Hypospadie

Die Hypospadie stellt die häufigste angeborene Entwicklungsstörung des Harn- und Geschlechtsapparates dar. Der Begriff geht dabei auf die beiden griechischen Wörtern „hypo“ für „unten“ und „spadon“ für „Spalte“ zurück, die auch gleichzeitig ein charakteristisches Merkmal der Fehlbildung beschreiben. Nachfolgend haben wir Dir alle wichtigen Informationen über das Krankheitsbild sowie den Operationsablauf dargestellt.


AUTOR

Medizinischer Experte

CO-AUTOR

Online-Redaktion

Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.


Zuletzt aktualisiert: 19. Juli, 2023



Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

Die Hypospadie ist eine angeborene Fehlbildung des Harn- und Geschlechtsapparates, bei der die Harnröhre verkürzt ist und sich dadurch deren Mündung an der Unterseite des Penis befindet


In einigen Fällen können durch die Fehlbildung Probleme beim Urinieren und Geschlechtsverkehr bestehen. Fallweise kann eine Hypospadie aber auch keine weiteren Auswirkungen haben


Operationstechniken, die dabei zum Einsatz kommen können, sind unter anderem die MAGPI-Methode und die Methode nach „Snodgrass“ und „Thiersch-Duplay“


Mögliche Frühkomplikationen können unter anderem Blutungen, Entzündungen, Schwellungen, Blasenkrämpfe, Harnverhaltung sowie schmerzhafte Erektionen sein. Die Fistelbildung stellt die häufigste Spätkomplikation dar

Was versteht die Medizin unter einer Hypospadie?

Bei einer Hypospadie handelt es sich um die häufigste Fehlbildung am männlichen Glied, bei der sich die Harnröhrenöffnung auf der Unterseite des Penis befindet und nicht an der Penisspitze mündet. Dabei tritt eine Verkürzung der Harnröhre auf. Eine Hypospadie kann ebenfalls mit anderen Krankheitsbildern assoziiert sein, beispielsweise einem Hodenhochstand, einer Leistenhernie sowie Fehlbildungen am oberen Harntrakt, wie etwa dem Fehlen einer Niere.

Endometriose

Was sind die Ursachen?

Die Ursachen einer Hypospadie sind bislang nicht vollständig geklärt. Zur Diskussion stehen sowohl endokrinologische, also hormonelle, als auch genetische Faktoren, da eine familiäre Häufung der Fehlbildung von fünf bis zehn Prozent auftritt. Bekannt ist eine Entwicklungsstörung etwa zwischen der 9. und 13. Schwangerschaftswoche. In diesem Zeitraum kommt es zur Bildung der Harnröhre des Fötus, die dadurch gekennzeichnet ist, dass aus einer Platte ein Röhrchen entsteht, was medizinische Experten als Tubularisierung bezeichnen.

Bei einer Hypospadie kommt es allerdings zu einer unvollständigen Tubularisierung, möglicherweise hervorgerufen durch einen Rezeptordefekt für das männliche Sexualhormon Testosteron. Vorstellbar ist ebenso ein Mangel an epidermalem Wachstumshormon. Eventuell spielen auch bestimmte Risikofaktoren eine Rolle. Darunter zählen beispielsweise ein hohes Alter der Mutter während der Schwangerschaft, Rauchen und der Kontakt mit Pestiziden. Je früher in diesem Zeitraum die Entwicklungsstörung auftritt, umso ausgeprägter stellt sich später die Hypospadie dar.

Wie sehen die Symptome aus?

Drei charakteristische Merkmale bestimmen das optische Erscheinungsbild der Hypospadie: Zum einen befindet sich die Harnröhrenöffnung nicht wie gewöhnlich auf der Spitze der Eichel, sondern an deren Unterseite. Je weiter weg sich dabei die Harnröhrenöffnung von der Penisspitze befindet, desto komplexer ist die Hypospadie. In seltenen Fällen ist die Harnröhre so stark verkürzt, dass ihre Öffnung am Übergang zum Hodensack lokalisiert ist. Des Weiteren ist bei Betroffenen die Vorhaut nicht kreisförmig um die Eichel geschlossen, sondern befindet sich als eine Art Hautlappen auf dieser. Teilweise sind Vorhaut und Eichel auch fest miteinander verklebt. Generell wirkt die Eichel eher flach und zeigt eine mehr oder minder stark auffallende Krümmung. Ebenso auffallend, besonders bei schwereren Formen, ist eine starke Krümmung des gesamten Penisschaftes.

