Goldenhar-Syndrom

Die neun Monate einer Schwangerschaft bedeuten für die werdenden Eltern eine Zeit der Vorfreude und des Glücklichseins. Jedoch begleiten diese Gefühle womöglich auch Angst oder Sorge, die in Folge der empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen auftreten können. Diese Untersuchungen sorgen dafür, dass mögliche Fehlbildungen des Kindes frühzeitig erkannt werden. Eine dieser Komplikationen ist das Goldenhar-Syndrom. Was hinter dieser Krankheit steckt, und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erfährst Du im nachfolgenden Beitrag.


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Goldenhar-Syndrom

ICD-10-GM-2020 Q87

Was versteht die Medizin unter einem Goldenhar-Syndrom?

Das Goldenhar-Syndrom, auch okulo-aurikulo-vertebrale Dysplasie genannt, ist ein angeborener Defekt, der sich durch Fehlbildungen im Gesicht bemerkbar macht, und selten ist. Dieser zu den Kiemenbogensyndromen zählende Defekt tritt bei schätzungsweise einem von 3.000 bis 5.000 Neugeborenen auf.
 
Die Missbildungen reichen von Fehlbildungskomplexen im Gesichts-, Augen-, Ohrmuschel- und Ohrenbereich, bis hin zum Bereich des Kiefers und der Wirbelkörper, wobei die Symptome meistens einseitig auftreten. Außerdem kann das Goldenhar-Syndrom auch Nieren und Herz betreffen.

Was sind die Symptome des Goldenhar-Syndroms?

Wie weit das Goldenhar-Syndrom ausgeprägt ist, ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich, denn nicht jedes Symptom muss vorhanden sein beziehungsweise sieht bei jedem anders aus. Bei den meisten Betroffenen sind eine einseitige Gesichtsasymmetrie sowie eine Ohrmuschelfehlbildung zu beobachten. Da ihr Unterkiefer auf einer Seite des Gesichts verkürzt ist, verschiebt sich das Kinn zur erkrankten Seite hin. Der Mundwinkel steht höher und das Jochbein ist unterentwickelt.
 
Zu weiteren Symptomen zählt ein gutartiger Tumor am Unterlid des Auges, ein sogenanntes epibulbäres Dermoid, oder aber auch ein Bindehautgeschwulst, ein sogenanntes Lipodermoid. Viele Betroffene klagen auch über ein Anhängsel vor der Ohrmuschel, das aus Haut, Knorpel oder Bindegewebe besteht. Oft ist auch eine Mundspalte auf einer Seite übermäßig breit, hierbei spricht man von einer Makrostomie.
 
Außerdem betrifft das Symptom auch die Wirbelsäule, an der häufig im oberen Wirbelsäulenbereich und in den Halswirbeln Fehlbildungen auftreten. Weitere Symptome sind eine Gaumen-, Lippen- oder Zungenspalte, eine einseitig verkleinerte Zunge, Zahn- und Nierenfehlbildungen sowie eine Gelenksteife.

Mit welchen Problemen haben Menschen mit einem Goldenhar-Syndrom zu kämpfen?

Menschen mit einem Goldenhar-Syndrom leiden unter Hörproblemen beziehungsweise -störungen, die dazu führen, dass sie die sprachliche und geistliche Entwicklung beeinträchtigen. Bei 15 Prozent der Betroffenen besteht dadurch eine geistige Behinderung.
 
Außerdem treten bei Betroffenen Zahnprobleme, Atembeschwerden, Gedeihstörungen und Lernschwierigkeiten auf. Sie verfügen über eine eingeschränkte Mimik, die auf die Fehlentwicklung des Gesichts zurückzuführen ist. Darüber hinaus neigen sie mehr zur Entwicklung unterschiedlicher Allergien. In den meisten Fällen ist die rechte Körperhälfte öfter betroffen als die linke. Bei bis zu 33 Prozent der Patienten tritt das Symptom jedoch an beiden Körperhälften auf.

Welche Ursachen hat das Goldenhar-Syndrom?

Forscher vermuten, dass es sich um eine Unterbrechung der Blutversorgung zwischen dem vierten und achten Schwangerschaftsmonat handelt, die genaue Entstehung ist jedoch nicht vollständig geklärt. Aufgrund der unzureichenden Versorgung mit Blut kommt es zur Thrombus-Bildung in den Geweben, die sich später zu Ohren und Kiefer entwickeln. Dadurch entstehen Entwicklungsstörungen im Bereich des ersten und zweiten Kiemenbogens und der ersten Schlundtasche. Aber auch das fetale Alkoholsyndrom, Schwangerschaftsdiabetes oder hormonelle Störungen sowie Missbrauch von schädigenden Substanzen wie Drogen oder bestimmten Medikamenten sind mögliche Ursachen der Erkrankung.
 
Das Syndrom unterliegt keiner genetischen Bedingung, das bedeutet, dass die meisten Fälle sporadisch auftreten. Das Risiko, dass ein betroffener Patient das Syndrom an seine Nachkommen weitervererbt, ist demnach sehr gering. In welcher Schwere sich die Symptome bei Betroffenen zeigen, hängt vom Zeitpunkt und dem Ausmaß der Schädigung ab. Zwei Drittel der Patienten sind männlichen Geschlechts.

