Klaustrophobie (Raumangst)
Das Wichtigste zusammengefasst
Bei der Klaustrophobie handelt es sich um eine Angststörung. Die Angst davor, einen Ort nicht verlassen zu können, kann sich verselbstständigen und immer schlimmer werden. Das Leben der Betroffenen wird dadurch immer weiter eingeschränkt, da sie immer mehr Situationen meiden.
Die genaue Situation, die Ängste auslöst, kann sich von Person zu Person unterscheiden, ebenso die Symptome und deren Schwere: Das kann von schwitzigen Händen bis zu Ohnmachtsanfällen reichen. In schlimmen Fällen ist die Klaustrophobie als Angststörung auch mit einer Panikstörung verbunden.
Die Ursachen sind nicht klar, aber wohl psychischer Natur. Es gibt ebenso vor allem Therapien, die auf der mentalen Ebene ansetzen und dem Patienten helfen, mit der Angst umzugehen.
Die Klaustrophobie wird oft als Unterform der Agoraphobie gesehen. Die beiden Angststörungen teilen sich viele Symptome und kommen oft zusammen vor. Beiden ist die Angst vor dem Kontrollverlust gemeinsam sowie das Vermeiden der entsprechenden Orte, aber auch das Vermeiden der Ängste an sich.
ICD-10-GM-2020 F40.01
Was ist eine Phobie?
„Phobos” ist griechisch für Angst. Das in der Medizin oft als Suffix verwendete „Phobie“ bezeichnet eine anhaltende übertriebene Reaktion auf bestimmte Stimuli oder Erwartungen in Form einer Angststörung. Das führt dazu, dass die Situation, die mit der Phobie verbunden wird, mit außerordentlichem Aufwand vermieden wird. Obwohl Phobien psychische Krankheiten sind, kann es auch physische Symptome wie Ohnmachtsanfälle geben.
Phobien kommen selten allein. So leiden etwa drei Viertel aller mit Phobien Belasteter unter mehr als nur einer Angststörung. Die Klaustrophobie ist eine spezifische (isolierte) Phobie, also eine unangemessene Angst vor einem bestimmten Ding. Sehr viele Menschen leiden unter zumindest einer spezifischen Phobie, wie zum Beispiel der Arachnophobie, der Angst vor Spinnen.
Was versteht die Medizin unter Klaustrophobie?
Bei der Klaustrophobie handelt es sich um eine spezifische Angststörung, die sich als Angst vor dem Eingesperrtsein (oder dem empfundenen Eingesperrtsein), vor langen Aufhalten in engen, geschlossenen Räumen oder in größeren Menschenmengen definiert. Der umgangssprachliche Ausdruck „Platzangst“ wird medizinisch eher für die Agoraphobie verwendet. Die Agoraphobie ist eine häufige Komorbidität der Klaustrophobie und wird oft als ein Oberbegriff verwendet.
Wie sehen die Symptome einer Klaustrophobie aus?
Wie alle Phobien äußert sich die Klaustrophobie in einem unangemessen starken Angstgefühl bei Konfrontation mit dem angstbesetzten Stimulus – in diesem Fall engen, geschlossenen Räumen. Bist Du von Klaustrophobie betroffen, bemerkst Du wahrscheinlich eine eintretende Angst, eventuell sogar Panik davor, aus einem Raum nicht mehr herauszukommen oder dass Dir die Luft ausgehen könnte – beide Formen treten auf.
Obwohl häufig das Wissen bei Betroffenen vorhanden ist, dass ihnen nichts Schlimmes passieren kann, gelingt es ihnen meist nicht, die Angst zu kontrollieren. Im Extremfall äußert sich die Klaustrophobie in einer Panikattacke, in welcher der Körper in einen Alarmzustand versetzt wird: Du spürst dann vielleicht, dass Dein Herz zu rasen beginnt, Du Schweißausbrüche und Atemnot bekommst und eventuell hyperventilierst.
Diese extreme Angstreaktion kommt oft unerwartet – scheinbar aus heiterem Himmel – und ist für Betroffene nicht nur per se belastend, sondern wird auch als Gefahr für die Gesundheit wahrgenommen. Denn die Symptome verstärken sich oft gegenseitig und verschlimmern das psychische wie körperliche Leiden. Die Panikattacken können so stark sein, dass sie den Betroffenen in Todesangst versetzen.