Welche Folgen kann die Erkrankung haben?

Bei nicht behandelter Hypospadie können Betroffene unter den bestehenden optischen Auffälligkeiten psychisch leiden. Zwar bestehen fallweise kaum Probleme im Sexualleben, dennoch kann die Tatsache, dass der Penis „anders“ aussieht, das Selbstwertgefühl negativ beeinflussen. Bei anderen Personen bestehen wiederum Probleme beim Samenerguss, wodurch diese eventuell keine Kinder zeugen können. Auch kann eine schwere Krümmung des Penisschaftes zu schmerzhaften Erektionen führen, was sich auf den Geschlechtsverkehr auswirken kann. Mitunter können Schwierigkeiten beim Urinieren auftreten. Der Harnstrahl kann abgelenkt sein, wodurch eine Harnentleerung im Stehen beeinträchtigt ist. Allgemein gilt, dass die Folgen umso belastender sein können, je ausgeprägter sich der Schweregrad der Fehlbildung darstellt.

Wer ist davon betroffen?

Je nach Studie variiert die Häufigkeit der Hypospadie zwischen 1:125 bis zu 1:400. Das bedeutet, dass im Schnitt bei 125 beziehungsweise 400 männlichen Geburten ein Junge unter einer Hypospadie leidet. Daneben ist wissenschaftlich veröffentlicht, dass acht Prozent der Väter ebenfalls an einer Hypospadie erkrankt sind und sich somit auf eine familiäre Häufung schließen lässt. Das Risiko für ein nachfolgendes männliches Geschwisterkind beträgt 21 Prozent.

Für wen ist die Operation geeignet?

Medizinische Experten empfehlen, eine Operation um das erste Lebensjahr vornehmen zu lassen, da ab diesem Zeitpunkt das Narkoserisiko gering ist und im Säuglingsalter die Wundheilung meistens am besten verläuft. Ein weiterer Vorteil eines solch relativ frühen Eingriffs besteht darin, dass der Säugling die Operation nicht bewusst wahrnimmt, was wiederum weniger Stress für das Kleinkind bedeutet. Eine medizinische Behandlung im Pubertätsalter ist zwar ebenso möglich, aber für Betroffene meist seelisch belastender.

Endometriose

Welche unterschiedlichen Formen gibt es?

Eine Klassifikation der Hypospadie erfolgt nach der Lokalisation der Harnröhrenöffnung. Mediziner differenzieren eine glanduläre (im Bereich der Eichel), penile (im Gebiet des Penisschaftes) sowie perineale (am Übergang zum Hodensack oder im Dammbereich) Form der Hypospadie.

Was passiert vor einer Operation?

Vor einer Operation muss der Urologe eine klinische Untersuchung durchführen, anhand dieser er die entsprechende Diagnose stellen kann. Ebenfalls berücksichtigt er dabei weitere Fehlbildungen, wie beispielsweise einen Hodenhochstand oder einen Leistenbruch, die häufig mit einer Hypospadie assoziiert sind. Um den Schweregrad feststellen zu können, bedarf es in den meisten Fällen einer Ultraschalluntersuchung der Harnröhre. Sollten sich hierbei Auffälligkeiten zeigen, kann der Arzt weiterhin eine Urographie, das heißt ein Kontrastmittelröntgen der Niere und der Harnwege, veranlassen. Gegebenenfalls können endokrinologische und chromosomale Untersuchungen der weiteren Abklärung dienen.

Was muss ich vor dem Eingriff beachten?

Ab dem Vorabend der Operation, etwa ab 22 Uhr abends, sollte das Kind nichts mehr essen oder trinken. Der behandelnde Arzt kann gegebenenfalls bereits wenige Wochen vorher eine hormonhaltige Salbe verschreiben. Das Auftragen dieser Salbe auf den Penis verfestigt das Gewebe und führt zu einer geringen Größenzunahme des Gliedes, was den medizinischen Eingriff erleichtert. Ebenfalls zu beachten ist, dass vor der operativen Behandlung keine Beschneidung erfolgen sollte, da die Mediziner die Vorhautschürze unter Umständen für die Neubildung der Harnröhre verwenden können.

Welche verschiedenen Techniken/ Methoden gibt es?

