Bullöses Pemphigoid

Beim bullösen Pemphigoid handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die sich durch juckende Rötungen und pralle Blasen der Haut bemerkbar macht. Die Betroffenen sind bei dem Erstauftreten der Hautläsionen meist über 60 Jahre alt. Möchtest Du mehr über die Symptome, Ursachen und Behandlung des bullösen Pemphigoids wissen, wirst Du im folgenden Text fündig.


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Bullöses Pemphigoid

Was versteht die Medizin unter einem bullösen Pemphigoid?

Der Mediziner versteht unter einem bullösen Pemphigoid eine blasenbildende Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das Immunsystem des Körpers eigene Bestandteile fälschlich als „fremd“ erkennt und bekämpft. Dadurch kommt es zu einer starken Schädigung der Haut, die sich durch juckende Areale und pralle Blasen äußert.
 
Obwohl die Erkrankung mit 0,7-1,8 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern zu den seltenen Krankheiten gehört, ist sie die häufigste blasenbildende Autoimmunkrankheit. Besonders häufig betroffen sind Personen, die über 60 Jahre alt sind. Außerdem erkranken Männer etwas häufiger als Frauen am bullösen Pemphigoid. Da es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, ist das bullöse Pemphigoid nicht ansteckend. Wissenschaftler vermuten jedoch eine gewisse genetische Prädisposition, da familiäre Häufungen vorkommen können.

Was sind die Symptome bei einem bullösen Pemphigoid?

Die meisten Patienten berichten anfangs von starkem Juckreiz, der sich bereits Jahre vor dem Erstauftreten von Blasen zeigen kann. Im weiteren Verlauf entdecken die Betroffenen rote, juckende Stellen, die gegebenenfalls erhaben sein können. Auch rote Knötchen oder Pusteln sind häufige Hautläsionen.

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Meist bilden sich erst nach mehreren Wochen bis Monaten nach den ersten Hautveränderungen die namensgebenden Blasen, auch Bullae genannt. Diese können in ihrer Größe variieren und befinden sich meist auf einem bereits geröteten Hautareal. Die Blasen sind prall mit gelblicher Gewebsflüssigkeit gefüllt, häufig kommt es auch zu Einblutungen, was die Blasen dunkel färbt. Da der Blasendeckel aus einer dicken Gewebeschicht besteht, platzen die Bullae nur schwer auf. Kommt es jedoch zu einem Platzen der Blase, bildet sich zuerst eine nässende Hautläsion und anschließend an deren Stelle eine Kruste, die narbenlos abheilt.
 
Die Hautveränderungen kommen schubhaft und können im vollausgeprägten Krankheitsstadium gleichzeitig bestehen. Das bedeutet, dass mehrere Blasen, teils eingeblutet, teils aufgeplatzt, Rötungen und Knötchen in einem Hautbereich sichtbar sind, was das typische Hautbild beim bullösen Pemphigoid ausmacht. Während der Schübe fühlen sich die Betroffenen häufig abgeschlagen, berichten von Fieber, Appetitverlust, Gewichtsabnahme und einem allgemeinen Krankheitsgefühl.

Wo zeigen sich die Hautveränderungen bei einem Pemphigoid?

Grundsätzlich kann die Blasenbildung an jeder Körperstelle auftreten. Allerdings beobachten Spezialisten besonders häufig Hautläsionen am Bauch, in den Achselhöhlen, den Leisten, an den Beugeseiten der Arme und den Innenseiten der Oberschenkel. Bei rund 20 Prozent der Patienten findet sich eine Schleimhautbeteiligung im Mundraum. Die ebendort entstandenen Blasen haben eine schlechte Heilungstendenz, beeinträchtigen die Nahrungsaufnahme oder das Sprechen jedoch nur gering.

Welche Ursachen hat ein bullöses Pemphigoid?

