Bipolare Störung

Stimmungsschwankungen sind uns allen bekannt. Sie sind Bestandteil unseres täglichen Lebens. Einen Krankheitswert erreichen sie allerdings dann, wenn sie das übliche Ausmaß deutlich überschreiten und ohne äußeren Anlass auftreten. Menschen mit einer bipolaren Störung leiden unter schweren Stimmungsschwankungen zwischen Euphorie (Manie) und Depression, die in Extremfällen erhebliche Gefahren für den Erkrankten und dessen Bezugspersonen mit sich bringen können.


AUTOR

Medizinischer Experte

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Online-Redaktion

Dieser Text wurde nach höchsten wissenschaftlichen Standards verfasst und von Medizinern geprüft.


Zuletzt aktualisiert: 30. Mai, 2023



Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

Bei einer bipolaren Störung schwankt die Stimmung des Betroffenen zwischen manischen und depressiven Phasen


Die Ursachen für die Entstehung einer bipolaren Störung sind nicht genau geklärt und der Verlauf der Erkrankung ist individuell unterschiedlich


Es gibt fünf Formen der Erkrankung: Bipolar-I-Störung, Bipolar-II-Störung, Zyklothymie, Mischzustände und Rapid Cycling


Die Behandlung einer bipolaren Störung besteht häufig aus einer Kombination von Medikamenten und Psychotherapie

ICD-10-GM-2020 F31

Was versteht die Medizin unter einer bipolaren Störung?

Eine bipolare Störung ist eine schwere psychische Erkrankung, bei der die Betroffenen zwischen lang anhaltenden Stimmungsextremen hin und her pendeln. Erkrankte Personen erleben ein ständiges Auf und Ab der Gefühle: Einerseits können sich die Betroffenen sehr niedergeschlagen fühlen, andererseits können sie sehr euphorisch, aufgedreht und hyperaktiv wirken und sich leicht überschätzen.
 
Eine bipolare affektive Störung zeigt sich also durch sich abwechselnde gedrückte (depressive) und euphorische (manische) Stimmungen der Betroffenen. Früher bezeichneten Spezialisten sie als „manisch-depressive Erkrankung“. Im Unterschied zu einer Depression treten bei einer bipolaren Störung neben depressiven Phasen auch manische, also euphorische Phasen auf. Die Betroffenen erleben sehr starke Stimmungsschwankungen, für die es meist keinen Auslöser gibt. Jeder zweite Erkrankte leidet zusätzlich an psychischen Beschwerden wie Angst-, Zwangs- und Suchterkrankungen, an Persönlichkeitsstörungen oder an einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Euphorische Stimmungsphasen mit großer Euphorie, Energie und Selbstüberschätzung können sehr plötzlich in depressive Phasen umschlagen, in denen der Betroffene sehr niedergeschlagen und antriebslos ist, weshalb häufig auch der Begriff „manische Depression“ verwendet wird.
 
Eine bipolare Störung macht sich durch extreme Stimmungsschwankungen bemerkbar

Wie sehen die Symptome einer bipolaren Störung aus?

Die Symptome einer bipolaren Störung wechseln zwischen depressiven Phasen und manischen (euphorischen) Phasen mit übersteigertem Hochgefühl, ausgeprägtem Risikoverhalten, Größenwahn und Halluzinationen. Die Phasen von Manie und Depression wechseln einander ab, bei manchen Patienten können auch mehrere Monate oder sogar Jahre zwischen depressiven und manischen Schüben vergehen. Dazwischen ist ihre Stimmungslage eher ausgeglichen, wobei etwa 20 Prozent der Betroffenen ausschließlich manische und gar keine depressiven Phasen erleben. Bei mehr als 50 Prozent der betroffenen Personen beginnt die Erkrankung mit einer depressiven Phase. Erst im weiteren Krankheitsverlauf treten manische und leicht manische, sogenannte hypomane Phasen auf.
 
Depressive und manische Phasen einer bipolaren Störung weisen unterschiedliche Symptome auf:
 
Die Symptome der depressiven Phase sind dem Krankheitsbild einer Depression sehr ähnlich. Zu den Hauptsymptomen gehören unter anderem eine gedrückte Stimmung des Betroffenen, Verlust von Interesse und Freude, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen – vor allem Durchschlafstörungen in der zweiten Nachthälfte – Konzentrations- und Denkstörungen, Schuldgefühle, Selbstzweifel und Suizidgedanken.
 
