Morbus Basedow
Das Wichtigste zusammengefasst
Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche zu einer Schilddrüsenüberfunktion führt
Typische Symptome sind eine vergrößerte Schilddrüse, hervortretende Augen und ein beschleunigter Puls
Der Arzt diagnostiziert die Krankheit mittels Ultraschall, Blutuntersuchung und ggf. Szintigrafie
Gegen die Beschwerden bekommen Patienten Medikamente. Sollten diese keine Wirkung zeigen, kann nur noch eine Operation oder Radiojodtherapie helfen
Was versteht die Medizin unter Morbus Basedow?
Unter dem Morbus Basedow verstehen Mediziner eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, die zu einer übermäßigen Produktion von Schilddrüsenhormonen führt. Sie ist bei Ärzten auch unter den Begriffen Basedowsche Krankheit, Graves-Krankheit oder Immunhyperthyreose bekannt. Das Immunsystem bildet dabei fälschlicherweise Antikörper, die an Schilddrüsenzellen binden, genauer gesagt an den sogenannten TSH-Rezeptoren. Diese Antikörper werden in der Medizin auch TSH-Rezeptor-Antikörper – kurz „TRAK“ – genannt und führen zu Entzündungen, welche eine Überfunktion der Schilddrüse verursachen. Sie können jedoch auch an andere Gewebestrukturen binden, wie in etwa an dem Gewebe hinter dem Auge, wodurch es zum krankheitstypischen „Basedowschen Glotzauge“ oder endokrinen Orbitopathie kommt. Auch das Bindegewebe am vorderen Unterschenkel kann sich entzünden, was Ärzte als „prätibiale Myxödem“ bezeichnen.
Die Krankheit geht außerdem mit einem schnelleren Herzschlag sowie einer Vergrößerung der Schilddrüse einher. Die körperliche und psychische Belastbarkeit nimmt bei Betroffenen stark ab. Oft leiden sie auch an Nervosität, Schlaflosigkeit sowie Bluthochdruck oder Durchfall. Die Behandlung findet anfangs mit Medikamenten statt. Sollte keine Besserung eintreten, hilft nur noch eine Operation oder radioaktive Therapie.
Wie sehen die Symptome bei Morbus Basedow aus?
Die Krankheit kann sich in Form von unterschiedlichen Beschwerden zeigen, da sich die Schilddrüsenüberfunktion auf zahlreiche Organe auswirken kann. Zudem kommt es oft zu einer Vergrößerung der Schilddrüse sowie der Bildung eines Kropfs oder zu Entzündungen im Bindegewebe der Unterschenkel. Zu den typischen Beschwerden zählen:
- Rastlosigkeit, Zittern, Nervosität und Schlaflosigkeit
- beschleunigter Puls oder Herzrasen sowie Bluthochdruck und Atemnot
- Schweißausbrüche und Hitzeempfindlichkeit
- Durchfall und Gewichtsverlust trotz genügend Essen
- Zyklusunregelmäßigkeiten bis hin zur Impotenz
- Haarausfall
- Osteoporose und Muskelschwäche
Etwa 60 Prozent der Patienten entwickeln zusätzlich eine endokrine Orbitopathie. Dabei quellen die Augen aufgrund einer vermehrten Ansammlung von Fibroblasten (Bindegewebszellen), die von eingewanderten Lymphozyten aktiviert werden, in den Augenmuskeln und im Fettgewebe der Augenhöhlen weiter hervor, weshalb Mediziner dieses Phänomen auch als „Basedowsche Glotzaugen“ (Exophthalmus) bezeichnen. Erste Anzeichen dafür könnten ein Fremdkörpergefühl und Druck im Auge, geschwollene Augenlider, tränende Augen, Schmerzen bei den Augenbewegungen und Lichtempfindlichkeit sein.
Aber Betroffene zeigen nicht nur körperliche, sondern auch seelische Symptome. So neigen viele zu Angstgefühlen und Panikattacken. Zudem sinkt die physische und psychische Belastbarkeit, sodass auf Sport und vermehrte körperliche Belastungen verzichtet werden sollte.
Welche Ursachen hat Morbus Basedow?
Die genaue Ursache ist bis heute nicht geklärt, jedoch gehen Mediziner davon aus, dass sowohl genetische als auch psychosoziale Faktoren, emotionaler Stress, Umwelteinflüsse und Mechanismen des Immunsystems eine Rolle bei der Entstehung spielen. Zudem vermuten Ärzte, dass Morbus Basedow mit anderen Autoimmunerkrankungen wie in etwa Diabetes, der Weißfleckenkrankheit oder Morbus Addison, eine Erkrankung der Nebenniere, auftreten kann.