Das bullöse Pemphigoid ist eine Autoimmunerkrankung, also eine Krankheit, die durch eine Dysregulation des Immunsystems entsteht. Krankheitsrelevant sind hierbei IgG-Antikörper, die normalerweise für die Bekämpfung von Krankheitserregern, wie Bakterien oder Viren, dienen. Beim bullösen Pemphigoid richten sich die Antikörper jedoch gegen körpereigene Strukturen, den sogenannten Hemidesmosomen. Letzteres sind Verbindungsproteine, die sich zwischen der Oberhaut (Epidermis) und der Lederhaut (Dermis) befinden. Durch den Angriff der Antikörper werden die Verbindungen zwischen den Hautschichten teilweise getrennt und Gewebsflüssigkeit kann eintreten. Resultierend kommt es zu einer Entzündung der betroffenen Stelle und ebendort zur Blasenbildung.

Weshalb es zu der Autoimmunreaktion genau kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Früher nahmen Experten an, dass das bullöse Pemphigoid häufig im Zuge einer Krebserkrankung auftritt. Diese Theorie wurde mittlerweile widerlegt, da Studien gezeigt haben, dass Betroffene keine signifikant höhere Krebsrate aufweisen als andere Personen in der gleichen Altersgruppe. Allerdings haben Mediziner einige Faktoren entdeckt, die gehäuft in Verbindung mit dem Auftreten eines bullösen Pemphigoids stehen. Dazu zählen unter anderem einige Medikamente wie Diazepam, Furosemid, ACE-Hemmer, Penicillin und Etanercept. Zudem dürfte die Autoimmunerkrankung bei neurologischen und psychiatrischen Patienten häufiger auftreten als bei gesunden Personen. Auch eine verstärkte Sonneneinstrahlung scheint die Erkrankung zu fördern.

Wie wird ein bullöses Pemphigoid diagnostiziert?

Bemerken Patienten oben genannte Hautveränderungen, sollten sie einen Arzt aufsuchen, um eine genaue Abklärung durchzuführen. Der beste Ansprechpartner ist hierbei der Hautarzt (Dermatologe), da dieser häufiger mit der blasenbildenden Autoimmunerkrankung in Berührung kommt als beispielsweise ein Hausarzt.

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Anfangs führt der Spezialist ein ausführliches Patientengespräch, in dem er besonders auf die vorliegenden Symptome, deren Dauer und Lokalisation eingeht. Zusätzlich betrachtet er die Haut gründlich, um etwaige vorhandene Blasen zu entdecken. Durch das klinische Bild kann er häufig schon eine Verdachtsdiagnose stellen, die er in weiterer Folge durch spezifische Untersuchungen bestätigt.
Die Entnahme einer Hautprobe aus betroffenen Arealen ist im Normalfall zielführend. Einerseits begutachtet ein Experte die Gewebeprobe im Mikroskop und kann durch die Lokalisation der Spaltbildung und den Zellveränderungen zwischen verschiedenen blasenbildenden Erkrankungen unterscheiden. Andererseits kann mit einer Hautprobe eine sogenannte direkte Immunfluoreszenz erfolgen. Dabei können Labormediziner mithilfe von fluoreszierenden Antikörpern, die auf die IgG-Antikörper des Gewebes reagieren, Anlagerungen entlang der Verbindungsschicht von Epidermis und Dermis sichtbar machen.
 
Neben der Hautprobe führt der Dermatologe zusätzlich eine Blutabnahme durch. Mit dem dadurch gewonnenen Patientenserum kann eine indirekte Immunfluoreszenz erfolgen. Dies ist eine ähnliche Färbetechnik wie bei der Hautbiopsie, allerdings macht der Spezialist dabei die Autoantikörper im Blut sichtbar. Bei rund 80 bis 90 Prozent aller Patienten sind die spezifischen Antikörper vorzufinden.

Wie lässt sich ein bullöses Pemphigoid behandeln?

Die Behandlungsmethode des bullösen Pemphigoids richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung. Bei einem sehr leichten Befall von nur wenigen Hautarealen kann eine Lokaltherapie ausreichend sein. Dabei soll der Betroffene die Blase oder die gerötete Haut mit einer Cortison-Salbe pflegen. Zusätzlich kann eine antiseptische Creme zum Einsatz kommen, um eine Superinfektion der Hautläsionen zu verhindern. Außerdem eröffnet der Arzt pralle Blasen unter sterilen Bedingungen, um deren Heilung zu fördern.