Zusätzlich kann sich die depressive Phase einer bipolaren Störung durch äußere Symptome zeigen. Dabei wird die Mimik der Betroffenen während eines depressiven Schubs eher starr und ausdruckslos. Sie sprechen meist leise und ihre Antworten kommen verzögert.
 
Außerdem treten in der depressiven Phase diverse körperliche Symptome auf. Dabei verspürt der Betroffene keinen Appetit, was häufig in deutlichem Gewichtsverlust resultiert. Oft können auch Schmerzen an unterschiedlichen Körperstellen auftreten. Häufige Beschwerden sind außerdem Atemnot, Herzbeschwerden, Magen- und Darmprobleme sowie Schwindel, Kopfschmerzen und Erektionsstörungen.
 
In der manischen Phase einer bipolaren Störung schlägt die zuvor depressive Stimmungslage komplett um. Diese Phase ist nicht immer leicht erkennbar, da der Betroffene zunächst nur aktiver und positiver erscheint als in der depressiven Phase. Teilweise kann es auch bei einer abgeschwächten Ausprägung der Manie bleiben. Spezialisten bezeichnen dies als Hypomanie.
 
Zu den Symptomen der manischen Phase zählt Überaktivität des Betroffenen. Dabei kann die gute Stimmung extreme Ausmaße annehmen, wobei der Betroffene ohne Anlass übermäßig heiter und gereizt ist. Außerdem verspürt der Betroffene häufig ein vermindertes Schlafbedürfnis und vermehrten Rededrang.
 
Häufig kommt es außerdem zu einem erheblichen Verlust des Realitätsbezuges, wobei der Betroffene zu Selbstüberschätzung und leichtsinnigem Verhalten tendiert. Dies zeigt sich unter anderem durch bedenkenloses Ausgeben von Geld. Oft beginnt der Betroffene auch überdimensionale Projekte, die ihm finanzielle oder rechtliche Probleme bereiten könnten. Außerdem gehen in vielen Fällen soziale Hemmungen verloren, wobei der Betroffene oft willkürlich fremde Leute anspricht und zu einem offenem Flirt- und Sexualverhalten neigt.
 
Experten identifizieren außerdem Größenwahn als Symptom der manischen Phase einer bipolaren Störung. Wird das übersteigerte Selbstbewusstsein zum Größenwahn und leidet der Betroffene unter Halluzinationen, so handelt es sich um eine Manie mit psychotischen Symptomen. Oft glauben Erkrankte dann beispielsweise, großartige Fähigkeiten zu haben, berühmt zu werden oder die Welt verändern zu können.

Wie grenzt sich die bipolare Störung von anderen Erkrankungen ab?

Bei einer bipolaren Störung wechseln die Phasen der Manie und Depression einander ab. In manchen Fällen können sogar mehrere Monate oder Jahre zwischen einer depressiven und manischen Phase liegen. Zwischen den einzelnen Phasen ist die Stimmungslage des Betroffenen eher ausgeglichen.
 
Im Unterschied dazu zeichnen sich andere Erkrankungen durch folgende Krankheitsbilder aus:
 
Schizophrenie
Schizophrenie kann eine gravierende psychische Erkrankung sein, wenn sie nicht frühzeitig erkannt wird. Sie gehört zu den endogenen Psychosen. Fachärzte bezeichnen Psychosen als Krankheitsbilder, die mit Realitätsverlust, Wahnvorstellungen, Störungen des Denkens, der Sprache und der Gefühlswelt verbunden sind und „von innen“ heraus, also ohne körperliche Ursachen und begründbaren Zusammenhang entstehen.
 
Depression
Eine Depression zeigt sich durch eine anhaltende gedrückte Stimmung, eine Hemmung von Antrieb und Denken, Interessenverlust sowie durch vielfältige körperliche Symptome (Schlaflosigkeit, Appetitstörungen, Schmerzzustände).
 
Wenn Depressionen wiederholt auftreten, spricht man von einer wiederkehrenden oder rezidivierenden Erkrankung mit unipolarem Verlauf. Unipolar bedeutet hier, dass nur depressive Episoden, aber keine euphorischen Phasen auftreten.
 
Manchmal ist es nicht so einfach eine bipolare Störung von anderem psychischen Erkrankungen zu unterscheiden
 
Paranoia
Menschen mit einer paranoiden Persönlichkeitsstörung nehmen ihre gesamte Umwelt als feindselig wahr und verhalten sich daher oft gereizt und aggressiv. Sie gehört zu den schwersten Persönlichkeitsstörungen überhaupt, da erkrankte Personen oft auch ihre Therapeuten als „Feinde“ wahrnehmen, was eine Behandlung erheblich erschwert.
 