Bei der Krankheit bildet das Immunsystem aus noch nicht definierten Gründen Antikörper gegen die sogenannten TSH-Rezeptoren. TSH ist ein Hormon aus der Hirnanhangsdrüse und hat die Aufgabe, die Hormonproduktion der Schilddrüse bei Bedarf anzukurbeln. Ist der Hormonspiegel dann hoch genug, wird die Produktion vom Körper im Normalfall wieder gedrosselt. Die Autoantikörper stimulieren die Produktion der Schilddrüsenhormone T3 und T4, wodurch es zu einer Schilddrüsenüberfunktion kommt. Die überschüssigen Hormone werden über das Blut im Körper verteilt und führen zu einem verstärkten Stoffwechsel. Dies kann zahlreiche Beschwerden auslösen. Zudem können die Antikörper auch das Wachstum der Schilddrüse stimulieren, sodass ein Kropf entstehen kann.
Wie verläuft die Krankheit?
Anfangs kann die Krankheit unbemerkt verlaufen und Symptome wie Gewichtsverlust oder eine beschleunigte Verdauung sogar als angenehm empfunden werden. Im weiteren Verlauf werden die Beschwerden aber immer stärker und können zu großen Einschränkungen führen. Du leidest an Herzrasen, unter Muskelschwäche und schwitzt viel, kannst nicht schlafen, bist nervös und fühlst Dich weniger belastbar. Bei einigen Patienten kommen noch Augenbeschwerden hinzu.
Während der Erkrankung solltest Du vor allem Dein Herz-Kreislauf-System schonen, da es ansonsten zu Folgeschäden kommen kann. Ein Kinderwunsch sollte bis mindestens sechs Monate nach erfolgreicher Behandlung verschoben werden. Bei einer bestehenden Schwangerschaft bekommen Patienten Medikamente, die dem Ungeborenen nicht schaden können. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind jedoch notwendig, da die Medikamente bei Bedarf angepasst werden müssen.
Nur cirka 50 Prozent der Erkrankten genesen nach einer medikamentösen Therapie vollständig. Bei den restlichen Fällen kommt es oft zu Rückfällen, weshalb Ärzte dann eine Entfernung des Schilddrüsengewebes empfehlen. Patienten müssen anschließend ihr Leben lang Schilddrüsenhormontabletten nehmen und regelmäßig zu Kontrollen gehen. Bei einer gut eingestellten Schilddrüsenfunktion ist deren Lebensqualität aber nicht beeinträchtigt.
Wie diagnostiziert der Arzt Morbus Basedow?
Für eine Diagnose führt der Arzt ein ausführliches Anamnesegespräch mit Dir durch. Bei weiteren Krankheitsfällen in der Familie und Verdacht auf Morbus Basedow tastet der Mediziner Deine Schilddrüse ab, um eventuelle Vergrößerungen festzustellen. Zur weiteren Basisdiagnose gehören eine Ultraschalluntersuchung und eine Untersuchung Deines Blutes im Labor. Dort bestimmt der Arzt Deine Schilddrüsenwerte und sieht nach, ob diese erhöht sind. Zudem bestätigt der Nachweis von TSH- Rezeptor- Autoantikörpern (TRAK) den Morbus Basedow.
Ein weiteres bildgebendes Verfahren, welches Ärzte für die Diagnose anwenden, ist die Szintigrafie. Dabei spritzt der Spezialist Dir radioaktiv markierte Stoffe in den Körper und untersucht Deine Schilddrüse mittels einer Gammakamera. Diese Methode eignet sich vor allem für die Darstellung der Schilddrüsenüberfunktion beziehungsweise eines vermehrten Stoffwechsels.
Wer ist am häufigsten davon betroffen?
Morbus Basedow ist die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion. Grundsätzlich kann die Erkrankung in jedem Alter auftreten, wobei Menschen zwischen dem 30. und dem 40. Lebensjahr vermehrt betroffen sind. In Ländern mit ausreichender Jodversorgung liegt die Neuerkrankungsrate bei einem auf 1000 Einwohnern. Auffallend ist auch, dass Frauen etwa achtmal häufiger daran erkranken und mehr als ein Drittel der Patienten unter 35 Jahre alt ist. Bei Kindern ist die Krankheit sehr selten und verläuft meist ohne Augenbeteiligung. Innerhalb von Familien lässt sich ein gehäuftes Vorkommen feststellen, wobei kein typischer Erbgang bekannt ist. Oft finden sich in diesen Familien auch einige Hashimoto-Thyreoiditis-Fälle.
Welche Folgen hat Morbus Basedow für die Patienten?
Betroffene sollten auf eine jodarme Ernährung achten und das Rauchen stoppen. Weiters sollten sich Patienten nicht körperlicher anstrengen und Stress vermeiden, da ihr Herz-Kreislauf-System durch die Krankheit sehr belastet wird. Sollte eine Operation oder eine Radiojodtherapie notwendig sein, müssen sie ein Leben lang Schilddrüsenhormontabletten einnehmen.
Welche Behandlungsmethoden gibt es?
