Schmetterlingskrankheit

Die Schmetterlingskrankheit (Epidermolysis bullosa) umfasst eine Gruppe genetischer Erkrankungen mit Beteiligung der Haut und Schleimhäute, wobei sich die Krankheit auch in vielen verschiedenen Organsystemen manifestieren kann. Da die Haut betroffener Kinder so verletzlich wie die Flügel eines Schmetterlings ist, werden sie umgangssprachlich auch als „Schmetterlingskinder“ bezeichnet. In vielen Fällen bedürfen Kinder mit einer Schmetterlingskrankheit einer lebenslangen, komplexen medizinischen Betreuung.


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Schmetterlingskrankheit

Was versteht die Medizin unter der Schmetterlingskrankheit?

Die Schmetterlingskrankheit, von Medizinern auch als Epidermolysis bullosa bezeichnet, ist eine genetisch bedingte Hautkrankheit, die oftmals bereits im Kindesalter auftritt und mit einer Blasenbildung auf der Haut einhergeht. Die Haut des menschlichen Körpers ist aus verschiedenen Schichten aufgebaut. Die Oberhaut, auch als Epidermis bezeichnet, stellt dabei die äußerste Schicht dar. „Bullosa“ bedeutet „blasenförmig“ und die Endung „-lysis“ steht für Lösung. Dementsprechend lässt sich der Begriff Epidermolysis bullosa wörtlich übersetzen mit „blasenförmige Ablösung der Oberhaut“.

Welche Formen der Epidermolysis bullosa gibt es?

Die Erkrankung lässt sich in die vier Hauptformen Epidermolysis bullosa simplex, junktionale Epidermolysis bullosa, dystrophe Epidermolysis bullosa und Kindler-Syndrom unterscheiden. Allen Formen gemeinsam ist die besondere Empfindlichkeit der Haut.

Die Unterschiede bestehen hinsichtlich der jeweils verschiedenen Genveränderungen und der damit betroffenen Proteine. Inzwischen sind zu den vier Hauptformen etwa 40 Unterformen bekannt, die sich anhand der Krankheitsausprägung und Prognose unterscheiden.

 

Alle Formen der Epidermolysis bullosa sind selten. In Österreich leben etwa 500 Betroffene, in Europa ungefähr 30.000. Die Erkrankung tritt in allen Ethnien auf, wobei beide Geschlechter gleich häufig betroffen sind.

Was sind die Symptome der Schmetterlingskrankheit?

Symptome bei einer Schmetterlingskrankheit machen sich in Form von Blasen, Wunden oder offenen Hautstellen bemerkbar, meist schon kurz nach der Geburt. Diese können bereits bei geringster mechanischer Belastung entstehen.

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Je nach Schweregrad der Erkrankung kann es zu einer lokalen Blasenbildung, besonders an Händen und Füßen, bis hin zu einer generalisierten Blasenbildung an Haut und Schleimhaut kommen. Eine generalisierte Blasenbildung, die den gesamten Körper betrifft, kann zu einer Schädigung innerer Organe wie der Atemwege oder des Magen-Darm-Traktes führen.
 
Weitere Beschwerden, unter denen Betroffene leiden können, sind Juckreiz, Schmerzen, Narbenbildung, Karies mit Zahnverlust, Funktionseinschränkung von Gelenken sowie Ernährungs- und Verdauungsprobleme. Zudem besteht die Gefahr, dass durch die Verletzungen Finger und Zehen zusammenwachsen.

Welche Ursachen hat die Schmetterlingskrankheit?