Oftmals ist der Befall jedoch zu stark für eine rein lokale Therapie. Dann muss der Patient zusätzlich Cortisonpräparate in Tablettenform einnehmen. Diese verschreibt der Arzt häufig in Kombination mit anderen immunsupprimierenden Medikamenten, wie beispielsweise Azathioprin. Die Dosierung der beiden Medikationen hängt von dem Schweregrad der Erkrankung ab. In neueren Studien hat auch ein Antibiotikum namens Doxycyclin vielversprechende Ergebnisse in der Behandlung des bullösen Pemphigoids gezeigt, da das Medikament wesentlich weniger Nebenwirkungen im Vergleich zu Kortison verursacht.

Nach dem Abklingen eines Schubs folgt ein langsames Ausschleichen der Medikation. In manchen Fällen können die Betroffenen zwischen den Schüben vollkommen ohne Tabletten auskommen, bei schwereren Erkrankungen kann eine dauerhafte Kortisontherapie notwendig sein.

Welche Folgen hat ein bullöses Pemphigoid für Betroffene?

Das bullöse Pemphigoid schränkt die Lebensqualität der Betroffenen häufig massiv ein. Die Patienten leiden unter den juckenden und unangenehmen Hautveränderungen, sowohl körperlich als auch psychisch. Krankheitsschübe gehen außerdem häufig mit Fieber, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust einher, weshalb sich die Erkrankten geschwächt fühlen. Auch Depressionen und fehlende Motivation können Folgen des bullösen Pemphigoids sein. Eine angepasste Therapie kann dabei helfen, den Leidensdruck der Betroffenen zu minimieren.

Wie ist die Prognose bei einem bullösen Pemphigoid?

Bis dato gibt es keine ursächliche Behandlung des Pemphigoids. Das bedeutet, dass die Krankheit nicht heilbar ist. Allerdings kann eine passende Therapie die Beschwerden der Patienten stark lindern. Der Verlauf der Erkrankung ist äußerst individuell. In der Regel gilt jedoch, dass die Betroffenen immer wieder Krankheitsschübe erleben. Aus diesem Grund sind die Patienten stark auf ihre Medikamente angewiesen, die die Symptome normalerweise rasch lindern. Unter adäquater Therapie ist keine Einschränkung der Lebenszeit zu erwarten.
Selten kommt es zu einer Spontanheilung. Das bedeutet, dass manche Patienten nach einiger Zeit keine Symptome mehr vorweisen und keine Medikation mehr benötigen. Bis heute ist nicht geklärt, welche Faktoren dies beeinflussen.

Übernimmt die Krankenkasse die Behandlungskosten bei einem bullösen Pemphigoid?

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für medizinisch notwendige Diagnostik und Therapie. Dementsprechend deckt die Krankenversicherung auch die anfallenden Kosten der Behandlung eines bullösen Pemphigoids. Unter Umständen kann bei bestimmten Therapien ein Selbstbehalt anfallen – informiere Dich deshalb am besten immer vor der Behandlung bei Deinem Versicherungsträger, in welchem Ausmaß die Kosten übernommen werden.

 

Bullöses Pemphigoid – MSD Manual – Ausgabe für medizinische Fachkreise (letzter Zugriff: 07.10.2021)

Bullöses Pemphigoid – Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (letzter Zugriff: 07.10.2021)

Diagnostik und Therapie des Pemphigus vulgaris / foliaceus und des bullösen Pemphigoids – AWMF online (letzter Zugriff: 07.10.2021)

Doxycyclin lindert bullöses Pemphigoid – Deutsches Ärzteblatt (letzter Zugriff: 07.10.2021)

Bullöses Pemphigoid – Altmeyers Enzyklopädie (letzter Zugriff: 07.10.2021)

Diagnostik und Therapie bullöser Autoimmundermatosen – Deutsches Ärzteblatt (letzter Zugriff: 07.10.2021)

Bullöse Erkrankungen – LMU – Klinikum der Universität München (letzter Zugriff: 07.10.2021)