Angststörung
Das Wichtigste zusammengefasst
Angst ist eine überlebenswichtige Reaktion des Körpers auf bedrohliche Situationen. Tritt diese Angst aber ohne konkreten Anlass, häufig und übermäßig stark auf, ist sie krankhaft
Typische Symptome einer Angststörung sind Herzrasen, Schwitzen, Atembeschwerden, Schwindel, Zittern, Beklemmungsgefühle, Bewusstseinsstörungen, das Gefühl, neben sich zu stehen oder den Verstand zu verlieren, Todesangst bei Panikattacken und in manchen Fällen Durchfall und Erbrechen
Die häufigsten Formen einer Angststörung sind die generalisierte Angststörung, die Panikstörung, Zwangsstörungen, Phobien, eine Posttraumatische Belastungsstörung und die Hypochondrie
Die Ursachen können anhand psychoanalytischer, verhaltenstherapeutischer und neurobiologischer Erklärungsansätze ausgemacht werden. Häufig haben Angststörungen genetische, biologische und psychosoziale Hintergründe
ICD-10-GM-2020 F41.
Was versteht die Medizin unter einer Angststörung?
Die Angststörung gehört zu den psychischen Störungen, bei denen Menschen unter einem übersteigertem Angstempfinden leiden und körperliche Angstsymptome wie Kurzatmigkeit, Schwindel, Schwitzen, beschleunigter Herzschlag und/oder Muskelzucken entwickeln. Nach den Kriterien der ICD-10, der internationalen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation, müssen diese Ängste eine bestimmte Häufigkeit und eine Dauer von mindestens sechs Monaten haben, um eine Diagnose stellen zu können.
Unter dem Gefühl der Angst verstehen Mediziner ein Gefühl der Nervosität, Besorgnis oder Unsicherheit. Im Grunde stellt die Angst ein normales menschliches Erlebnis dar und ist eine Reaktion auf eine Bedrohung oder auf psychischen Stress. Damit dient die Angst dem Überleben und löst neben der psychischen Komponente auch sämtliche körperliche Veränderungen, wie einem erhöhten Blutdruck, Puls und Muskeltonus aus, damit der Körper die notwendige Kraft und Energie hat, um auf gefährliche Situationen reagieren zu können. Bei einer Angststörung treten diese Reaktionen in unangebrachten Momenten und viel häufiger und intensiver sowie lang anhaltender auf als im Regelfall.
Welche Angst ist normal und wann geht es in eine Angststörung über?
Angst bewahrt Dich vor Gefahren und ist damit überlebensnotwendig und normal. Doch wenn die Angst unangemessen und stärker ist, als es die Situation erfordert und häufiger auftritt und länger als sonst anhält, dann sprechen Ärzte von einer Angststörung. Oft ist diese Angst mit einem Gefühl des Kontrollverlusts verbunden. Betroffene geraten in einen wahren Teufelskreis, in dem sie Angst vor der Angst bekommen und dem Gefühl zu entfliehen versuchen. Dies ist mit einem starken Leidensdruck verbunden, da die Angst sich verselbständigt und sogar in ungefährlichen Situationen auftaucht. Für Patienten ist sie damit weder kontrollierbar noch steuerbar.
Wie sehen die Symptome einer Angststörung aus?
Da es unterschiedliche Arten der Angststörung gibt, unterscheiden sich auch die Symptome. Dabei reichen die Beschwerden von einem leichten Unwohlsein bis hin zur Panik. Charakteristische Symptome einer Angststörung sind Herzrasen, ein Beklemmungsgefühl in der Brust, Atemnot, Muskelverspannungen und Muskelzittern, Schweißausbrüche und Kälteschauer. Die Symptome können sich plötzlich oder erst im Laufe der Zeit entwickeln. Häufig ist es für Betroffene schwierig, zu unterscheiden, wo die „normale Angst“ aufhört und eine Störung beginnt. Grundsätzlich muss der Zustand einen einschränkenden Einfluss auf das Leben von Patienten haben, damit eine Angststörung diagnostiziert wird. Dabei kann sich die Angst auf bestimmte Dinge oder Situationen beziehen oder sich auf alle möglichen Lebensbereiche ausweiten. Die Dauer des Angstgefühls kann dabei von wenigen Sekunden bis zu Jahren andauern.
