Skoliose

Die menschliche Wirbelsäule - zusammengesetzt aus den fünf Abschnitten Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule, Kreuzbein und Steißbein - besteht aus 33 bis 34 Wirbeln und übernimmt eine wichtige Stützfunktion im Körper. Sie ist mit diversen Teilen des Skeletts wie Kopf, Becken sowie Armen verbunden und umschließt das Rückenmark. Liegt eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule vor, sprechen Mediziner von einer Skoliose, eine der ältesten orthopädischen Leiden.


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Skoliose

Hinweis: Dieser Beitrag dient zur Information über die Skoliose. Es ist jedoch möglich, dass einzelne der hier aufgeführten Leistungen noch nicht von unseren Ärzten angeboten werden. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Dir bald für weitere Behandlungsfelder einen Spezialisten bieten zu können. Bei Fragen zu unserem Leistungsspektrum kannst Du Dich gerne jederzeit bei uns melden!

Was versteht die Medizin unter einer Skoliose?

Eine Skoliose bezeichnet eine Seitabweichung der Wirbelsäule von der Längsachse, die mit einer Verdrehung der Wirbelkörper einhergeht. Der Name der Erkrankung geht auf das griechische Wort „skolios“ zurück, was „krumm“ bedeutet. In diesem Fall krümmt sich die Wirbelsäule zur Seite. Weiterhin können die Wirbelkörper auch zueinander verschoben sein und ihre Form von der physiologischen Form abweichen.

Wie sehen die Symptome bei einer Skoliose aus?

In vielen Fällen stellt die Skoliose ein rein kosmetisches Problem dar und verursacht keine Beschwerden. Zu den Symptomen, die mit bloßem Auge erkennbar sind, zählen unter anderem ein schief gehaltener Kopf, ein Schiefstand der Schultern und ein an einer Seite hervorragendes Becken. Bei ausbleibender Behandlung steigt jedoch im Krankheitsverlauf die Gefahr für das Auftreten von Schmerzen. Liegt eine ausgeprägte Skoliose vor, kann es zum sogenannten Rippenbuckel, einer stärkeren Vorwölbung rechts oder links von der Brustwirbelsäule kommen. Weiterhin können sich Muskelwulste im Hals- und Lendenbereich bilden.

Welche Ursachen hat die Skoliose?

In etwa 80 bis 90 Prozent der Fälle können Ärzte keine spezielle Ursache für die Wirbelsäulenverkrümmung finden. Diese Form der Skoliose bezeichnen Mediziner als idiopathische Skoliose, die sich insbesondere vom 7. bis 9. Lebensjahr und vom 12. bis 15. Lebensjahr entwickelt, also in einer Phase, in der es zu einem besonders starken Längenwachstum kommt. In dieser Zeit wachsen einige Bereiche der Wirbel schneller als andere, wodurch es zu einer Drehung der Wirbelkörper und zu einer Krümmung der Wirbelsäule kommt.

Die idiopathische Skoliose wird noch einmal unterteilt in die infantile Skoliose (0-3 Jahre), juvenile Skoliose (4-10 Jahre) und die adoleszente Skoliose (1. Lebensjahr bis zum Abschluss des Wachstums). Eine sekundäre Skoliose ist dagegen immer Folge einer bekannten Ursache. Zu möglichen zugrunde liegenden Ursachen zählen Muskelerkrankungen wie die Duchenne-Muskeldystrophie, Systemerkrankungen wie Neurofibromatose und Osteogenesis Imperfecta, Nervenerkrankungen wie Zerebralparesen und Poliomyelitis, angeborenen Fehlbildungen der Wirbelsäule wie das Klippel-Feil-Syndrom, ärztliche Behandlungsmaßnahmen wie eine Strahlentherapie, Unfälle und Beinlängendifferenzen.

Wie diagnostiziert der Arzt Skoliose?

Feststellen lässt sich eine Skoliose mithilfe des sogenannten Vorbeugetests, auch unter dem Begriff Adams-Test bekannt. Dabei bittet der Arzt den Patienten den freien Oberkörper nach vorne zu beugen, damit der Mediziner den Verlauf der Wirbelsäule gut betrachten und beurteilen kann. Zur Absicherung der Diagnose erfolgt eine Röntgenaufnahme in zwei Ebenen (einmal von vorn und einmal von der Seite) der gesamten Wirbelsäule im Stehen. Im Röntgenbild lassen sich die Lokalisation der Verformung und die Abweichung zur Norm ausmessen. Anhand der dabei vollzogenen Winkelmessung nach Cobb kann der Arzt das Ausmaß der Wirbelsäulenkrümmung bestimmen. Mitunter können noch weitere Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomografie oder Blutanalyse folgen, die vor allem dann dazu dienen die Ursachen der Erkrankung zu eruieren.

Wer ist am häufigsten davon betroffen?

