Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie (LHON)

LHON ist eine seltene, erblich bedingte Augenerkrankung, die das Leben der Betroffenen auf einen Schlag ändern kann. Die Krankheit tritt bei etwa 2 bis 3 von 100.000 Menschen auf und führt innerhalb kürzester Zeit zu einer massiven Verschlechterung der Sehkraft eines Auges, wobei das zweite Auge in der Regel wenige Wochen bis Monate später auch betroffen ist. In wenigen Fällen führt die Erkrankung zu einer völligen Erblindung. Für LHON ist keine ursächliche Therapie oder Heilung möglich, da sie erblich bedingt ist, wobei sich gentherapeutische Maßnahmen in der Forschungsphase befinden.


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Zuletzt aktualisiert: 7. August, 2023



Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

LHON ist eine meist erblich bedingte seltene Augenerkrankung, die ausschließlich von der Mutter vererbt wird. Bei 50% der Betroffenen liegt keine familiäre Belastung vor, sondern eine Neumutation


Sie betrifft vor allem Männer zwischen 15 und 35 Jahren, aber auch Frauen jeden Alters können LHON bekommen


Die Symptomatik zeigt sich in einer rapiden, plötzlich auftretenden Verschlechterung Deiner Sehkraft auf einem Auge, wenige Wochen bis Monate später auch auf dem anderen. In seltenen Fällen führt die Krankheit zu einer Erblindung. Eine sichere Diagnose erfolgt über einen Gentest bei Deinem Augenarzt


Die Behandlung erfolgt über Medikamente, eine vollständige Heilung ist aber nicht möglich

Was versteht die Medizin unter einer LHON?

Die Bezeichnung Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie oder kurz LHON geht auf den deutschen Augenarzt Theodor Karl Gustav Leber zurück, der die Krankheit im Jahr 1871 als Erster beschrieben hat. In der Medizin ist LHON auch unter Leber-Optikusatrophie oder die Optikus-Neuropathie Typ Leber bekannt. Es handelt sich dabei um eine seltene genetische Augenerkrankung, die durch eine rapide Minderung der Sehstärke zuerst auf einem Auge, dann innerhalb weniger Wochen oder Monate auch auf dem anderen charakterisiert ist. LHON betrifft vor allem Männer zwischen 13 und 35 Jahren und geht auf eine Veränderung des Erbguts der Mitochondrien, unsere Energiezellen – also Kraftwerke im Körper, zurück. Ärzte unterscheiden drei Hauptmutationen, die bei etwa 90 Prozent der Betroffenen vorkommen: 11778, 3460 und 14484. Für die Diagnose müssen Experten einen Gentest durchführen und sich Deine Familiengeschichte genauer ansehen, wobei die Krankheit nur über die Mutter vererbt werden kann. Forschungen gehen davon aus, dass auch übermäßiger Alkohol- und Tabakkonsum den Ausbruch fördert und der Heilung entgegenwirkt.

Bei LHON handelt es sich um eine seltene genetische Augenerkrankung

Wie sehen die Symptome einer LHON aus?

Du solltest einen Augenarzt aufsuchen, wenn Du plötzlich sehr lichtempfindlich reagierst oder Kontraste und Farben nicht mehr so gut erkennen kannst, da dies schon erste Anzeichen der Erkrankung sein können. Wenn Du an LHON erkrankst, führt dies zu einer plötzlich einsetzenden, schmerzlosen, schnell zunehmenden Verschlechterung Deines Sehvermögens, wobei anfangs nur ein Auge betroffen ist. Nur in 25 Prozent der Fälle beginnen die Symptome von Beginn an auf beiden Augen. Innerhalb weniger Tage bis Wochen bemerkst Du einen unscharfen Fleck in Deinem zentralen Gesichtsfeld, der mit der Zeit immer größer und intensiver wird. Mediziner sprechen von einem Zentralskotom. Binnen weniger Wochen oder Monate ist dann auch Dein zweites Auge betroffen und verliert an Sehkraft. In seltenen Fällen können neben der schwindenden Sehkraft noch neurologische Symptome auftreten, wie motorische Störungen, Zittern (Tremor), Spastik oder Sensibilitätsstörungen sowie Herzrhythmusstörungen. Die Medizin spricht dann von LHON plus.