Wie ist der Verlauf einer Angststörung?
Der Verlauf der Krankheit unterscheidet sich von Patient zu Patient und je nachdem, an welcher Form von Angststörung dieser leidet. Betroffene erleben einen Angstanfall beziehungsweise eine Panikattacke häufig als schnell ansteigendes Angstgefühl begleitet von vegetativen Begleitsymptomen, wie Herzrasen, Atemnot oder Zittern. Meist versuchen sie dann den Ort des Geschehens fluchtartig zu verlassen. Kommt die Panikattacke in einer anderen Situation ebenfalls vor, werden Patienten auch diese zukünftig vermeiden. Vor allem unvorhersehbare Angstanfälle können zu weiteren Ängsten führen und damit eine Angststörung zur Folge haben. Durch das Vermeidungsverhalten schränkt sich der Alltag von Betroffenen immer mehr ein, sodass sie häufig Hilfe benötigen.
Was ist die Ursache einer Angststörung?
Die genaue Ursache von Angststörungen sind nicht vollständig bekannt, jedoch gehen Ärzte von einer Kombination verschiedener Faktoren aus:
- Genetische Faktoren – einschließlich der Familiengeschichte
- Umgebung/soziales Umfeld: Traumatische Ereignisse oder Stress, der Verlust einer nahestehenden Person, ein plötzlicher Jobverlust
- Psychische Veranlagung/Persönlichkeitsfaktoren: Perfektionismus, leichte Erregbarkeit, wenig Selbstvertrauen, will die Kontrolle behalten
- Körperliche Erkrankungen: Herzerkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen, hormonelle Störungen wie eine Nebennieren- oder Schilddrüsenüberfunktion, ein hormonabsondernder Tumor, Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD
- Konsum von Alkohol oder Drogen beziehungsweise Medikamenten wie Kortison, aber auch Koffein
Für die Angststörung gibt es verschiedene Erklärungsmodelle:
Lerntheoretisches Modell
Nach der Lerntheorie werden wie bei der klassischen Konditionierung zwei Reize miteinander verbunden: zum Beispiel der Tunnel und ein Unfall. Betroffene werden nach einem Unfall immer Angst vor Tunnel haben. So wird aus einer harmlosen Situation eine bedrohliche, was Panikattacken auslösen kann. Patienten lernen zudem, dass die Angst verschwindet, wenn sie die bedrohliche Situation verlassen. Damit wird die Angst aber nur aufrechterhalten. Das Gleiche gilt, wenn Kinder beobachten, dass ihre Eltern in bestimmten Situationen immer panisch reagieren.
Kognitiver Ansatz
Aufgrund einer verzerrten Wahrnehmung erhalten Betroffene ihr Vermeidungsverhalten weiter aufrecht und können so ihre Annahmen über die Gefährlichkeit verschiedener Situationen nicht korrigieren.
Teufelskreismodell
Häufig glauben Betroffene, dass in etwa das Herzrasen ein Anzeichen für einen drohenden Herzinfarkt ist. Dies wiederum verstärkt die Angst und die körperlichen Empfindungen.
Tiefenpsychologisches Modell
Freud ging bei der Angststörung von einem ungelösten innerpsychischen Konflikt aus. Neuere Annahmen machen schmerzliche Trennungserfahrungen in der Kindheit für die Entstehung von Angststörungen verantwortlich.
Neurobiologisches Modell
Spezialisten gehen bei Angstpatienten von einem labileren vegetativen Nervensystem aus, wodurch sie besonders schnell und heftig auf Reize reagieren.
Welche Formen der Angststörung gibt es?
