Es klingt banal, doch eine gute Kommunikation ist die Basis für den Erfolg in beinahe JEDEM Bereich des Lebens; nicht nur in der Medizin. Wer die folgenden Prinzipien berücksichtigt, erreicht seinen Arzt oder seinen Patienten ebenso gut wie seine Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Kinder oder Nachbarn:
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, urteilte schon Kommunikations-Pabst Paul Watzlawick und meinte damit vor allem die nonverbalen Faktoren eines Gesprächs. Fakt ist: Wer seinem Gegenüber mit einem freundlichen Gesichtsausdruck, einer offenen Gestik und einer höflichen und respektvollen Haltung begegnet, erhöht die Chancen auf eine gute Kommunikation immens. Für beide Gesprächspartner gilt: Nicht die Arme verschränken oder abwertende Mimik nutzen (z.B. Augenverdrehen), sondern durch Kopfnicken oder Lächeln signalisieren, dass man dem anderen aktiv zuhört. Wer seinem Gesprächspartner nicht ins Wort fällt und dessen Anliegen ernstnimmt, schafft eine konstruktive Kommunikationsbasis.
Für Ärzte soll es selbstverständlich sein, dass sie ihren Patienten Zeit einräumen, wenn akute Beschwerden auftreten. Andersherum sollten auch Patienten Verständnis und Wertschätzung zeigen. Dazu gehört etwa, das Smartphone während des Arztbesuchs stummzuschalten oder sich nicht zu beklagen, wenn ein Notfall dem eigenen Termin vorgezogen wird. Schließlich würdest auch Du gern bevorzugt behandelt werden, falls Du selbst als Notfall zum Arzt kommst.
„Man sollte“, „es wäre von Vorteil“ – viele Menschen verstecken sich hinter unpersönlichen Aussagen. Wer hingegen Ich-Botschaften formuliert, übernimmt Verantwortung und steht zu seiner Wahrnehmung. Im Job erleichtert das die Arbeitsteilung und beim Arzt die Diagnose. Schließlich kann der Mediziner den Ernst der Lage nicht bewerten, wenn der Patient seine Beschwerden mit einem „man soll ja nicht jammern“ abtut. Vom Hausarzt bis zum Psychiater – für Ärzte ist es wichtig, den subjektiven Leidensdruck ihres Patienten genau einschätzen zu können. Bei chronischen Schmerzen oder psychischen Erkrankungen ist diese Größe oft die einzig bedeutende Referenz, da sich eine Besserung hier nicht an Laborwerten messen lässt.
Auch ein Arzt schafft Vertrauen beim Patienten, wenn er sich nicht hinter Verallgemeinerungen versteckt, sondern seine Botschaften persönlich formuliert. „Ich empfehle Ihnen aus gesammelter Erfahrung, es anstelle von Schmerzmitteln zuerst mit gezieltem Krafttraining und Physiotherapie zu versuchen“ – solche Aussagen motivieren den Patienten stärker als anonyme Zitate aus dem Lehrbuch.
Wer sitzt mir hier eigentlich gegenüber? Diese Frage sollte sich jeder Arzt stellen, bevor er seinem jeweiligen Patienten eine Botschaft vermittelt. Kommunikation, die sich an den jeweiligen Adressaten anpasst, ist nämlich extrem erfolgreich. Ein gutes Beispiel dafür sind Marketingstrategien, die sich dort bewegen, wo sich die Zielgruppen aufhalten und sie in ihrem gewohnten Ton ansprechen. Eine Kampagne für U-30-Kunden auf Instagram klingt deshalb anders als eine Print-Werbeanzeige für Senioren. Nun müssen Ärzte keine Marketing-Genies sein, können aber ihre Wortwahl je nach Alter, Bildungsstand und Charakter des Patienten durchaus variieren.