Von einer Skoliose betroffen sind vor allem Kinder zwischen dem fünften und achten Lebensjahr sowie im ersten Abschnitt der Pubertät. Laut Studien kommt eine Skoliose bei zwei bis vier Prozent der Kinder im Alter von 10 bis 16 Jahren vor, wobei Jungen und Mädchen gleichermaßen betroffen sind. Mädchen tragen jedoch ein zehnmal höheres Risiko für ein Fortschreiten der Skoliose.

Welche Folgen hat die Skoliose für die Patienten?

Bei ausbleibender Behandlung und fortschreitender Skoliose haben Betroffene vermehrt Probleme mit Muskelverspannungen und Rückenschmerzen. Ebenfalls ist es möglich, dass die Verformung der Wirbelsäule die Funktion lebenswichtiger Organe wie Herz und Lunge stört, wodurch Atemnot, ein Druckgefühl auf der Brust und Herzrasen auftreten können. Ein weiteres Problem besteht darin, dass betroffene Kinder gerade während der Pubertät psychisch unter der verschobenen Körpersymmetrie leiden.

Welche nicht-operativen Behandlungsmethoden gibt es?

Eine leichte Skoliose mit einem Krümmungswinkel unter 20° lässt sich meist gut mit Krankengymnastik behandeln. Betroffene fördern hierbei durch physiotherapeutische Übungen das Aufrichten ihrer Wirbelsäule und die Stärkung ihrer Rückenmuskulatur. Liegt der Krümmungswinkel über 20°, ist die Behandlung mit einem Korsett angezeigt. Das Korsett, bestehend aus Kunststoff mit eingearbeiteten Druckpolstern und Freiräumen, dient der Fixierung des Rumpfes, der Korrektur der Wirbelsäulenverkrümmung und verhindert eine gegenseitige Verdrehung von Becken und Schultergürtel. Dafür wird das Korsett maßgefertigt und mittels Gurten und Klettverschlüssen am Körper befestigt.

Um eine effektive Therapie erzielen zu können, ist ein konsequentes Tragen des Korsetts bis zum Wachstumsabschluss erforderlich, mindestens 22 Stunden am Tag. Da dies vor allem für Kinder und Jugendliche auch eine psychische Belastung darstellen kann, ist der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen ratsam. Begleitende Gymnastikübungen unterstützen eine erfolgreiche Skoliosebehandlung mit dem Korsett. Mitunter kann bei einer Skoliose, die Kinder unter fünf Jahren betrifft, auch ein Gipskorsett zum Einsatz kommen, das einer anschließenden Behandlung mit dem Kunststoffkorsett vorausgeht.

Wann ist eine Operation sinnvoll?

Empfehlenswert ist eine Operation ab einem Krümmungswinkel von mehr als 50°. Ab diesem Krümmungsgrad ist mit einer zunehmenden Verschlechterung der Krümmung zu rechnen, auch nachdem die betroffene Person bereits ausgewachsen ist. In der Folge kann sich die kosmetische Deformität des Rückens verstärken und es ist mit einer zunehmenden Einschränkung der Lungenfunktion zu rechnen. Bei einem noch wachsenden Kind mit einem Krümmungswinkel zwischen 40 und 50° liegt hingegen eine Grauzone vor. Hierbei beeinflussen unterschiedliche Faktoren, ob ein operativer Eingriff notwendig ist. In diesem Fall sollte individuell gemeinsam mit dem Operateur eine Entscheidung darüber getroffen werden.

Was muss ich vor einer Operation beachten?

Vor der Operation findet ein persönliches Gespräch mit dem behandelnden Chirurgen statt, in dem dieser über den Operationsablauf, mögliche Risiken und Komplikationen sowie die postoperative Nachsorge informiert. Weiterhin befragt er Dich über Deine derzeitige Medikamenteneinnahme, da Du bestimmte Arzneimittel vor der Operation nicht mehr einnehmen darfst. So müssen in vielen Fällen beispielsweise blutverdünnende Medikamente vor dem medizinischen Eingriff abgesetzt werden. Ebenfalls sind vor der Operation verschiedene Röntgenaufnahmen erforderlich, um das Operationsausmaß festlegen zu können. Um Veränderungen innerhalb des Wirbelkanals feststellen zu können, erfolgt zudem bei allen gehfähigen Kindern eine Magnetresonanztomografie der Wirbelsäule. Eine ausreichende Belastbarkeit für die Operation lässt sich mittels Echokardiografie und Lungenfunktionstest überprüfen.

Wie verläuft die Operation bei einer Skoliose?