Angststörungen werden in gerichtete und ungerichtete Formen unterteilt:
Gerichtete Angststörungen: Diese Form der Angststörung tritt in ganz bestimmten Situationen auf. Dazu gehören:
Agoraphobie
Diese Form der Angststörung ist geprägt von einer Angst vor bestimmten Orten, an denen ein Anfall peinlich auffallen könnte, wie in etwa im Lift, an öffentlichen Plätzen oder bei Reisen in weiter Entfernung von zu Hause. Betroffene vermeiden diese Plätze deshalb. Häufig tritt das Angstgefühl in Kombination mit einer Panikattacke und Herzrasen, Schweißausbrüchen, Zittern, einem Beklemmungsgefühl und Atembeschwerden auf.
Sozialphobie
Menschen mit einer Sozialphobie wollen möglichst nicht auffallen. Es fällt ihnen schwer, vor anderen zu reden oder sich dem anderen Geschlecht zu nähern. Typische Symptome sind Erröten, Zittern, die Angst, zu erbrechen und ein starker Drang, auf die Toilette zu gehen. Betroffene haben Angst, sich zu blamieren und vermeiden meist Situationen, wie Partys, Essenseinladungen oder Gruppenbildungen. Bei schlimmen Ausprägungen kommt es letztendlich zu einem völligen Rückzug aus der Gesellschaft.
Spezifische Phobie
Diese Form richtet sich auf bestimmte Dinge oder Situationen, wie Spinnen, Höhe, Fliegen, Prüfungen oder Gewitter. Da eine spezifische Phobie meist schon im Kindesalter entsteht, kann sie unbehandelt über Jahrzehnte bestehen. Betroffene vermeiden die angstauslösenden Objekte, bei denen sich die Angst bis zu panikartigen Zuständen steigern kann.
Ungerichtete Angststörungen sind im Gegensatz zu den gerichteten nicht an eine bestimmte Situation gebunden. Zu den ungerichteten Störungen zählen:
Angst und depressive Störung gemischt: Bei dieser Form existieren beide Störungen gemeinsam und müssen dementsprechend diagnostisch differenziert werden. Typische Beschwerden sind Zittern, Schwindel, Herzrasen, Konzentrationsschwierigkeiten, Nervosität oder Schlafstörungen. Betroffene klagen über einen Dauerzustand der Angst, die mal mehr – mal weniger vorhanden ist. Der Grund der Angst ist unklar, jedoch sind Patienten im Allgemeinen sehr besorgt, zum Beispiel über sich, die Umwelt, Kriege, etc.
Generalisierte Angststörung
Bei dieser Form stehen übertriebene Sorgen und Befürchtungen in etwa über mögliche Erkrankungen von Angehörigen oder sich selbst, alltägliche Ereignisse und Probleme im Vordergrund. Typische Symptome sind eine generelle Anspannung, Herzrasen, Rastlosigkeit, Schwitzen, Konzentrationsstörungen, eine erhöhte Schreckhaftigkeit und Einschlafschwierigkeiten. Die Beschwerden treten an den meisten Tagen und über eine Dauer von mindestens einem halben Jahr auf. Häufig leiden Patienten unter unterschiedlichen körperlichen Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Reizdarmsyndrom oder Herzleiden. Dabei wird die Krankheit von Verhaltensweisen wie einer Überangepasstheit, einem Perfektionismus, Unsicherheit und einem ständigen Suchen nach regelmäßiger und häufiger Bestätigung begleitet.
Zwangsstörung
Betroffene werden andauernd von unerwünschten Gedanken und Ängsten sowie Erinnerungen an Erlebnissen von früher geplagt, die eine Angststörung verursachen. Sie versuchen dann, dieser Angst durch Rituale und bestimmten Handlungen entgegenzuwirken. Diese Verhaltensmuster automatisieren sich und können im Alltag zu massiven Einschränkungen und Problemen führen. Patienten schämen sich dafür, weshalb sie ihre Störung häufig verheimlichen oder sich aus der Gesellschaft zurückziehen.
