiGa genau, welche rechtlichen Grundlagen gelten und wie funktioniert das Bewertungsverfahren? Diese und andere Fragen beantwortet der Beitrag.


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Medizinischer Experte

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Online-Redaktion

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Digitale Gesundheitsanwendungen im Kommen


 

Was ist eine DiGA?

DiGa steht für digitale Gesundheitsleistung. Sie dienen dazu, Krankheiten frühzeitig zu erkennen, zu behandeln, zu lindern und zu überwachen. DiGAs helfen dabei, Patienten zu mehr Eigenverantwortung zu animieren. Ziel ist unter anderem eine gesundheitsbewusste Lebensführung. Fachlich gesehen ist eine DiGA ein Medizinprodukt der Risikoklasse I oder IIa nach MDR bzw. MDD. Eine DiGA wird von Patienten und Ärzten bzw. anderen Leistungserbringern gemeinsam genutzt.

Welche gesetzliche Grundlage gilt?

Als Grundlage dienen zum einen das DGV (Digitale-Versorgung-Gesetz) und zum anderen die DiGAV (Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung). Über das IV. Sozialgesetzbuch haben Patienten damit einen Anspruch auf eine Versorgung mit DiGA. Verordnet werden die Leistungen von Ärzten und Psychotherapeuten. Krankenkassen erstatten im gesetzlichen Rahmen die Kosten.

Leistungskatalog und Übersicht in einem

Das Verzeichnis der DiGAs ist nicht nur ein Leistungskatalog, sonders es dient Ärzten und Anwendern gleichermaßen zur Orientierung. Das Leistungsverzeichnis ist übersichtlich aufgebaut, denn es soll unkompliziert und verständlich für alle Beteiligten sein. Eine DiGA kann nur dann erfolgreich in einen Behandlungsplan eingegliedert werden, wenn die Akteure hinreichend informiert und aufgeklärt sind. Eine App auf Rezept ist tatsächlich Neuland, deshalb ist Aufklärung und Transparenz unverzichtbar. Nur so können Ärzte, Therapeuten und Patienten eine aufgeklärte Entscheidung treffen, die Grundlage einer vertrauensvollen Therapie ist.
 
Dass Aufklärung und Information dringend nötig ist, zeigen Umfragen unter 1000 Ärzten, deren Ergebnisse im Ärzteblatt thematisiert wurden. Demnach sehen 42 Prozent die Verschreibung von DiGAs positiv, 48 Prozent immerhin noch teilweise positiv. Schlecht bis sehr schlecht bewerteten 11 Prozent der Ärzte DiGAs. Außerdem stellte sich heraus, dass 56 Prozent der Befragten sich schlecht vorbereitet fühlen, um wirklich gut informiert passende DiGAs vorzuschlagen und zu verschreiben. 74 Prozent wünschten sich einen besseren Überblick über das bestehende Leistungsangebot.
 
Wer sich für DiGAs interessiert, findet zwar bei Krankenkassen, der Bundesärztekammer oder der Kassenärztlichen Vereinigung einiges an Infomaterial. Doch die erste Anlaufstelle ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dort findet sich das geballte Expertenwissen auf einer Website.

Wie kommt eine DiGA in den Leistungskatalog?

Damit eine DiGA in den gesetzlichen Leistungskatalog aufgenommen werden kann, muss sie ein Prüfverfahren beim BfArM erfolgreich durchlaufen. Die Details des Prüfverfahrens regelt die Verordnung über das Verfahren und die Anforderungen zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit digitaler Gesundheitsanwendungen in der gesetzlichen Krankenversicherung.
 
Der Weg einer App in den Leistungskatalog ist relativ übersichtlich. Das so genannte Fast-Track-Verfahren läuft so ab:
 

  1. Ein Hersteller stellt einen Antrag beim BfArM.
  2. Das BfArM prüft das Produkt unter anderem hinsichtlich Sicherheit, Funktionalität, Qualität, Datenschutz/-sicherheit sowie hinsichtlich des medizinischen Nutzens und der Verfahrens- und Strukturverbesserungen.
  3. Bei positiver Prüfung gelangt die App vorläufig in das DiGA-Verzeichnis.
  4. Es folgt eine Probephase von 12 Monaten, während der sich die plausiblen Begründungen sowie positive Versorgungseffekte und das Evaluationskonzept in der Praxis beweisen müssen.
  5. Hat sich die App bewährt, wird sie in das offizielle DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V aufgenommen. Andernfalls wird sie abgelehnt.