Anhand der Ursache der Blasenbildung unterscheiden Mediziner eine intraepidermale von einer subepidermalen Blasenbildung. Bei der intraepidermalen Blasenbildung besteht ein Defekt der Zell-Zell-Adhäsion, was bedeutet, dass die Zellen der Epidermis nicht mehr zusammenhalten. Der subepidermalen Blasenbildung liegt ein Defekt der dermo-epithelialen Adhäsion zugrunde, was wiederum bedeutet, dass sich die gesamte Epidermis von der darunter liegenden Hautschicht, der Dermis, trennt. In der Folge reichen bereits schwache Scherkräfte aus, dass sich die Zellen voneinander trennen, wodurch körpereigene Flüssigkeit in die entstandenen Spalten austreten kann und es zur Blasenbildung kommt. Diese jeweiligen Defekte entstehen durch Genveränderungen, die dafür sorgen, dass bestimmte Proteine, die für die Adhäsion der Zellen verantwortlich sind, verändert oder gar nicht gebildet werden. Die Genveränderungen können durch verschiedene Erbgänge vererbt werden.

Wie wird die Schmetterlingskrankheit diagnostiziert?

In den meisten Fällen diagnostiziert der Arzt die Schmetterlingskrankheit bereits im Säuglings- oder Kleinkindesalter. Dabei erfolgt zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch, in dem der Mediziner unter anderem nachfragt, ob auch Verwandte unter ähnlichen Symptomen leiden.

Im nächsten Schritt inspiziert der Arzt die Blasen beziehungsweise Hautdefekte. Kann er andere Erkrankungen, wie vor allem Infektionen, die mit einer Blasenbildung auf der Haut einhergehen, ausschließen, liegt meist der Verdacht einer Epidermolysis bullosa nahe. Um die Diagnose der Schmetterlingskrankheit stellen zu können, folgen spezielle Untersuchungen wie eine Hautbiopsie, bei der dem Patienten im Regelfall unter lokaler Betäubung eine kleine Hautprobe entnommen wird, sowie eine Genanalyse.

Wie lässt sich die Schmetterlingskrankheit behandeln?

Eine Heilung der Schmetterlingskrankheit ist derzeit nicht möglich. Bei den zur Anwendung kommenden Behandlungsmethoden handelt es sich um keine kausale Therapie, die also gegen die Ursache der Erkrankung vorgeht, sondern um Maßnahmen, die der Linderung der Auswirkungen der Epidermolysis bullosa dienen. Mediziner sprechen dabei von einer symptomatischen Therapie. Im Vordergrund stehen eine adäquate Wundversorgung und Schmerztherapie sowie vorbeugende Maßnahmen zur Vermeidung von Verletzungen, Wunden, Blasen und Rissen.

Eine Linderung der Beschwerden lässt sich oftmals mithilfe spezieller Salben und Verbänden erzielen. Da offen liegende Wunden meist schmerzhafter sind als verbundene, sollte der Verbandswechsel möglichst schnell vollzogen werden. Weiterhin sollte frühzeitig eine Schmerztherapie erfolgen, bei der nicht nur ein Hautarzt, sondern auch ein Neurologe daran beteiligt ist. Physiotherapeutische Maßnahmen beziehungsweise regelmäßige körperliche Bewegung verbessern die Kraft und Beweglichkeit und tragen damit entscheidend dazu bei, Kontrakturen zu vermeiden und die Mobilität zu erhalten.

Bei Vorliegen von Verwachsungen und Kontrakturen können chirurgische Eingriffe erforderlich sein. Da Schmetterlingskinder zudem oftmals unter einem Eiweiß-, Flüssigkeits- oder Eisenmangel leiden, kann gegebenenfalls eine Ernährungsberatung sinnvoll sein, um die Ernährung an den Bedarf des Kindes anzupassen. Auch bei einer Schädigung der Verdauungsorgane und der Speiseröhre muss in Anbetracht von Schluck- und Verdauungsstörungen eine spezielle Ernährung erfolgen.

In jüngster Zeit konnten Forscher ein neues Behandlungsverfahren entwickeln, bei dem in einem Einzelfall genetisch veränderte patienteneigene Stammzellen zum Einsatz kamen, die zur Regeneration der Haut führten. Mediziner sehen für die Zukunft in der Gentherapie die besten Chancen auf vollständige Heilung bei schweren Fällen einer Schmetterlingskrankheit.

Was kann ich selbst bei einer Schmetterlingskrankheit tun?