Typische Anzeichen sind ein übermäßiger Sauberkeits-, Ordnungs-, Sicherheits- und Kontrollsinn. Manche haben eine irrationale Abneigung gegen Sexualität oder müssen regelmäßig beten. Oft sind Patienten auch von anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Essstörungen sowie Alkohol- oder Drogenproblemen betroffen. Auslöser können familiäre, soziale oder biologische Faktoren sein.
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Wenn Menschen, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben, wie in etwa Krieg, einen Unfall oder wenn sie Opfer eines Übergriffs wurden, nach einigen Wochen eine starke Veränderung in ihrem Denken, Fühlen und Handeln bemerken, sprechen Ärzte von einer posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS. Typische Beschwerden sind Schwierigkeiten beim Entspannen, beunruhigende Träume oder Rückblenden des Ereignisses sowie Vermeidung von allem, was mit dem Ereignis in Verbindung steht.
Panikstörung
Von einer Panikstörung wird gesprochen, wenn die Angst plötzlich und unerwartet auftritt und von körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schwitzen, einem Beklemmungsgefühl, Mundtrockenheit, Atembeschwerden, Schwindel, Übelkeit, einem Hitze- oder Kältegefühl sowie Kribbeln an Armen/Beinen etc. begleitet wird. Betroffene fürchten sich vor einer Ohnmacht und einem Kontrollverlust beziehungsweise davor, verrückt zu werden oder zu sterben. Die Panikattacken selbst dauern einige Minuten bis zu einer halben Stunde und tauchen wie aus dem Nichts auf. Danach fühlen sich viele Betroffene erschöpft und müde. Ursache einer Panikstörung können die eigene Familiengeschichte, biologische Faktoren oder negative Erfahrungen wie Missbrauch, Arbeitslosigkeit oder schmerzlicher Verlust als auch Stress sein.
Eine andere Form der Angststörung ist die Hypochondrie, bei der Betroffene Angst vor einer schweren oder sogar tödlichen Krankheit haben. Sie deuten harmlose körperliche Symptome falsch und glauben nicht einmal der Diagnose von Ärzten.
Wer ist am häufigsten von einer Angststörung betroffen?
Laut Studien leidet etwa jeder Vierte im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen Angststörung, das sind zirka zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung. Sie gehört damit zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Dabei kann die Angststörung rein aus psychischen Gründen, aber auch als Begleiterscheinung von anderen körperlichen Erkrankungen auftreten, wie in etwa in Zusammenhang mit Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Begünstigt wird eine Entstehung durch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen. Dazu zählen eine extreme Unsicherheit in Bezug auf sich selbst und das eigene Verhalten, Perfektionismus und Ehrgeiz, eine Überangepasstheit und ein übersteigertes Harmoniebedürfnis.
Welche Folgen kann die Angststörung für die Betroffenen haben?
Bleibt eine Angsterkrankung unbehandelt, kann sich die Angst verselbstständigen und es kommt zur sogenannten Erwartungsangst, also „der Angst vor der Angst“. Viele Betroffene ziehen sich deshalb immer mehr aus dem sozialen Leben zurück und können ihren Alltag kaum mehr allein bewältigen. Sie leiden unter den körperlichen Symptomen und unter einem mangelnden Selbstvertrauen in die eigene Stärke. Oft fühlen sie sich der Angst komplett ausgeliefert und haben Ein- und Durchschlafprobleme. Dies kann negative Auswirkungen auf die Partnerschaft, die Familie und das Berufsleben haben. Einige Betroffene greifen zum Alkohol oder zu Beruhigungsmitteln, um sich kurzfristig Erleichterung zu verschaffen.
Wann sollte man bei einer Angststörung einen Arzt aufsuchen?
Du solltest einen Arzt aufsuchen, wenn ein oder mehrere der folgenden Aspekte bei Dir zutreffen:
- Deine Angst ist übermäßig stark.