Vergütung ärztlicher und therapeutischer Leistungen der DiGAs

Rund um die DiGAs leisten Ärzte und Therapeuten Beratung im Vorfeld und werden im Rahmen der Verordnung ebenfalls tätig. An eine DiGA sind oft weitere Leistungen geknüpft. Solange keine Entscheidung zur Honorierung vorliegt, können Versicherte die Leistungen per Kostenerstattung beanspruchen. Ärzte können bisweilen nach Empfehlung der Bundesärztekammer beispielsweise für die Verordnung und Einweisung in eine App den analogen Ansatz der Nr. 76 GOÄ (9,38 EUR) bei 2,3-fachen Satz ansetzen.

Praktisch in der Anwendung

TeleClinic erklärt, wie Patienten verschreibungspflichtige DiGAs erhalten können. Auf der Website des Anbieters finden sich geprüfte DiGAs, die User sich zunächst einmal in Ruhe ansehen können. Im Portfolio der TeleClinic finden sich zum Beispiel diese Apps:
 

  • kalmeda – digitale Tinnitus-Therapie/li>
  • zanadio – digitale Adipositas-Therapie
  • Vivira – therapeutisches Training für Zuhause
  • velibra – digitale Therapie gegen Angststörungen
  • somnio – digitales Schlaftraining
  • Selfapy – psychologische Unterstützung bei Depressionen
  • Invirto – digitale Therapie gegen Angst
  • elevida – Online-Programm gegen Fatigue bei MS
  • M-sense – digitales Behandlungsprogramm für Migräne
  • Rehappy – digitale Nachsorge bei Schlaganfällen

 
Um die App zu erhalten, vereinbaren Patienten einen Online -Termin bei einem Arzt. Es wird danach ein Videogespräch stattfinden und der Arztbrief wird den Patienten direkt auf ihr Handy geschickt. Dieser wird an die Krankenkasse weitergeleitet. Die Krankenkasse schickt dem Patienten den persönlichen Freischaltcode. Damit wird die Gesundheits-App aktiviert und die digitale Therapie kann starten.

Medizinischer Nutzen unbestritten

Eine App auf Rezept, die einen positiven Versorgungseffekt bringt – so heißt der Begriff in den sozialversicherungsrechtlichen Grundlagen – ist grundsätzlich hilfreich und entlastet die überlaufenen Arztpraxen. Gleichzeitig macht sie Patienten unabhängiger von Zeit und Ort und verhilft zu mehr Eigenverantwortung. Positive Versorgungseffekte können zum Beispiel die Verbesserung der Lebensqualität, des Krankheitsbilds oder der Mortalität sein. Auch die Verbesserung der patientenrelevanten Strukturen und Verfahren wird als positiver Versorgungseffekt eingestuft.
 

  • Übergewichtige nehmen ab und minimieren ihr Herzinfarktrisiko
  • Menschen mit Angststörungen überwinden die Problematik und können wieder am normalen Alltagsgeschehen teilnehmen.
  • Migränpatienten lernen den Umgang mit der Krankheit und können den Verlauf günstig beeinflussen.
  • Personen mit Schlafstörungen finden besser in den Schlaf bzw. schlafen immer öfter durch und finden zu einer gesunden Leistungsfähigkeit zurück.
  • MS-Patienten bewältigen die Fatigue und finden einen Weg, Erschöpfungszustände wirkungsvoll einzudämmen

 
Generell sollen DiGAs den Zugriff auf patientenbezogene Daten ermöglichen. Das bedeutet, dass PDF-Auswertungen oder andere Infoblätter zur Verfügung gestellt werden. Diese lassen sich zum Beispiel Ausdrucken. Ein solches Vorgehen bietet sich beispielsweise bei Diät- oder Stimmungs-Tagebüchern an.