Die Einstellung von Gesundheitsdienstleistern gegenüber Sexarbeitern in Deutschland

In einer bahnbrechenden Studie, die in der Fachzeitschrift Frontiers in Public Health veröffentlicht wurde, wurden die Einstellungen deutscher Gesundheitsdienstleister gegenüber Sexarbeitern unter die Lupe genommen. Dabei kamen Erkenntnisse zutage, die weitreichende Auswirkungen auf Strategien im Bereich der öffentlichen Gesundheit und die Gesundheitsversorgung haben könnten.


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Zuletzt aktualisiert: 7. Dezember, 2023



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Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sind weltweit mit erheblicher Stigmatisierung und Diskriminierung konfrontiert, oft innerhalb des Gesundheitssystems, was zu Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung führen kann. An der Studie, die 2022 in ganz Deutschland durchgeführt wurde, nahmen 469 Angehörige der Gesundheitsberufe und Medizinstudenten teil, die sich an einer Online-Umfrage beteiligten. Ziel der Studie war es, die Wahrnehmung und Voreingenommenheit des Gesundheitssektors gegenüber Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern und deren spezifischen Gesundheitsrisiken zu beleuchten.

 

In der Studie wurde die „Attitudes towards Prostitutes and Prostitution Scale“ (Skala zur Einstellung gegenüber Prostituierten und Prostituierten) verwendet, um die Einstellung gegenüber Sexarbeit und Sexarbeitern zu bewerten. Sie ergab, dass ältere Gesundheitsdienstleister Sexarbeit eher als nicht einvernehmlich und Sexarbeiterinnen eher als Opfer betrachten. Entgegen den Erwartungen änderte die Häufigkeit des beruflichen Kontakts mit Sexarbeiterinnen weder die Wahrnehmung ihres Status als Opfer oder unabhängige Personen noch ihr wahrgenommenes moralisches Ansehen wesentlich.

 

Ein Vergleich mit einer Umfrage in der Allgemeinbevölkerung ergab, dass die Einstellungen der Gesundheitsdienstleister die gesellschaftlichen Ansichten widerspiegeln, was auf ein zugrunde liegendes Vorurteil hindeutet, das über die berufliche Ausbildung und das Wissen hinausgeht. Diese Voreingenommenheit könnte dazu beitragen, dass die Prävalenz von Störungen bei Sexarbeitern, insbesondere von psychischen Problemen, überschätzt wird.

 

Interessanterweise ergab die Studie, dass die meisten Angehörigen der Gesundheitsberufe jährlich nur sehr wenige Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter behandelten, wobei ein erheblicher Prozentsatz die genaue Zahl nicht kannte. Dieser Mangel an Anerkennung deutet darauf hin, dass Sexarbeiterinnen bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsdiensten unterrepräsentiert sind, weil sie diese nicht offenlegen, möglicherweise aus Angst vor Stigmatisierung.

 

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine bessere Ausbildung und Schulung von Gesundheitsdienstleistern in Bezug auf marginalisierte Gruppen dringend erforderlich ist, um diese Vorurteile zu bekämpfen. Ein besseres Verständnis und Bewusstsein könnte zu einer einfühlsameren und gerechteren Gesundheitsversorgung für SexarbeiterInnen führen.

 

Frauen in Gesundheitsberufen sahen Sexarbeiterinnen eher als Opfer an als ihre männlichen Kollegen, eine Ansicht, die möglicherweise auf größeres Einfühlungsvermögen oder persönliche Erfahrungen mit Diskriminierung zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu zeigten jüngere Gesundheitsdienstleister im Vergleich zu älteren eine liberalere Haltung, was möglicherweise einen Generationswechsel in der Wahrnehmung widerspiegelt.

 

Die Studie machte jedoch auch eine harte Realität deutlich: Eine kleine Zahl von Gesundheitsdienstleistern weigert sich, Sexarbeiterinnen zu behandeln, was die Schwere des Stigmas unterstreicht, das dieser Gruppe anhaftet.

 

Boris Jensen, Leiter der Forschungsabteilung der Website Erobella, kommentiert: „Diese Studie macht deutlich, wie dringend notwendig eine umfassende Aufklärung in unserem Gesundheitssystem ist. Bei der Beseitigung tief verwurzelter Vorurteile geht es nicht nur um die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Sexarbeitern, sondern auch um die Wahrung der Würde und der Rechte jedes Einzelnen, der medizinische Versorgung in Anspruch nimmt. Wir müssen ein Gesundheitsumfeld schaffen, das ebenso integrativ wie kenntnisreich ist.“

 

Die Studie fordert einen doppelten Ansatz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Sexarbeitern. Einerseits müssen die Fachkräfte des Gesundheitswesens stärker für die spezifischen Gesundheitsrisiken sensibilisiert werden, die mit der Sexarbeit verbunden sind, wie etwa die höheren Raten sexuell übertragbarer Infektionen und damit verbundener Krebserkrankungen. Andererseits ist es von entscheidender Bedeutung, das Stigma, mit dem Sexarbeiterinnen im Gesundheitssystem konfrontiert sind, anzusprechen und abzubauen, um ein besseres Verhalten bei der Gesundheitssuche und den Zugang zu den notwendigen Dienstleistungen zu fördern.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Studie ein klarer Aufruf an die Leistungserbringer im Gesundheitswesen ist, über ihre Vorurteile nachzudenken, und an das Gesundheitssystem, gezielte Interventionen zu entwickeln. Nur durch solche Bemühungen können wir sicherstellen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft, unabhängig von ihrem Beruf, eine mitfühlende und gerechte Gesundheitsversorgung erhalten.


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Über den Autor: Dr. med. Benjamin Gehl

Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie


Als Facharzt für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie liegt die Leidenschaft von Dr. Gehl schon immer im Bereich der medizinischen Contentproduktion.

Aufgrund seiner Ausbildung, einer langjährigen Einsatzzeit in der rekonstruktiven und plastischen Chirurgie, sowie zahlreichen Auslandseinsätzen in Indien, Afrika und Amerika weiß er, welche Techniken und Behandlungen für medizinische Indikationen international Anwendung finden und State of the art sind.

Weiterhin beschäftigt er sich täglich mit neuen Trends und Techniken in der operativen und nicht-operativen Chirurgie. Fortbildungen sowie Studien zählen genauso zu seiner Leidenschaft wie die Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten zu den neuesten fachspezifischen Themen.

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