- Deine Angstzustände treten von Mal zu Mal häufiger und intensiver auf.
- Du kannst Deine Angst nicht allein überwinden.
- Deine Lebensqualität leidet unter Deiner Angst.
- Deine aktuellen Lebensumstände können die Stärke der Angst nicht erklären.
- Du ziehst Dich immer mehr aus dem sozialen Leben zurück.
Wie lässt sich eine Angststörung diagnostizieren?
Eine Angststörung lässt sich nur diagnostizieren, wenn keine körperliche Erkrankung dahintersteckt. Deshalb folgt einem ausführlichen Gespräch über Deine Familien- und Lebensgeschichte auch eine körperliche Untersuchung. Dabei schaut sich der Mediziner Deine Blutwerte an und führt ein Elektrokardiogramm, kurz EKG, durch, um die elektrische Aktivität des Herzens zu messen. In manchen Fällen wird auch der Kopf mithilfe einer Magnetresonanztomografie (MRT) oder einer Computertomografie (CT) untersucht. Angstgefühle können nämlich auch aufgrund einer Überfunktion der Schilddrüse oder bestimmter Herzerkrankungen auftreten. Diese klingen jedoch nach einer gezielten Behandlung wieder ab.
Auch bestimmte Medikamente können Angstzustände auslösen, sodass diese ebenfalls zur Sprache kommen. Sollte kein körperlicher Grund dahinterstecken, erfragt der Arzt anhand vorab definierter Kriterien, ob derzeit oder früher besondere belastende Ereignisse vorgefallen sind. Dabei klärt er auch ab, ob die Angst im Vordergrund der Diagnose steht oder als Begleiterscheinung einer anderen psychischen Erkrankung auftritt.
Wie erfolgt die Behandlung einer Angststörung?
Je nach Form der Angststörung werden unterschiedliche Behandlungsansätze verfolgt, wobei vor allem drei im Vordergrund stehen.
Psychotherapie
Hierbei finden unterschiedliche Ansätze Anwendung:
Kognitive Verhaltenstherapie
Bei dieser Therapieform stellst Du Dich nach und nach den angstauslösenden Situationen, um zu lernen, dass befürchtete negative Ereignisse nicht eintreten. Dabei werden zuerst die Zusammenhänge mit der Angst erörtert und die Konfrontation mit den Angstreizen entweder in der Vorstellung oder unter natürlichen Bedingungen in Begleitung des Therapeuten durchgeführt.
Konfrontationstherapie
Sich der Angst stellen: Hier musst Du Dich den angstbesetzten Situationen in der Realität stellen. Der Therapeut begleitet Dich anfangs noch dabei, doch nach und nach musst Du dies allein schaffen. Dabei gilt es, die Angst so lange auszuhalten, bis sie deutlich nachlässt.
Psychoanalyse und tiefenpsychologische Verfahren
Dabei versucht der Therapeut gemeinsam mit Dir den unbewussten Konflikt in Dir aufzudecken und zu bearbeiten. Damit durchlebst Du diesen praktisch in einem geschützten Rahmen erneut und lernst, besser mit Deinen Ängsten umzugehen.
Integrative Bewegungstherapie
Da Betroffene ihrem eigenen Körper und den Körperreaktionen nicht vertrauen, soll in diesem Verfahren eine verbesserte Körperwahrnehmung erzielt werden. Du gewinnst dadurch das Vertrauen in die Selbstregulation von Bewegung, Atmung und Gleichgewichtssinn wieder zurück.
Gestaltungstherapie
Mit kreativen Hilfsmitteln kannst Du bei dieser Therapieform Deine Erlebniswelt nach außen kommunizieren.
Medikamentöse Behandlung
Diese Form der Behandlung wird im Normalfall mit einer Psychotherapie kombiniert. Dabei kommen vor allem Benzodiazepine oder Antidepressiva zum Einsatz. Benzodiazepine lindern die Angst schnell und wirkungsvoll, führen jedoch schnell in eine Abhängigkeit. Deshalb solltest Du dieses Medikament nur in Absprache mit dem Arzt für kurze Zeit einnehmen.