Je nach Ausmaß der Hypospadie können eine Vielzahl von Operationstechniken zum Einsatz kommen. Zwei bekannte Methoden wollen wir Dir kurz vorstellen. Welche Methode dabei für das Kind am geeignetsten ist, bespricht der Urologe vor dem Eingriff mit den Eltern.

„Meatal advancement and glanuloplasty“, in Kurzform „MAGPI“ (Vorverlagerung der Harnröhrenmündung mit kosmetischer Anpassung der Eichel), stellt ein relativ einfaches Verfahren der Korrektur dar, bei der keine Verlängerung der Harnröhre erfolgt, sondern der Mediziner die Eichel so umformt, dass sich die Mündung der Harnröhre an der Eichel nach vorne verlagert. Die Methode kommt oftmals dann zum Einsatz, wenn der Penis nicht verkrümmt ist und die Harnröhrenöffnung ziemlich weit vorn im Gebiet der unteren Eichel liegt.

Milde Formen lassen sich auch mit einer modifizierten Variante nach „Snodgrass“ und „Thiersch-Duplay“ operativ behandeln. Hierbei konstruiert der Mediziner die Harnröhre mit Gewebe aus Penishaut, Eichel und Vorhaut. Daher kommt es bei diesem Eingriff zur vollständigen Entfernung der Vorhaut. Weitere Methoden, beispielsweise die Operationstechniken nach Mathieu, Barcat und Beck wollen wir nur exemplarisch nennen.

Wie genau verläuft der Eingriff?

Der medizinische Eingriff findet unter Vollnarkose statt und dauert meist ein bis vier Stunden, in schwerwiegenden Fällen auch länger. Oftmals ist nur eine Operation notwendig, bei ausgeprägten Hypospadien gelegentlich auch zwei. Je nach Ausmaß der Korrektur beträgt der Krankenhausaufenthalt zwischen fünf und vierzehn Tagen. Der Operationsablauf erfolgt dabei chronologisch von der Penisschaftaufrichtung über die Harnröhrenplastik bis hin zur Hautdeckung.

Endometriose

Anhand der MAGPI-Methode erklären wir dabei genauer, wie ein Eingriff verlaufen kann. Nach der Aufrichtung des Penisschaftes löst der Urologe zuerst dessen Vorhaut und Haut. Anschließend schneidet er die Eichel von dessen Spitze bis zur Harnröhrenmündung auf. Durch eine besondere Schnittführung erfolgt nun die Vorverlagerung der Harnröhrenöffnung. Darauffolgend verschließt der medizinische Experte die beiden „Flügel“ der Eichel durch eine Naht. Um den Harn ableiten zu können und die Harnröhre gleichzeitig zu schienen, setzt der Arzt danach noch einen Plastikschlauch (Harnkatheter) ein. Abschließend wickelt der Operateur einen lockeren Verband um den Penis.

Welche Risiken und Komplikationen können auftreten?

Im Allgemeinen ist die Gefahr von Komplikationen umso höher, je ausgeprägter sich die Fehlbildung darstellt. Anhand des zeitlichen Auftretens solcher Risiken grenzen Mediziner Früh- von Spätkomplikationen ab. Mögliche Frühkomplikationen sind hierbei unter anderem Blutungen, Entzündungen, Schwellungen, Blasenkrämpfe, Harnverhaltung sowie schmerzhafte Erektionen. Eine entstehende Verbindung zwischen der Penisaußenseite und der Harnröhre, von Medizinern als Fistel bezeichnet, stellt die häufigste Spätkomplikation dar, wodurch meist ein zweiter operativer Eingriff zum Fistelverschluss notwendig ist. Weitere später auftretende Risiken sind beispielsweise eine Harnröhrenverengung, störende Narben sowie das Wiederauftreten einer Hypospadie.

Was muss ich nach der Behandlung beachten?

Sollten nach dem operativen Eingriff Schmerzen beim Kind auftreten, kann der Arzt diese mit einem Schmerzmittel behandeln. In der Regel ist auch ein antibiotischer Schutz notwendig. Je nach Schweregrad der Hypospadie kann die Entfernung des Verbandes und des Katheters nach wenigen Tagen oder erst nach etwa zwei Wochen erfolgen.

Achte nach der Operation darauf, dass Dein Kind genügend Flüssigkeit zu sich nimmt, um eventuell in die Blase gelangte Keime herauszuspülen. Wir empfehlen ebenso weite Hosen und Windeln zu verwenden. Des Weiteren solltest Du möglichst versuchen, eine Bauchlage Deines Kindes zu vermeiden. Verzichten muss Dein Kind zunächst auch auf verschiedene Aktivitäten, wie beispielsweise das Fahren mit Spielautos für Kleinkinder, dass kein Druck auf das OPerationsgebiet ausgeübt wird. Generell sind ambulante Kontrollen nach etwa sechs Wochen und einem halben Jahr geplant.