Wie ist der Verlauf einer LHON?

Zunächst können Lichtempfindlichkeit und Schwierigkeiten mit dem Erkennen von Kontrasten und Farben auftauchen. Innerhalb weniger Tage bis Wochen beginnt sich die Sehkraft eines Auges rasch und schmerzlos zu verschlechtern. Der Patient bekommt massive Sehstörungen im zentralen Gesichtsfeld, die in seltenen Fällen bis hin zur Blindheit gehen können. Es entsteht ein „blinder Fleck“ oder medizinisch ein „Zentralskotom“, der sich nach und nach vergrößert. Nach wenigen Wochen bis Monaten tritt die Beeinträchtigung auch auf dem zweiten Auge auf.
 
Die Sehschärfe nimmt im weiteren Verlauf der Krankheit weiter ab und erreicht nach etwa drei Monaten ihren Endpunkt mit einer Sehkraft von weniger als zehn Prozent. Den Höhepunkt erreicht LHON nach cirka zwölf Monaten. Danach stabilisieren sich die Symptome. Nur bei rund einem Drittel der Betroffenen verbessert sich die Symptomatik nach ein bis fünf Jahren spontan, wobei die Sehleistung meist dauerhaft bei rund zehn Prozent oder darunter liegt. Bei Auftreten der ersten Anzeichen ist es wichtig, sofort einen Augenarzt aufzusuchen, wobei gilt, dass desto jünger die Patienten bei Beginn sind, umso besser die Prognose einer Besserung. Bei frühzeitiger und richtiger Behandlung können die Schäden, die durch LHON verursacht wurden möglicherweise rückgängig gemacht werden, selbst wenn es zuvor zu einer Erblindung gekommen ist.

Was sind die Ursachen für eine LHON?

LHON geht auf die Veränderung des Erbguts der Mitochondrien zurück. Mitochondrien sind unsere Energiezellen, welche für die Energieversorgung und somit den gesamten Stoffwechsel unserer Zellen verantwortlich sind. Sind sie defekt, zeigt sich das als Energiemangel vor allem in Geweben, die einen hohen Energieverbrauch haben, wie unter anderem das Nervensystem, die Netzhaut des Auges sowie der Sehnerv. Bei LHON werden die Ganglienzellen (Nervenzellen) der Netzhaut nicht mehr ausreichend mit Energie versorgt und verkümmern oder sterben ab. Somit können optische Signale der Augen nicht mehr oder nur unzureichend an das Gehirn weitergeleitet werden.

Zunächst können Lichtempfindlichkeit und Schwierigkeiten mit dem Erkennen von Kontrasten und Farben auftauchen

Die Mutation geht meist auf eine Vererbung der Mutter zurück und wird an alle Kinder weitergegeben. Bei 50% der Betroffenen findet sich keine familiäre Belastung, es handelt sich hier um eine Neumutation. Dennoch müssen nicht alle Träger des genetischen Defekts an LHON erkranken. Bei der Mehrzahl bleibt die Krankheit unbemerkt. Es wird vermutet, dass weitere nicht-genetische Faktoren eine Rolle beim Ausbruch der Erkrankung spielen. Dazu zählen Anzahl der mitochondrialen DNA-Kopien, Umweltfaktoren wie Alkohol- und Tabakkonsum sowie der Spiegel der Sexualhormone im Blut. Alle diese Faktoren führen, wie man vermutet, zu einer Zunahme “freier Radikale”, die wiederum die Energiezufuhr der Nervenzellen stören können und damit die Schädigung des Sehnervs bei LHON verstärken.

Wie lässt sich eine LHON diagnostizieren?