Wo sich im Gespräch kein Hin und Her ergibt, findet keine Entwicklung statt. Auch dieses Prinzip hat die Marketingbranche längst erkannt und verändert ihre Paradigmen. Der Fokus liegt nicht mehr hauptsächlich auf der Vermittlung einer Werbebotschaft, sondern immer stärker auf dem Dialog mit dem Kunden. Seine Verbesserungsvorschläge und Ideen können dann die Produktentwicklung im Unternehmen beeinflussen oder gar Innovationen anstoßen. Das Dialogmarketing läuft dabei digital ab oder in der analogen Welt, z.B. als persönlich adressierte Mailings.
Zurück zum Thema: In der Arztpraxis ist der Dialog gleich zweifach wichtig. Zum einen als fruchtbares Arzt-Patienten-Gespräch, zum anderen können Praxen aktiv Dialogmarketing nutzen, um Feedback ihrer Patienten zu erhalten. Dieses Meinungsbild identifiziert Stärken, entlarvt Schwächen und eröffnet Perspektiven für einen zufriedenstellenden und effizienteren Praxisablauf.
„Rund 25 bis 80 Prozent aller vermeidbaren und unerwünschten Ereignisse im Gesundheitsbereich passieren aufgrund von Kommunikationsfehlern“, betont Professor Annegret Hannawa, die als Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Lugano lehrt. Doch was bedeutet das konkret? Hochgerechnet nimmt alle zwei bis sechs Sekunden ein Patient Schaden, weil der Dialog mit seinem Arzt misslingt. Gleichzeitig entstehen dem Gesundheitssystem täglich 57 bis 181 Millionen Euro überflüssige Kosten.
Doch welche Kommunikationsfehler sind in Krankenhaus und Arztpraxis besonders häufig?
Nur gute Absichten, aber der Patient ist verunsichert
So etwas hat jeder schon erlebt: Der Arzt murmelt ein „das gefällt mir aber gar nicht“ beim Blick auf das Ultraschall-Bild oder witzelt „jetzt schneiden wir Sie in viele kleine Scheiben“, wenn der Patient ins CT geschoben wird. Unpassende Bemerkungen offenbaren immerhin den Wunsch nach Kommunikation vonseiten des Arztes, aber irritieren den Patienten häufig durch die falschen Worte. Der richtige Tonfall kann dagegen entscheidend zum Heilungserfolg beitragen, denn dieser hängt laut Studien genauso stark von der Technik wie von der Zuversicht des Patienten ab. Wer als Arzt seinen Patienten verbal unterstützt und vielleicht durch einen (gelungenen) Scherz aufmuntert, trägt wirksam zur Genesung bei.
Fehlende Ermutigung = schlechtere Krankheitsverläufe?
Ärzte weisen Patienten oft auf die schlimmste aller Möglichkeiten hin, auch um sich selbst juristisch abzusichern. Allerdings verkennen die Fachleute, welchen Schaden es verursacht, wenn schlechte Prognosen in den Raum gestellt werden. Einem Elternpaar zu sagen, dass ihr Kind mit seiner Behinderung wahrscheinlich nie laufen wird, ist nicht nur ernüchternd, sondern kann auch die Motivation zerschlagen, das Kind physiotherapeutisch zu fördern.
Darf mein Arzt mir „von oben herab“ eine Therapie verordnen, die mich nicht überzeugt, oder muss er mir die Behandlung meiner Wahl bieten? Viele Missverständnisse zwischen Arzt und Patient entstehen dann, wenn das Verhältnis zwischen den Parteien nicht definiert wurde. Die Frage, ob ein Arzt als absolute Autorität oder als Dienstleister agiert, lässt sich nämlich nicht generell beantworten. Aber: Jede Situation erfordert eine Neu-Definition der Beziehung. Ein Arzt sollte dann autoritär auftreten, wenn er beim Patienten einen Blinddarmdurchbruch feststellt, aber der Betroffene lieber Globuli gegen die Bauchschmerzen nehmen will, anstatt sich operieren zu lassen. Auf der anderen Seite hat der Patient die Entscheidungshoheit über Skalpell oder Laser, wenn es nur darum geht, eine ungefährliche Warze im Gesicht loszuwerden. Fehlt beiden Parteien die Flexibilität in ihrem Selbstverständnis, führt das zu anhaltenden Konflikten.