Ist das Endergebnis dauerhaft?

Sollten in den ersten Monaten nach der Operation keine größeren Komplikationen auftreten, besteht meistens eine normale Entwicklung des Gliedes während der Pubertät.

Kann ich die Erkrankung vorbeugen?

Aufgrund einer endokrinologisch beziehungsweise genetisch bedingten Fehlentwicklung während der frühen Schwangerschaft ist eine Vorbeugung nicht möglich. Wir empfehlen dennoch das Meiden möglicher Risikofaktoren, wie das Rauchen in der Schwangerschaft oder den Kontakt mit Pestiziden.

Endometriose

Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?

In der Regel übernehmen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Kosten der Operation. Fall Du Dir trotzdem unsicher sein solltest, kannst Du gerne bei Deinem Versicherungsträger nachfragen oder gerne auch bei unseren Spezialisten, welche Dich umfassend beraten.


Abonniere jetzt unseren YouTube-Kanal!

Über den Autor: Dr. med. Benjamin Gehl

Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie


Als Facharzt für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie liegt die Leidenschaft von Dr. Gehl schon immer im Bereich der medizinischen Contentproduktion.

Aufgrund seiner Ausbildung, einer langjährigen Einsatzzeit in der rekonstruktiven und plastischen Chirurgie, sowie zahlreichen Auslandseinsätzen in Indien, Afrika und Amerika weiß er, welche Techniken und Behandlungen für medizinische Indikationen international Anwendung finden und State of the art sind.

Weiterhin beschäftigt er sich täglich mit neuen Trends und Techniken in der operativen und nicht-operativen Chirurgie. Fortbildungen sowie Studien zählen genauso zu seiner Leidenschaft wie die Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten zu den neuesten fachspezifischen Themen.

Bitte beachte, dass sämtliche zur Verfügung gestellten Inhalte zu den einzelnen Behandlungen, Abläufen, Preisen etc. generelle Informationen sind und je nach Ärzt*in und individuellem Fall und Ausgangslage variieren können.

Für genauere Auskünfte frag bitte direkt bei dem/der von Dir ausgewählten Ärzt*in an.

Du hast Fragen?

Wir helfen Dir gerne weiter.

AUF EINEN BLICK

Dauer Dauer

1-4 Stunden

Ausfallzeit Ausfallzeit

Bis zu zwei Wochen

Stationärer Aufenthalt Stationär

Bis zu zwei Wochen

Top Ärzt*innen auf diesem Fachgebiet

MOOCI Siegel
Dr. med. Aref Elseweifi

Dr. med. Aref Elseweifi

Facharzt für Urologie

Teltower Damm 35 , Berlin

MOOCI Siegel
Prof. Dr. med. Björn Dirk Krapohl

Prof. Dr. med. Björn Dirk Krapohl

Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie Handchirurgie

Thiem-Straße 111 , Cottbus

Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

Die Hypospadie ist eine angeborene Fehlbildung des Harn- und Geschlechtsapparates, bei der die Harnröhre verkürzt ist und sich dadurch deren Mündung an der Unterseite des Penis befindet


In einigen Fällen können durch die Fehlbildung Probleme beim Urinieren und Geschlechtsverkehr bestehen. Fallweise kann eine Hypospadie aber auch keine weiteren Auswirkungen haben


Operationstechniken, die dabei zum Einsatz kommen können, sind unter anderem die MAGPI-Methode und die Methode nach „Snodgrass“ und „Thiersch-Duplay“


Mögliche Frühkomplikationen können unter anderem Blutungen, Entzündungen, Schwellungen, Blasenkrämpfe, Harnverhaltung sowie schmerzhafte Erektionen sein. Die Fistelbildung stellt die häufigste Spätkomplikation dar

Frage an MOOCI

Du hast Fragen zu diesem Thema?

  • Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.
Abonniere jetzt unseren YouTube-Kanal!

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

Die Experten bei MOOCI beantworten Deine Fragen!

Frage an die MOOCI Experten stellen

Experten bei MOOCI

Schritt 1 von 2

Frage an MOOCI Experten stellen

Stelle hier Deine Frage!