Um die Haut zu entlasten und zusätzlichen Hautirritationen vorzubeugen, ist es empfehlenswert, auf die Verwendung von kosmetischen Artikeln vollständig zu verzichten. Alternativ sollten nach Möglichkeit nur dermatologisch getestete Kosmetika zur Anwendung kommen. Ein Jucken oder Kratzen an den betroffenen Stellen sollte vollständig vermieden werden. Ansonsten können Beschwerden zunehmen und Krankheitserreger durch die offenen Wunden in den Körper gelangen. Auch bei der Kleidung gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Am besten geeignet sind weiche und atmungsaktive Materialien. Grobe Nähte und enge Gummis sind dagegen weniger ratsam.
 
Im Sommer kann zudem gegebenenfalls eine UV-Schutz-Kleidung nützlich sein. Ebenfalls ist das Tragen eines weichen, atmungsaktiven Schuhwerks angebracht. Weiterhin hilfreich kann der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen sein. Hier können Erkrankte und Angehörige Erfahrungen miteinander teilen, sich gegenseitig Hilfestellungen geben und Ängste besprechen oder sogar abbauen. Außerdem können Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation helfen, den meist stressigen Alltag Betroffener zu bewältigen und die innere Balance wiederherzustellen.

Welche Folgen hat die Schmetterlingskrankheit für Betroffene?

Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, an Plattenepithelkarzinomen zu erkranken, die eine häufige Todesursache bei Patienten darstellen. So konnten Mediziner bereits bei Kindern unter zehn Jahren Plattenepithelkarzinome feststellen, meist treten sie jedoch erst nach der Pubertät auf. Zudem können Schmetterlingskinder auch erheblich in ihrem Alltag eingeschränkt sein. Probleme können vor allem beim Gehen, Greifen, Essen und bei der Körperpflege bestehen, sodass dem normalen Wunsch von Kindern nach körperlicher Bewegung und dem Spielen mit Gleichaltrigen oftmals Grenzen gesetzt sind. In vielen Fällen ist es Jugendlichen und jungen Erwachsenen deshalb auch nicht möglich, bestimmte Berufswünsche zu verwirklichen. Durch den hohen Pflegebedarf und die vielen Arzt- und Krankenhausbesuche stellt die Erkrankung mitunter auch eine Belastung für Familienangehörige dar.

Wie ist die Prognose bei der Schmetterlingskrankheit?

Die Prognose bei der Schmetterlingskrankheit ist von Fall zu Fall verschieden, da der Schweregrad der Beschwerden individuell variiert. Viele Schmetterlingskinder benötigen eine lebenslange medizinische Versorgung und ständige Betreuung, wohingegen manche auf keine zusätzliche Hilfe von außen angewiesen sind. Einige Schmetterlingskinder haben trotz ihrer Erkrankung eine normale Lebenserwartung. Bei manchen Formen der Epidermolysis bullosa besteht jedoch eine verkürzte Lebenserwartung, etwa bei Mitbeteiligung anderer Organsysteme wie der Atemwege oder bei einem frühzeitigen Auftreten von Hauttumoren.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten bei einer Schmetterlingskrankheit?

Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die anfallenden Kosten für Diagnose- und Behandlungsmaßnahmen. Bei bestimmten Leistungen können jedoch ein Kostenbeitrag oder Selbstbehalt anfallen.

 

Epidermolysis bullosa: eine interdisziplinäre Herausforderung – Deutsches Ärzteblatt (letzter Zugriff: 04.10.2021)

Epidermolysis bullosa acquisita – MSD Manual – Ausgabe für medizinische Fachkreise (letzter Zugriff: 04.10.2021)

Epidermolysis bullosa (EB) – Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (letzter Zugriff: 04.10.2021)

Epidermolysis bullosa – MSD Manual – Ausgabe für medizinische Fachkreise (letzter Zugriff: 04.10.2021)

Epidermolysis bullosa: Overview – American Academy of Dermatology Association (letzter Zugriff: 04.10.2021)