Borderline
Eine Borderline-Störung zeigt sich durch impulsive und instabile Emotionen und Stimmungen, Identität und zwischenmenschliche Beziehungen. Menschen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, fühlen sich innerlich zerrissen, haben ein gestörtes Selbstbild und eine gestörte Körperwahrnehmung. Sie leiden unter massiven Ängsten vor dem Alleinsein und instabilen Beziehungen.

Welche Formen der bipolaren Störung gibt es?

Experten unterteilen die bipolare Störung in folgende Formen:
 

  • Bei der Bipolar-I-Störung treten depressive und manische Phasen abwechselnd auf.
  • Bei der Bipolar-II-Störung treten zwischen depressiven Phasen nur leicht manische (hypomane) Phasen.
  • Zyklothymia zeigt depressive und manische Phasen in stark abgeschwächter Form, die über mindestens zwei Jahre chronisch und häufig abwechselnd auftreten. Der Leidensdruck der Betroffenen ist hier oft so gering, dass sie nur selten einen Arzt aufsuchen.
  • Bei Mischzuständen zeigt der Betroffene gleichzeitig Symptome einer manischen und depressiven Phase oder die einzelnen Episoden treten rasch hintereinander auf. Jene Form der bipolaren Störung ist mit großem Leiden verbunden und weist eine hohe Suizidgefahr auf. Denn negative Gedanken und Gefühle lassen die betroffene Person verzweifeln, während manische Gefühle als Energie-treibend wirken. Dies ist insofern gefährlich, da Suizidgedanken so aus einem Impuls heraus in die Tat umgesetzt werden könnten.
  • Rapid Cycling ist ein schneller Wechsel der Phasen, wobei innerhalb von zwölf Monaten meistens vier (oder mehr) Episoden der Manie, der Hypomanie oder der Depression vorkommen. Fachärzte sprechen von Ultra Rapid Cycling, wenn der Phasenwechsel innerhalb von Tagen stattfindet. Rapid Cycling ist eine sehr komplizierte Form der Erkrankung, da die klassischen Medikamente durch die schnell wechselnden Episoden nicht ausreichend wirken können. Insgesamt weisen 15 bis 20 Prozent der Betroffenen eine derartige Form der bipolaren Störung auf, wobei Frauen hiervon häufiger betroffen sind als Männer.

Welche Ursachen hat eine bipolare Störung?

Die Ursachen für eine bipolare Störung sind nur teilweise geklärt. Grundsätzlich ist sie sehr stark genetisch veranlagt, wobei auch eine frühkindliche Traumatisierung eine Rolle bei ihrer Entstehung spielen kann. Sie kann allerdings auch durch biologische oder psychosoziale Faktoren bedingt sein.
 
Genetische Ursachen
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass genetische Faktoren an der Entstehung einer bipolaren Störung beteiligt sind. So werden Kinder eines erkrankten Elternteils mit zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit auch manisch-depressiv. Sollten beide Elternteile manisch-depressiv sein, so steigt die Wahrscheinlichkeit auf 50 Prozent. Experten konnten bisher allerdings kein spezifisches Gen als Auslöser der Erkrankung identifizieren.
 
Einfluss der Neurotransmitter (Botenstoffe im Gehirn)
Bei einer bipolaren Störung sind außerdem die Verteilung und Regulation wichtiger Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn der betroffenen Person gestört. Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin sind körpereigene Stoffe, die bestimmte Reaktionen in Deinem Körper und in Deinem Gehirn hervorrufen.
 
In depressiven Phasen zeigen Betroffene einen Mangel an Noradrenalin und Serotonin, während in Phasen der Euphorie die Konzentration an Dopamin und Noradrenalin erheblich erhöht ist. Dein Gehirnstoffwechsel ist also im Fall einer bipolaren Störung nicht im Gleichgewicht. Bei einer medikamentösen Therapie versucht Dein behandelnder Facharzt die Ausschüttung dieser Signalstoffe wieder unter Kontrolle zu bringen.
 
Bei einer bipolaren Störung wechseln sich manische und depressive Phasen ab
 
Psychosoziale Ursachen
Auch individuelle Lebensumstände können an einer bipolaren Störung beteiligt sein. Vor allem Stress und Störungen des Schlaf-wach-Rhythmus können bei genetisch vorbelasteten Menschen zur Entstehung von manisch-depressiven Schüben beitragen.
 