Das chirurgische Verfahren, das bei einer Skoliose zur Anwendung kommt, ist die sogenannte Spondylodese (Wirbelsäulenversteifung), die unter Vollnarkose erfolgt. Je nach individuellem Befund wählt der Mediziner den operativen Zugang von vorne oder von hinten aus. Nach Setzen des Schnittes und Freipräparieren des jeweiligen Wirbelsäulenabschnittes arbeitet der Chirurg Stäbe und Schrauben zur Begradigung und Stabilisierung der Wirbelsäule ein. Diese Implantate ermöglichen ein Verwachsen der Wirbelkörper miteinander und verbleiben in den meisten Fällen dauerhaft im Körper. In Abhängigkeit vom Schweregrad der Verkrümmung und der Anzahl der zu versteifenden Wirbel dauern die meisten Operationen zwischen vier bis zwölf Stunden.

Was muss ich nach der Operation beachten?

Die erste Nacht nach dem Eingriff verbringst Du zur Überwachung auf der Intensivstation. Das Liegen ist in jeder Position möglich. Gegen bestehende Schmerzen kann Dir Dein Arzt Schmerzmittel geben. In den darauffolgenden Tagen stehen verschiedene Mobilisierungsstufen auf dem Programm, wobei eine Entlassung aus der Klinik meist dann erfolgen kann, wenn das Mobilisierungsniveau vor der Operation erreicht wird. Kontrolluntersuchungen in regelmäßigen Abständen helfen das Operationsergebnis einschätzen zu können und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Zu beachten ist weiterhin, dass im versteiften Wirbelsäulenabschnitt kein Wachstum mehr stattfinden kann, weshalb versteifende Operationen im Normalfall erst nach Einsetzen der Regelblutung oder des Stimmbruchs durchgeführt werden.

Wann kann ich nach der Operation wieder arbeiten oder Sport betreiben?

Im Normalfall bist Du für zwei bis sechs Wochen krankgeschrieben. Bis eine solide Fusion der Wirbelsäule stattgefunden hat und Du wieder alle Aktivitäten aufnehmen kannst, vergehen in der Regel nach der Operation sechs bis zwölf Monate. Kontaktlose Sportarten (Laufen, Fitnessstudio) kannst Du jedoch bereits nach vier bis sechs Monaten nach dem Eingriff betreiben, solltest jedoch anfangs auf eine niedrige Trainingsintensität achten. Sportliche Aktivitäten, die mit einer Belastung der Wirbelsäule einhergehen, solltest Du jedoch auch nach dem abgeschlossenen Heilungsverlauf nicht mehr ausüben.

Welche Risiken und Komplikationen können auftreten?

Nach der Operation kann es zu Blutungen, Blutergüssen, Infektionen, allergischen Reaktionen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen kommen. Sensibilitätsstörungen oder Lähmungserscheinungen können infolge einer Nervenverletzung auftreten, wobei prinzipiell auch eine Querschnittslähmung nicht auszuschließen ist. Ebenfalls besteht das Risiko, dass innere Organe wie die Lunge unter Umständen verletzt werden. Als eine weitere Komplikation ist eine mangelnde Knochenheilung mit Bildung eines Falschgelenks, sogenannte Pseudoarthrose, bekannt. Zudem können Muskeln und Knochen durch eine Bewegungseinschränkung schwächer werden. Weiterhin kann sich das eingebrachte Fremdmaterial lockern oder bei Belastung brechen.

Wie sieht die Prognose aus?

Die Prognose einer Skoliose hängt vom Alter beziehungsweise knöchernen Wachstumsstatus des Patienten sowie der Ausprägung der Skoliose ab. Im frühen Kindesalter schreitet die Verkrümmung meist nicht fort und es kann sogar zur Spontankorrektur ohne therapeutische Maßnahmen kommen. Dennoch sollten regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen erfolgen. Eine schwer ausgeprägte oder fortschreitende Skoliose bedarf jedoch einer Behandlung, die möglichst frühzeitig einsetzen sollte, um schwere Verformungen zu verhindern. In den meisten Fällen gelingt es durch einen operativen Eingriff den Krümmungswinkel um etwa die Hälfte zu verringern. Eine komplett gerade verlaufende Wirbelsäule lässt sich in der Regel dennoch nicht erzielen.

Kann ich die Skoliose vorbeugen?

Einer Skoliose lässt sich grundsätzlich nicht vorbeugen. Entscheidend ist jedoch, eine Verformung der Wirbelsäule frühzeitig zu erkennen und entsprechende Therapiemaßnahmen frühzeitig einzuleiten. Eltern sollten dafür regelmäßig die Körperhaltung ihrer Kinder beobachten und bei etwaigen Auffälligkeiten einen Arzt aufsuchen.

Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?

Die Krankenkassen übernehmen im Normalfall die Kosten der Diagnose und Behandlung bei Vorliegen einer Skoliose. Solltest Du Dir trotzdem unsicher sein, dann kannst Du Dich an Deinen Versicherungsträger oder an unsere Spezialisten wenden.

Quellen

Scoliosis Research Society

Universitätsklinik Balgrist: Der Balgrist: Wirbelsäurenzentrum. Skoliose

Wülker N: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme Verlag, Stuttgart, 2. Auflage 2010