Geringere Symptome, die gar nicht mit einer bestimmten Angst in Verbindung gebracht werden müssen, gibt es auch. Diese sind ein erhöhter Puls, Atemschwere, Schweißbildung oder Magenprobleme.
Wie hängen die Klaustrophobie und die Panikstörung zusammen?
Auch eine Panikstörung ist eine Angststörung. Die Angststörungen Klaustrophobie und Panikstörung treten oft gemeinsam auf. Bei Letzterer handelt es sich um Angstanfälle ohne offensichtlichen Grund. Bei der Panikstörung führt dies zu Panikattacken. Es gibt aber auch abgeschwächte, bisweilen einzeln auftretende Symptome, die der körperlichen Reaktion der Klaustrophobie ähneln wie Hyperventilation, Erstickungsgefühle, Schweißausbrüche und Herzrasen.
Ist der Grund für die Panikattacke die Angst vor Enge oder Eingesperrtsein, dann hängen beide psychischen Erkrankungen zusammen. Die Klaustrophobie muss aber nicht zu einer Panikstörung führen und die Panikstörung kann auch andere oder gar keine bekannten Ursachen haben.
Was ist der Unterschied zwischen Klaustrophobie und Agoraphobie?
Die beiden Angststörungen teilen sich viele Symptome und kommen oft zusammen vor. Die Klaustrophobie wird oft als Unterform der Agoraphobie gesehen. Die Agoraphobie bezeichnet die Angst vor bestimmten Orten oder Panikattacken an bestimmten Orten. Das können Menschenmengen an weiten, offenen Orte oder eben auch enge, abgeschlossene Räume sein. Den beiden Phobien ist die Angst vor dem Kontrollverlust gemeinsam sowie das Vermeiden der entsprechenden Orte, aber auch das Vermeiden der Ängste an sich.
Wie ist der Verlauf einer Klaustrophobie?
Die Klaustrophobie fängt meisten harmlos an. Zum Beispiel fängst Du als Betroffener an, bestimmte unangenehme Situationen, vielleicht zunächst unbewusst, zu vermeiden. Dieser Selbstschutz verschlimmert oft die Krankheit: Durch die Angst vor bestimmten Situationen und Orten schränkst Du Dich selber immer weiter ein und aus Sorge, nur an bestimmte Situationen denken zu müssen, wird der Alltag immer begrenzter, und der eigene Aktionsradius wird kleiner. Dies kann in einer selbstverstärkenden Isolation enden.
Nicht immer muss sich das Krankheitsbild aber weiter verschlimmern. Nicht wenige Menschen mit einer Klaustrophobie meiden die angstmachende Situation, wodurch sie sich in ihrem Alltag nicht eingeschränkt fühlen und somit keiner Therapie bedürfen.
Was sind die Ursachen einer Klaustrophobie?
Die Ursachenforschung ist sich nicht sicher, was die Klaustrophobie hervorrufen könnte. Eine mögliche Ursache liegt in der genetischen Veranlagung. Allerdings gibt es unterschiedliche spekulierte Gründe und viele Risikofaktoren. So können traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit eines Betroffenen ein möglicher Auslöser sein.
Wurde man zum Beispiel in der Schule als Strafe oder von Mitschülern eingesperrt oder in enge Ecken gedrängt, kann das den Auslöser für die sich später darstellende Angststörung darstellen. Aber auch Traumata wie Trennungen oder Verluste kommen in Betracht. Das kann zum Beispiel ein Fahrstuhlunfall sein oder der Tod eines nahestehenden Menschen. Es ist noch unklar, warum solche Ereignisse bei manchem Menschen psychische Störungen hervorrufen und bei anderen nicht.
Liegt das Ereignis in der jüngeren Vergangenheit, ist eine traumatische Ursache nicht so klar von einer psychischen Ursache zu trennen. Ebenso kommen nämlich psychische Ursachen in Betracht: Mentale Überforderung erhöht das Risiko, an der Angststörung zu erkranken. Zum Beispiel kann man sich durch Leistungsdruck oder in menschlichen Beziehungen bildlich eingeengt fühlen, was sich dann unterbewusst in dieser realen Angst vor engen Situationen äußert.
Schließlich muss nicht immer ein Auslöser vorhanden gewesen sein, in manchen Fällen entwickelt sich die Klaustrophobie schleichend, ohne dass sich ein bestimmtes Erlebnis oder ein psychischer Zustand als Ursache festmachen lässt. Die Ursachenfindung sowie Behandlung gestalten sich hier besonders schwer.