Schlecht erklärte Medikamente sind ein Risiko
Nach Schätzungen sterben jährlich rund 30.000 Patienten in Deutschland an den Folgen von Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen von Medikamenten. Hier sind Ärzte gefordert, die von ihnen verordneten Präparate genau zu erklären und auf Gefahren explizit hinzuweisen. Umgekehrt sollten Patienten den Beipackzettel eines Medikaments genau lesen und bei Unsicherheiten Rückfragen stellen.
Sprachbarrieren hemmen beide Seiten
Jeder neunte Arzt in deutschen Krankenhäusern kommt aus dem Ausland – Tendenz steigend. Auch wenn die Zulassung eine Sprachprüfung erfordert, kann es mit Patienten zu Verständigungsschwierigkeiten kommen. Auf der anderen Seite gibt es viele Patienten, die aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse wichtige Gesundheitsinformationen nicht verstehen. In beiden Fällen gilt: Im Gesundheitsbereich ist kein Platz für vermeintliche Peinlichkeiten – Patienten sollten so lange nachfragen, bis sie die Aussagen des Arztes verstanden haben.
Anders als zum Frisör geht man zum Arzt normalerweise nicht in freudiger Erwartung. Im Gegenteil: Hier dominiert die Sorge, dass hinter Beschwerden eine ernste Erkrankung stecken könnte. Ärzte haben es deshalb oft mit Patienten zu tun, die durch akute Schmerzen oder chronische Beschwerden körperlich und psychisch belastet sind. Im ersten Impuls will man als Fachmann sofort helfen. Gleichzeitig stehen Mediziner im Krankenhaus wie in der eigenen Praxis unter Druck, wirtschaftlich zu arbeiten. Was brauchen Ärzte in diesem Spannungsfeld, um ihren Beruf gut ausüben zu können?
Zynismus, Unverständnis, Zeitmangel – wenn Du schon im Vorhinein das Schlimmste vom Arztgespräch erwartest, wird sich der Termin höchstwahrscheinlich unbefriedigend entwickeln. Andererseits beeinflusst Deine gute Vorbereitung als Patient auch Dein Gegenüber in einer konstruktiven Weise. Diese Maßnahmen geben Deinem wichtigen Arzttermin die besten Chancen auf Erfolg:
„Wie kann ich Ihnen helfen?“ – Viele Hausärzte begrüßen ihre Patienten mit dieser Formel. Sie fragt nach einer präzisen Beschreibung der aktuellen Beschwerden, damit der Arzt gezielt tätig werden kann. Du solltest Dir deshalb vorab zuhause überlegen, ob Deine Antwort eher lautet „Im Idealfall lassen Sie meine Rückenschmerzen verschwinden“ oder „Ich fühle mich gerade körperlich und seelisch erschöpft und weiß nicht mehr weiter“.
Liste Deine Beschwerden schon vor dem Termin schriftlich auf, damit du im Gespräch kein Detail vergisst. Wichtige Punkte: Wann sind die Beschwerden das erste Mal aufgetreten? Stehen sie im Zusammenhang mit Tageszeit, Mahlzeiten oder bestimmten Aktivitäten? Wann verbessern sich die Schmerzen im Alltag? Beschränke dich auf die Beschreibung und verzichte erst einmal darauf, deine Selbstdiagnosen beizusteuern, die du mithilfe von Wikipedia und Medizinforen erstellt hast.