Antidepressiva haben eine angstlösende und beruhigende Wirkung, entfalten ihre Wirkung aber erst nach zwei bis drei Wochen. So lange musst Du sie einnehmen, um herauszufinden, ob sie wirken. Folgende Nebenwirkungen können auftreten: Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall, Appetitlosigkeit und Erbrechen.
In manchen Fällen kommen auch Betablocker zum Einsatz, welche die Herzfrequenz und den Blutdruck senken und somit die körperlichen Symptome lindern. Damit kannst Du den Teufelskreis der Angst leichter durchbrechen. Als Nebenwirkungen können Müdigkeit, Benommenheit, lebhafte Träume und eine niedergeschlagene Stimmung auftreten.
Behandlung anderer aktiver Erkrankungen/Ursachen: Sollte der Auslöser der Angst körperlich bedingt sein oder bestimmte Medikamente zu diesem Angstgefühl führen, lässt sich die Ursache leichter beheben, indem die Medikamente abgesetzt beziehungsweise die körperliche Erkrankung behandelt wird.
Was kann ich selbst bei einer Angststörung machen?
Vor allem Entspannungstechniken wie die progressive Muskelentspannung (PME) nach Edmund Jacobson, Yoga, das autogene Training nach Johannes Schultz und Biofeedback-Methoden eignen sich hervorragend, um körperliche Symptome der Angst zu lindern. Doch auch mit Sport kannst Du Ängste abbauen und gleichzeitig Dein körperliches Wohlbefinden steigern. Beim Sport werden krank machende Hormone abgebaut und stattdessen Glückshormone freigesetzt.
Solltest Du Dich sicher genug fühlen oder eine vertrauenswürdige Begleitperson haben, kannst Du angstauslösende Plätze oder Situationen immer wieder aufsuchen und Dich somit der Angst stellen. Bliebe dabei so lange, bis die Angst deutlich abgenommen hat. Verfolge konkrete Ziele in Deinem Leben und überfordere Dich nicht. Um Deine Selbstwirksamkeit zu erhöhen, kannst Du diverse Unterstützungsangebote und Kurse wahrnehmen.
Wie sollten die Mitmenschen von Personen mit einer Angststörung umgehen?
Als Angehöriger solltest Du Betroffenen eine wichtige Stütze sein, indem Du beruhigend auf sie einwirkst und ihre Entscheidung, professionelle Hilfe aufzusuchen, bestärkst. Falls Du Dich selbst unsicher fühlst, kannst Du jederzeit Hilfe bei Beratungsstellen oder Kriseninterventionszentren in Anspruch nehmen.
Kann ich eine Angststörung vorbeugen?
Direkt vorbeugen kannst Du einer Angststörung nicht. Du kannst nur durch eine frühzeitige Behandlung, eine bewusste Atmung, Entspannung, Meditation oder andere Bewältigungsmethoden den Fokus von den körperlichen Warnsignalen weg lenken und somit einer Panikattacke vorbeugen oder diese abschwächen.
An welche Stellen kann ich mich bei einer Angststörung wenden?