Bei Auftreten der Symptome und dem Verdacht der Schädigung des Sehnervs ist es vorerst wichtig, dass Du ein ausführliches Anamnesegespräch mit Deinem Augenarzt führst. Nach dem Gespräch wird Dein Arzt unterschiedliche augenärztliche Untersuchungen durchführen. Mit der Messung Deines Gesichtsfeldes kann er in etwa das Zentralskotom feststellen. Danach misst er Deine Sehschärfe und schaut sich Deinen Augenhintergrund an, um weitere Hinweise zu finden, die auf LHON deuten, wie in etwa erweiterte und geschlängelte Gefäße an der Sehnervpapille oder deren Schwellung. Die Sehnervpapille ist jene Stelle, an welcher der Sehnerv die Netzhaut verlässt. Der Augenhintergrund kann aber vorerst ganz normal aussehen, was die Diagnose für Deinen Arzt erschwert. Durch bildgebende Verfahren kann der Experte eventuelle Veränderungen der Pupille feststellen. Zusätzlich kann Dein Arzt einen Test für Farbensehen durchführen.
 
Sollte eine Schädigung Deines Sehnervs diagnostiziert werden, muss Dein Arzt weitere Untersuchungen machen, um eventuelle andere Krankheiten auszuschließen. Oft denken Ärzte zuerst an eine Sehnervenentzündung, die mithilfe einer Kernspintomografie des Gehirns und einer Nervenwasseruntersuchung diagnostiziert werden kann und mit hoch dosiertem Kortison behandelt wird. Dies führt aber bei LHON zu keiner Besserung. Der Sehnerv wird aber auch bei anderen Krankheiten wie Multipler Sklerose, Durchblutungsstörungen oder Tumoren geschädigt. Gewissheit bringt nur ein einfach und kostengünstiger Gentest, bei dem mittels einer Blutprobe die Mutation der Mitochondrien-DNA festgestellt werden kann.

Wie kann die LHON übertragen werden?

Mutationen der mitochondrialen DNA werden ausschließlich von der Mutter vererbt, wobei nicht jeder Träger an LHON erkrankt. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken wird laut Studien durch Umwelteinflüsse wie in etwa Zigarettenrauch oder vermehrter Alkoholkonsum begünstigt.

Wer ist am häufigsten davon betroffen?

In erster Linie sind Männer im Alter von 15 bis 35 Jahren betroffen, wobei auch Frauen jedes Lebensalters die Krankheit bekommen können. LHON tritt bei Männern fünf bis zehnmal häufiger auf als bei Frauen. Weltweit liegt die Häufigkeit derzeit zwischen 1:15.000 und 1:50.000. In Österreich gibt es rund 100 Fälle.

Seit 2015 ist der Wirkstoff Idebenon - Markenname Raxone – in Form von Tabletten zur Behandlung von LHON zugelassen

Welche Folgen hat eine LHON für den Betroffenen?

Die Minderung der Sehkraft hat schwerwiegende Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen, da sie nicht mehr in der Lage sind zu lesen, Auto zu fahren oder Gesichter zu erkennen. Dazu kommen psychologische Probleme, mit den veränderten Lebensumständen zurechtzukommen. Hilfe finden Betroffene bei Orthoptisten. Das sind Fachkräfte der Augenheilkunde, die in der Therapie und Rehabilitation von Augenstörungen spezialisiert sind. Dort kannst Du lernen, wie Du Dein peripheres also seitlich liegendes Gesichtsfeld besser nutzen kannst und so Deine Wahrnehmung verbesserst.
 
Im Alltag kannst Du außerdem verschiedene Hilfsmittel wie vergrößernde Sehhilfen, Bücher mit Großbuchstaben, sprechende Uhren und Telefone oder Computer mit spezieller Software benutzen. Solltest Du mehr Unterstützung benötigen, kannst Du auch ein Mobilitätstraining mit Langstock absolvieren oder Dich von einem Blindenhund begleiten lassen. Psychologische Hilfe bekommst Du von einem Therapeuten oder in Selbsthilfegruppen, wo Du Dich mit anderen Betroffenen austauschen kannst.

Wie lässt sich eine LHON behandeln?