Welche Komplikationen können beim Goldenhar-Syndrom auftreten?

Die durch das Goldenhar-Syndrom entstehenden unterschiedlichen Fehlbildungen treten in den meisten Fällen im Gesicht auf. Sie führen zu Gesichtsfehlbildungen wie einer Gaumenspalte, Einschränkung des Hörvermögens, schmerzhaften Zahnfehlbildung sowie zu geistigen Beschwerden und Behinderungen, bei denen der Patient auf die Hilfe anderer angewiesen ist.
 
Alle diese Symptome kann der Arzt nur bedingt einschränken, da eine kausale Behandlung des Syndroms nicht möglich ist. Der Arzt führt, wenn nötig, operative Eingriffe durch oder er versucht im Rahmen einer Therapie die Symptome zu lindern. Dabei kommt es zu keinen weiteren Komplikationen. 

Wann sollte ich zum Arzt gehen?

Da der Ursprung des Goldenhar-Syndroms bereits in der Schwangerschaft liegt, sollte die werdende Mutter grundsätzlich immer einen Arzt konsultieren, wenn sie das Gefühl hat, dass etwas nicht stimmt. Vor allem, wenn sie Störungen der Durchblutung wahrnimmt und sogar Blutungen hat. Bei den angebotenen Vorsorgeuntersuchungen während einer Schwangerschaft erkennt der Arzt dank modernster Technologie bereits frühzeitig Unregelmäßigkeiten, Entwicklungsverzögerungen oder Anomalien des ungeborenen Kindes.

Wie diagnostiziert der Arzt ein Goldenhar-Syndrom?

Unmittelbar nach einer stationären Entbindung leitet der Arzt umfangreiche Untersuchungen ein, wobei er den Gesundheitszustand des Neugeborenen überprüft. Dabei diagnostiziert er auch eine mögliche Fehlbildung in Folge des Goldenhar-Syndroms. Entbindet die werdende Mutter im Rahmen einer Hausgeburt, übernimmt eine Hebamme die ersten Kontrolluntersuchungen des Babys und ergreift selbstständig erforderliche Maßnahmen, wenn ein Verdacht auf das Goldenhar-Syndrom vorliegt.

Wie wird ein Goldenhar-Syndrom behandelt?

Unterschiedliche Symptome erfordern unterschiedliche Behandlungen, denn nicht alle Symptome treten automatisch bei jedem Patienten auf. Die mit dem Syndrom eingehenden Hörstörungen und die damit verbundene möglicherweise bestehende Taubheit mit gleichzeitigen Sprechstörungen muss der Patient schnellstmöglich phoniatrisch abklären.
 
Diese Sprachbeschwerden kann der Arzt durch eine Sprachtherapie behandeln, wobei der Betroffene die verschiedenen Übungen auch zu Hause macht, damit die Behandlung beschleunigt wird. Mögliche Zahnprobleme muss der Patient mit einem Kieferorthopäden klären, dieser wird die Beschwerden notfalls auch chirurgisch behandeln.
 
Leidet der Betroffene unter Fehlbildungen des Ohres, sollte die Rekonstruktion in der Regel zwischen dem sechsten und dem achten Lebensjahr stattfinden. Ein Eingriff ist auch in dem Fall nötig, wenn es in Folge einer Kieferfehlbildung zur Einengung der Atemwege kommt. Dabei rekonstruiert der Arzt den Kiefer mithilfe eines Rippentransplantats oder wendet das Verfahren der Distraktionsosteogenese an.

Was kann ich bei einem Goldenhar-Syndrom zusätzlich tun?

Die Möglichkeiten zur Vor- und Nachsorge sind beim Goldenhar-Syndrom stark eingeschränkt, da der Arzt die Erkrankung nur rein symptomatisch behandeln kann. Patienten sind auf eine lebenslange Therapie angewiesen, bei der der Arzt bestehende Beschwerden lindert und weitere Komplikationen vermeiden will.
 
Nach möglichen operativen Eingriffen ist es wichtig, dass sich der Patient ausruht und den Körper schont. Außerdem empfiehlt der Arzt, dass der Betroffene anstrengende Tätigkeiten oder sportliche Aktivitäten sowie Stress vermeidet. Da die Betroffenen in vielen Fällen auch auf eine psychologische Behandlung angewiesen sind, ist es wünschenswert, dass sie dabei von ihrer Familie und Freunden Unterstützung erhalten. Auch Kontakt zu anderen Betroffenen erweist sich als hilfreich.

Wie ist die Prognose bei einem Goldenhar-Syndrom?

Der Verlauf der Erkrankung hängt stark von dem Ausmaß der Symptome und deren Ausprägung ab, daher kann der Arzt keine allgemeine Prognose geben. Allerdings ist eine niedrigere Lebenserwartung möglich.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung eines Goldenhar-Syndroms?

Die Symptome der Erkrankung treten bei jedem Betroffenen anders auf und unterscheiden sich auch in ihrer Ausprägung. Deshalb lässt es sich nicht genau sagen, wie viel eine Behandlung des Syndroms insgesamt kostet. Grundsätzlich übernimmt die Krankenkasse alle Kosten für medizinisch notwendige Untersuchungen oder Behandlungen. Informiere Dich deshalb am besten direkt bei Deinem zuständigen Versicherungsträger bezüglich der Kostenübernahme.