Wer ist am häufigsten von Klaustrophobie betroffen?
Laut wissenschaftlichen Studien ist die Klaustrophobie sehr weit verbreitet: Bis zu einem Zehntel aller Menschen leiden unter einer mehr oder minder schlimmen Ausprägung davon. Frauen sind insgesamt zweimal häufiger betroffen als Männer.
Wann sollte ich bei einer Klaustrophobie einen Arzt aufsuchen?
Während die Krankheit recht weit in der Bevölkerung verbreitet ist, ist es für die meisten Menschen nicht zwingend notwendig, sich in Behandlung zu geben, da die Klaustrophobie nur in ganz speziellen Situationen auftritt und keinen Einfluss auf das tägliche Leben des Betroffenen hat.
Allerdings kann die Klaustrophobie auch einen Grad erreichen, der eine Behandlung erforderlich macht. Das ist erreicht, sobald die Klaustrophobie massiv in den Alltag, das Verhalten und Leben eingreift – zum Beispiel das reguläre Wahrnehmen von Terminen, das Sozialleben oder die Arbeit stört. Grundsätzlich gilt, je früher die Störung behandelt wird, desto besser lässt sie sich in den Griff bekommen und desto weniger Komorbiditäten und psychische Belastungen entwickeln sich.
Wie diagnostiziert der Arzt Klaustrophobie?
Für die Diagnose sind Symptome und deren Dauer ausschlaggebend. So wird erst die Angststörung an sich diagnostiziert und mittels der genauen Symptome und in welchen Situationen sie auftreten die spezifische Angststörung. Der Unterschied zwischen Angst und der Angststörung ist, dass die Angststörung sich auf das Leben auswirkt und der Betroffene sein Leben an sie anpassen muss.
Der erste Ansprechpartner im Fall von irrationalen Ängsten kann Dein Hausarzt sein, welcher zunächst versucht, körperliche Ursachen auszuschließen. Dazu kann er beispielsweise Deine Blutwerte erfassen, Deine Schilddrüse mit einem Ultraschall untersuchen oder ein EKG anlegen. Auch der MRT-Scan Deines Gehirns gehört ins Repertoire, um infrage kommende körperliche Ursachen für die Angstzustände abzudecken, bereitet aber gerade Patienten mit Klaustrophobie enorme Schwierigkeiten. Findet sich keine körperliche Ursache, welche Deine Symptome erklärt, leitet Dich der Arzt vermutlich zu einem Therapeuten weiter.
Der Therapeut kann zu einem Klaustrophobie-Fragebogen greifen, um sich selbst eine bessere Idee von Deinem Störungsbild zu machen. In diesem Fragebogen sind verschiedene Fragen zu Symptomen der Störung aufgelistet. Zudem kann der Therapeut auch überprüfen, ob sich Komorbiditäten, also weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen zeigen.
Wie lässt sich die Klaustrophobie behandeln?
Die Konfrontationstherapie zusammen mit einer Verhaltenstherapie ist die wirksamste Methode, eine Klaustrophobie zu behandeln. Mit einer Psychotherapie kann diese Form der Angststörung in der Regel sehr gut in den Griff bekommen, manchmal sogar ganz geheilt werden. Es gibt verschiedene Therapie, die Dir als Betroffenen helfen, mit der Klaustrophobie umzugehen:
Mittels einer Verhaltenstherapie kann ein Gefühl der Normalität in das Leben einkehren. Dies gelingt, indem Dein Therapeut mit Dir gemeinsam die kognitiven Ursachen der Störung erforscht und bearbeitet. Das heißt, es gilt herauszufinden, welche Denkmuster die Ängste aufrechterhalten und wie man sich durch Training bewusst von diesen lösen kann.
Konfrontationstraining: In dieser Therapie lernt der Betroffene nicht nur mit der Angst zu leben, sondern sich ihr auch zu stellen. Dabei wirst Du aufgefordert, Dich bewusst in eine für Dich emotional sehr stressige Situationen zu begeben. Das Ziel ist, diese Situationen durch schrittweise Annäherung an den angstbesetzten Reiz wieder als normal und sicher erleben zu können. Du lernst also, dass der Aufenthalt in einem geschlossenen beziehungsweise engen Raum nicht gefährlich ist. Dieser Ansatz wird auch als der „lerntheoretische“ bezeichnet.