Grundsätzlich ist bei LHON wie auch bei anderen genetischen Erkrankungen keine ursächliche Therapie und damit keine Heilung möglich. Die Forschung arbeitet derzeit an gentherapeutischen Maßnahmen, bei denen das betroffene Gen durch eine Injektion in das Augeninnere ausgetauscht werden soll. Seit 2015 ist der Wirkstoff Idebenon – Markenname Raxone – in Form von Tabletten zur Behandlung von LHON zugelassen. Laut mehreren klinischen Studien führt es zu einer Verbesserung des Sehvermögens. Der Wirkstoff dringt in die Mitochondrien ein und erhöht durch ein Umgehen des Defekts deren Energielevel, wobei abgestorbene Nervenzellen nicht mehr belebt werden können. Eine Besserung sollte innerhalb von zwei Jahren einsetzen, da Dein Arzt die Therapie ansonsten beenden sollte.

Welche Komplikationen können auftreten?

Bei der Behandlung von LHON können Komplikationen durch die Einnahme von diversen Medikamenten, durch eine Narkose oder Infekten entstehen, was zu einer schnelleren Verschlechterung der Symptomatik führt. Folglich können in etwa Probleme mit dem Verdauungstrakt, dem Innenohr, dem Herzen, Diabetes oder epileptische Anfälle auftreten.

Kann ich selbst etwas gegen LHON tun?

Du solltest Alkohol sowie Zigarettenrauch meiden und bei Deiner Ernährung auf vitamin- und proteinreiche Produkte zurückgreifen. Vor allem B-Vitamine solltest Du reichlich zu Dir nehmen. Wende Dich an spezialisierte Zentren, die einen jahrelangen Erfahrungsschatz mit der Behandlung von LHON haben und konsultiere, wenn notwendig, einen Therapeuten oder eine Selbsthilfegruppe, um nicht alleine mit den neuen Lebensumständen fertig werden zu müssen.

Wie kann ich eine LHON vorbeugen?

Da es sich um eine erblich bedingte Krankheit handelt, kannst Du LHON grundsätzlich nicht vorbeugen.

Da es sich um eine erblich bedingte Krankheit handelt, kannst Du LHON grundsätzlich nicht vorbeugen

Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?

Für alle notwendigen Diagnosemaßnahmen übernehmen die Krankenversicherungsträger die Kosten. Dein Arzt rechnet dabei direkt mit den Krankenkassen ab, außer es handelt sich um einen Wahlarzt. Solltest Du eine Zusatzversicherung haben, erkundige Dich bei Deiner Versicherung, ob und welche Kosten übernommen werden und ob ein Selbstbehalt anfällt. Für manche Untersuchungen, wie z.B. einem MRT brauchst Du zusätzlich die Zustimmung des Chefarztes Deines Krankenversicherungsträgers.


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Über die Autorin: Dr. Simone Hermanns

Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe


Dr. med. Simone Hermanns ist als Fachärztin am Universitätsspital Zürich tätig und unterstützt MOOCI seit Februar 2020 als medizinische Expertin für den Bereich der Gynäkologie und Geburtshilfe.

Seit nunmehr 7 Jahren arbeitet sie voller Energie und Lebenslust als Ärztin in verschiedenen klinischen Fachbereichen in Deutschland und der Schweiz. Die Liebe zur Medizin entdeckte Sie besonders im operativen Bereich,da die Vielfältigkeit dieses Bereichs immer wieder aufs Neue fasziniert.

Bitte beachte, dass sämtliche zur Verfügung gestellten Inhalte zu den einzelnen Behandlungen, Abläufen, Preisen etc. generelle Informationen sind und je nach Ärzt*in und individuellem Fall und Ausgangslage variieren können.

Für genauere Auskünfte frag bitte direkt bei dem/der von Dir ausgewählten Ärzt*in an.

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LHON ist eine meist erblich bedingte seltene Augenerkrankung, die ausschließlich von der Mutter vererbt wird. Bei 50% der Betroffenen liegt keine familiäre Belastung vor, sondern eine Neumutation


Sie betrifft vor allem Männer zwischen 15 und 35 Jahren, aber auch Frauen jeden Alters können LHON bekommen


Die Symptomatik zeigt sich in einer rapiden, plötzlich auftretenden Verschlechterung Deiner Sehkraft auf einem Auge, wenige Wochen bis Monate später auch auf dem anderen. In seltenen Fällen führt die Krankheit zu einer Erblindung. Eine sichere Diagnose erfolgt über einen Gentest bei Deinem Augenarzt


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