Zu Beginn der Behandlung versuchen Ärzte die Krankheit mit Medikamenten zu bekämpfen, welche die Schilddrüsenfunktion drosseln. Dabei setzen sie meist Thyreostatika über einen Zeitraum von zwölf bis 18 Monaten ein. Zusätzlich müssen Patienten zur Senkung des Herz-Kreislauf-Systems Betablocker nehmen. Eine übermäßige Jodeinnahme sollte vermieden werden. Selten kommt es jedoch zu Nebenwirkungen wie Fieber, Halsschmerzen oder allergischen Reaktionen. Zudem können auch gefährliche Begleiterscheinungen wie eine massive Verringerung der weißen Blutkörperchen, sogenannte Leukozyten, oder eine Schädigung der Leber auftreten.
Sollte die medikamentöse Therapie keine Wirkung zeigen, raten Ärzte zu einer Radiojodtherapie oder einer operativen Entfernung der Schilddrüse. Der Nachteil beider Methoden wäre, dass Du Dein Leben lang Schilddrüsenhormontabletten nehmen musst, da sowohl die Entfernung der Schilddrüse als auch die verabreichte Kapsel mit radioaktivem Jod-131 zu einer Unterfunktion führen.
Bei einer endokrinen Orbitopathie behandelt Dich Dein Arzt über mehrere Wochen mit Kortisoninfusionen. Eine Radiojodtherapie verschlechtert im Normalfall die Augenerkrankung, weswegen der Arzt individuell über den weiteren Therapieverlauf entscheiden muss. Gegebenenfalls kommen auch verschiedene operative Verfahren zur Ergänzung infrage. Auf Rauchen solltest Du auf jeden Fall verzichtet, da Nikotin die Beschwerden verschlimmert.
Was kann ich tun, um die Heilung zu verbessern?
Grundsätzlich solltest Du mit dem Rauchen aufhören und auf größere Mengen Jod verzichten. Weiters solltest Du körperliche und emotionale Anstrengungen vermeiden und Deine Kontrolltermine einhalten. Bei Augenproblemen verzichte bei sonnigen, windigen oder extremen Wetterbedingungen auf längere Aufenthalte draußen. Aufgrund des beschleunigten Herzschlags solltest Du auch weitgehend auf Koffein verzichten.
Welche Risiken und Komplikationen können auftreten?
Bei manchen Patienten zeigen sich aufgrund der Medikamente Nebenwirkungen, die in seltenen Fällen auch gefährlich werden und zu Schädigungen des Blutes und der Leber führen können. Bei einem chirurgischen Eingriff besteht die Gefahr, dass es zu einer Verletzung Deine Stimmbänder kommt und Du vorübergehend oder lebenslang an Heiserkeit leidest. Auch die Nebenschilddrüsen könnten verletzt werden. Da sie für den Kalziumhaushalt im Körper zuständig sind, müsstest Du nach der Operation Kalziumtabletten einnehmen. Diese Komplikationen treten jedoch sehr selten auf, da die Operation von Fachleuten heutzutage sehr schonend durchgeführt wird.
Kann ich Morbus Basedow vorbeugen?
Da die tatsächlichen Ursachen bis heute nicht geklärt wurden, kannst Du Morbus Basedow nicht effizient vorbeugen. Jedoch kannst Du das Erkrankungsrisiko senken, indem Du auf Rauchen verzichtest und Stress vermeidest. Dafür helfen diverse Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga, spezielle Atemtechniken oder progressive Muskelentspannung.
Übernehmen die Krankenkassen die Kosten?
Dein Versicherungsträger übernimmt alle notwendigen Kosten, die für eine Untersuchung, Diagnose und Therapie anfallen. Sollte die Behandlung im Krankenhaus stattfinden, können Teilbeträge anfallen. Informationen dazu findest Du auf den jeweiligen Krankenhaus-Websites. Eine Therapie bei einem Wahlarzt musst Du anfangs selbst bezahlen und bekommst erst nach Einreichung der Rechnung bei Deiner Krankenkasse einen Teilbetrag zurück. Die Höhe erfährst Du bei Deinem Versicherungsträger.
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Der Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Sie wurde nach ihrem Entdecker, dem deutschen Arzt Carl von Basedow, benannt, welcher im Jahr 1840 den Begriff „Merseburger Trias“ für die drei wichtigsten Symptome der Krankheit definierte: Dazu zählen eine vergrößerte Schilddrüse, eine erhöhte Herzfrequenz und hervortretende Augen, die im Volksmund auch Glupsch- oder Glotzaugen genannt werden. Aufgrund der Bildung von Antikörpern gegen die Schilddrüse, kommt es zu Entzündungen, die zu einer vermehrten Produktion von Schilddrüsenhormonen anregen. Weltweit ist Morbus Basedow die häufigste Ursache einer Schilddrüsenüberfunktion und betrifft hauptsächlich Menschen im mittleren Alter. Frauen sind deutlich öfter von der Krankheit betroffen. Da die Beschwerden recht vielseitig sind, gibt es auch verschiedene Therapiemöglichkeiten.
AUTOR
Dr. med. Benjamin Gehl
Medizinischer Experte
CO-AUTOR
Leonie Müller
Online-Redaktion
Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.
Zuletzt aktualisiert: 8. September, 2023