Grundsätzlich kannst Du Dich an Allgemeinmediziner oder direkt an Psychotherapeuten oder Psychologen sowie die örtlichen Krankenhäuser wenden. Es gibt aber auch zahlreiche Beratungsstellen und psychosoziale Zentren, welche Hilfe anbieten. Einige Beispiele wären:
Deutschland
- Ärztliche psychiatrische Bereitschaftsdienst: Telefon: 116 117 bundesweit
- Telefonseelsorge: Telefon: 0800 – 1110111 oder 0800 – 1110222, 24 Stunden
Österreich
- Sozialpsychiatrischer Notdienst: Telefon: 01 31 330 (täglich von 0 bis 24 Uhr)
- Psychotherapie Helpline – Wiener Landesverband für Psychotherapie: Telefon: 0720 12 00 12 (täglich von 8 bis 22 Uhr)
- Helpline vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen: Telefon: 01 504 8000 (Montag bis Donnerstag von 9 bis 13 Uhr)
- Ö3 Kummernummer: Telefon: 116 123 (Montag bis Sonntag von 16 bis 24 Uhr)
- Telefonseelsorge Wien: Telefon: 142 (täglich von 0 bis 24 Uhr) oder Online-Beratung
- Psychosoziale Dienste Wien: Telefon: 01 4000-53060
Schweiz
- Telefonseelsorge “Die Dargebotene Hand“: Telefon: 143, 24 Stunden
Wie ist die Prognose bei einer Angststörung?
Ohne therapeutische Hilfe kann sich die Angst chronifizieren, was bedeutet, dass sie von allein nicht mehr weggeht und über Jahre bestehen bleiben kann. Häufig kommen dann noch andere Erkrankungen wie Depressionen oder Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder Drogen hinzu. Nur mithilfe geeigneter Therapiemethoden lässt sich eine Angststörung gut in den Griff bekommen, wobei die Prognose günstiger ist, wenn die Angst noch nicht so lange vorhanden ist.
Was kostet die Behandlung einer Angststörung?
Je nach Therapieform können unterschiedliche Kosten anfallen. Bei einer Therapiesitzung musst Du von einem Betrag von rund 80 Euro ausgehen. Die Preise der Medikamente sind unterschiedlich und hängen vom Ausmaß der Angststörung ab.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung einer Angststörung?
Die Kosten für die Diagnose und die erforderlichen Untersuchungen übernimmt die Krankenkasse. Für eine Psychotherapie gibt es die Möglichkeit, um einen Kostenzuschuss von 21,80 Euro pro Therapiesitzung anzusuchen oder einen der voll finanzierten Kassenplätze zu bekommen. Im Falle eines stationären Aufenthaltes kann ein Selbstbehalt anfallen, über dessen Höhe das Krankenhaus selbst Auskunft geben kann.
Bitte beachte, dass sämtliche zur Verfügung gestellten Inhalte zu den einzelnen Behandlungen, Abläufen, Preisen etc. generelle Informationen sind und je nach Ärzt*in und individuellem Fall und Ausgangslage variieren können.
Für genauere Auskünfte frag bitte direkt bei dem/der von Dir ausgewählten Ärzt*in an.
Angst ist ja grundsätzlich ein nützliches Gefühl und dient dem Menschen als Schutz vor Gefahren. Ist diese jedoch vorbei, beziehungsweise die Stress auslösende Ursache beseitigt, verschwindet das Gefühl im Normalfall wieder. Bei einer Angststörung bleiben Stress und Angstgefühle jedoch ohne bestimmten Grund permanent bestehen und klingen nicht mehr ab. Betroffene haben dann häufig Probleme, ihren Alltag zu bewältigen. Sie empfinden keine Lebensfreude mehr und entwickeln auch körperliche Symptome, wie Herzrasen, Schwindelgefühle, Übelkeit oder Atemnot. Die Ursachen sind recht vielfältig, wobei Mediziner von einer Kombination aus genetischer Vorbelastung, neurobiologischer Faktoren, negativer Lebensereignissen sowie bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen ausgehen. Rund fünf bis 15 Prozent aller Menschen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer Angststörung, wobei Frauen öfter davon betroffen sind. Die Angststörung gehört gemeinsam mit Depressionen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Mithilfe eines Psychotherapeuten und Medikamenten können jedoch viele Betroffene ihre Krankheit in den Griff bekommen. Daneben gibt es auch zahlreiche Dinge, die Du selbst dagegen machen kannst.
AUTOR
Dr. med. Benjamin Gehl
Medizinischer Experte
CO-AUTOR
Leonie Müller
Online-Redaktion
Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.
Zuletzt aktualisiert: 19. Juli, 2023