Psychologische Behandlung: Gibt es unergründete Ursachen wie Stress oder traumatische Erfahrungen, können diese auf verschiedenste Weise therapeutisch verarbeitet werden. Man kann hier auch vom „psychoanalytischen“ Ansatz sprechen, wenn man davon ausgeht, dass innere Konflikte in der Klaustrophobie ausgedrückt werden.
Angewandte Entspannung ist eine Technik, bei der der Patient lernen soll, sich in angstauslösenden Situationen schlagartig zu entspannen. Die Wirkung wird dadurch erzielt, dass Entspannung und Angst sich gegenseitig ausschließen. Diese Methode basiert auf Jacobsons progressivem Muskeltonus.
Bei sehr großer Angst kann Dein Therapeut Dir auch Medikamente verschreiben. Am häufigsten kommen dabei selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) zum Einsatz. Für die akute Intervention stehen dem Arzt Benzodiazepine zur Verfügung, da sie eine beruhigende Wirkung haben. Diese dürfen jedoch nur kurzfristig eingenommen werden, da sie abhängig machen können. Für eine Langzeittherapie verschreiben Ärzte oftmals Antidepressiva.
Was kann ich selbst bei einer Klaustrophobie machen?
Lässt sich der Kontrollverlust vorbeugen, kann es helfen, sich bewusst mit der Angst auseinanderzusetzen. Es gilt, sich dem Teufelskreis aus Vermeidungsstrategien und Kontrollverlust zu entziehen.
Bei Todesangst und Panikattacken oder schlimmen körperlichen Symptomen sollte man sich aber mit einem Therapeuten der Angst stellen und eine Behandlungsmöglichkeit suchen.
Entscheidend für den langfristigen Therapieerfolg ist auch, dass Du Dich regelmäßig, auch nach Beendigung der Therapie den einstmals angstbesetzten Situationen aussetzt und Dir somit die Chance gibst, diese als „normal“ zu erleben. Selbstverständlich können dabei immer wieder Angstgefühle aufflackern, umso öfter man sich diesen stellt, desto weniger stark wirken sie sich aus.
In Selbsthilfegruppen triffst Du auf Menschen mit derselben oder ähnlichen Angststörungen. Diese Form der Therapie hilft Betroffenen oft unterstützend, da sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und sich gegenseitig unterstützen können.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung der Agoraphobie?
Die Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten für die Diagnose und Therapie einer Klaustrophobie. Je nach Behandlung und Spezialisten, der die Behandlung durchführt, können Kosten anfallen, die Deine Krankenversicherung nicht deckt. Für die einzelnen Leistungen und Bestimmungen solltest Du Dich bei Deiner Versicherung informieren und mit den behandelnden Ärzten, Psychologen oder Therapeuten sprechen.
Bitte beachte, dass sämtliche zur Verfügung gestellten Inhalte zu den einzelnen Behandlungen, Abläufen, Preisen etc. generelle Informationen sind und je nach Ärzt*in und individuellem Fall und Ausgangslage variieren können.
Für genauere Auskünfte frag bitte direkt bei dem/der von Dir ausgewählten Ärzt*in an.
Hast Du Angst oder verfällst beim Aufenthalt in kleinen Räumen sogar regelrecht in Panik? Du hast das Gefühl, dass Dir in geschlossenen Räumen die Decke auf den Kopf fällt und eine Aufzugfahrt ist auch dann die schlechtere Wahl, wenn es in den 8. Stock geht? Dies können Symptome einer psychischen Erkrankung sein, welche als Klaustrophobie diagnostiziert wird. Im Volksmund spricht man meist von Raumangst oder Platzangst, wobei Agoraphobie der psychologisch korrekte Begriff für Platzangst ist. Auch wenn viele Menschen mit einer kaum ausgeprägten Form der Klaustrophobie gut leben können, kann sich die Angst verselbstständigen und große Teile des Lebens vereinnahmen und die Bewegungsfreiheit von Betroffenen stark einschränken. Denn in sehr ausgeprägter Form müssen beispielsweise die Fenster immer offen stehen und das Einkaufen im vollen Supermarkt kann zu einer unüberwindlichen Hürde werden. Die gute Nachricht ist, dass sich die Klaustrophobie mittels Therapien und einem bewussten Lebensstil recht gut in den Griff bekommen lässt.
AUTOR
Dr. med. Benjamin Gehl
Medizinischer Experte
CO-AUTOR
Leonie Müller
Online-Redaktion
Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.
Zuletzt aktualisiert: 7. Juli, 2023