Um Wechselwirkungen auszuschließen, braucht Dein Arzt Informationen über deine regelmäßige Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln. Im Idealfall schreibst du vorab eine Liste, die auch Präparate enthält, die dir selbst unwichtig erscheinen, z.B. hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille. Auch Vitamine nehmen Einfluss auf die Wirkung von Medikamenten, so kann Vitamin K die Wirkung von Blutverdünnern wie Marcumar herabsetzen.
Das gilt insbesondere dann, wenn du auf Inhaltsstoffe eines Medikaments allergisch reagierst, z.B. bei einer Penicillin-Allergie. Falls Du Antibiotika brauchst, kann dein Arzt Dir dann ein Alternativ-Präparat verordnen.
Du bist schwanger, stillst gerade ein Baby, leidest unter Diabetes oder an einer anderen Grunderkrankung? Ein Arzt, der Dich kennt, sollte diese Informationen eigentlich irgendwo parat haben. Im stressigen Praxisalltag geht allerdings einiges unter, sodass Du Dich lieber absicherst, indem Du einmal mehr fragst, ob sich die verordnete Therapie mit Schwangerschaft, Stillzeit oder Grunderkrankung verträgt.
Ob Alkohol- oder Drogenkonsum, Ernährungsstil, Sportroutine oder wechselnde Sexualpartner – alles, was wir täglich tun, nimmt Einfluss auf unsere Gesundheit. Wer den Verdacht hat, sich mit seinem Lebensstil zu schaden, spielt bestimmte Faktoren beim Arztbesuch gern herunter. Doch auf längere Sicht schadet das Schwindeln dem Betroffenen nur selbst. Merke: Beim Arzt sollte Dir nichts peinlich sein. Mache realistische Angaben und sei ehrlich in Bezug auf deine Angewohnheiten. Ein guter Arzt verurteilt niemanden, sondern will helfen, eine angemessene Lösung zu finden.
Vier Ohren hören mehr als zwei. Dieser Grundsatz gilt besonders dann, wenn größere Operationen anstehen oder eine bedrohliche Diagnose im Raum steht. Erfahrungsgemäß registrieren Patienten etwa nach einer Krebsdiagnose nur noch 15 Prozent des folgenden Gesprächs über die Therapiemöglichkeiten, weil sie emotional so belastet sind. Eine Vertrauensperson an deiner Seite kann sich Notizen machen und sich die Auskünfte des Arztes wahrscheinlich besser merken. Auf der anderen Seite kann sie dem Mediziner gegenüber berichten, wie sie Deinen Zustand einschätzt und bietet damit einen Referenzpunkt außerhalb Deiner subjektiven Perspektive.
Niemand ist unfehlbar – auch nicht die „Götter in Weiß“. Eine respektvolle und empathische Kommunikation sollten Patienten aber von ihrem Arzt erwarten dürfen. Schließlich belegen sogar wissenschaftliche Studien, dass verbale Unterstützung durch den Behandler die Besserung bestimmter Symptome begünstigt. Deinerseits kannst Du Deinem Arzt bei seiner Arbeit helfen, indem Du essenzielle Informationen vor dem Termin schriftlich fixierst und Deine Anliegen, Sorgen und Erwartungen möglichst konkret schilderst.
„Herr Doktor, niemand nimmt meine Symptome ernst!“ – „Der Nächste bitte“ Als Witz erzeugt dieser Dialog müde Lacher, doch in der Realität klingen Arzt-Patienten-Gespräche leider oft ähnlich skurril. Das schafft Frustration auf beiden Seiten. Dabei kann es fatale gesundheitliche Folgen haben, wenn die Kommunikation zwischen Arzt und Patient misslingt. Wie es besser gelingen kann, zeigen Dir die folgenden Tipps, die das Gesprächsklima in der Arztpraxis verbessern.
AUTOR
Dr. med. Benjamin Gehl
Medizinischer Experte
CO-AUTOR
Maja Lechthaler
Online-Redaktion
Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.
Inhaltsverzeichnis