Schwere Krankheiten, Mobbing oder Trennungen sowie Lebensphasen wie die Pubertät bedeuten längere Stressphasen für die betroffene Person. Jeder Mensch empfindet und verarbeitet Stress anders – während einige damit sehr gut umgehen können, sind andere sehr schnell überfordert. Stressauslösende Faktoren wie ein schlimmes Ereignis in der Kindheit, eine kürzliche Scheidung oder der Tod eines geliebten Menschen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer bipolaren Störung.
 
Medikamentöse Ursachen
Außerdem können manche Medikamente die Stimmungslage verändern und im Extremfall eine bipolare Störung auslösen. Dazu zählen unter anderem kortisonhaltige Präparate sowie bestimmte Antiparkinson- und Epilepsie-Medikamente. Aber auch Drogen wie Alkohol, LSD, Marihuana und Kokain identifizieren Fachärzte als Auslöser einer bipolaren Störung.

Wer ist am häufigsten von einer bipolaren Störung betroffen?

Es gibt grundsätzlich keine typischen Persönlichkeitstypen, die besonders häufig unter einer bipolaren Störung leiden. Alle Betroffenen haben jedoch gemeinsam, dass sie über einen längeren Zeitraum ohne Beschwerden und unauffällig leben, bis eine neue Episode beginnt. In vielen Fällen entsteht eine bipolare Störung bereits im Jugend- oder im jungen Erwachsenenalter und kann recht unterschiedlich verlaufen.

Welche Folgen kann eine bipolare Störung für die Betroffenen haben?

Die Folgen einer bipolaren Störung beziehen sich einerseits auf die Handlungen der Betroffenen während ihrer manischen Phase. In ihrer euphorischen Stimmung tun sie Dinge, die sie sonst nicht getan hätten, verlieren dabei oft finanzielle Mittel und riskieren sogar Freundschaften, Jobs oder Beziehungen.
 
Handeln erkrankte Personen akut manisch, leiden sie unter einer Steigerung ihres Antriebs sowie unter Schlaflosigkeit, Ideenreichtum, Weitschweifigkeit und Größenideen, die sich bis zu einem Wahn und irrationalen Ideen entwickeln können. Dies kann unter Umständen in einer verzerrten Wahrnehmung und Fehlinterpretation der Realität resultieren, und der Betroffene kann gravierende Fehlhandlungen mit fatalem Charakter begehen. Folgen können Fehlkäufe sein, die aus einem „Kaufrausch“ entstehen. Auch berufliche Beziehungen sowie soziale Kontakte können gefährdet werden.
 
Manische Episoden sind in der Regel viel seltener und kürzer als depressive Episoden. In den meisten Fällen folgen auf euphorische Phasen depressive Nachschwankungen, die allerdings sehr lange und schwerwiegend sein können. Denn der Erkrankte ist nicht nur psychisch und körperlich von der manischen Episode erschöpft, sondern wird auch häufig in der depressiven Episode über die Erkrankung und die Folgen der Manie bilanziert. Der Betroffene ist sich nämlich häufig während der euphorischen Phase seiner Krankheit nicht bewusst und zeigt keinerlei Behandlungseinsicht, was ärztlich-therapeutischen Zugang erheblich erschwert.
 
Die extremen Stimmungsschwankungen bei der bipolaren Störung können für die Betroffenen extrem anstrengend sein

Wie erfolgt die Diagnose der bipolaren Störung?

Eine bipolare Störung ist nicht leicht zu diagnostizieren, weil sie oft mit einer klassischen Depression oder Schizophrenie verwechselt wird. Häufig interpretieren Angehörige die manische Phase der betroffenen Person nur als „aufgedrehte Stimmung“, weshalb eine richtige Diagnose oft um Jahre verzögert wird.
 
Vor allem die Bipolar-II-Störung, bei der zwischen den depressiven Phasen nur sehr leichte manische Phasen auftreten, ist sehr schwer zu erkennen. Die Symptome sind hier sehr viel schwächer ausgeprägt als bei der Bipolar-I-Störung. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Du Deinem Facharzt oder Therapeuten Deine Stimmungen, Gefühle und Gemütszustände sehr detailliert beschreibst. Die Diagnose zu einer solchen Bipolar-II-Störung mit hypomanen, also leicht manischen Phasen, wird oft gar nicht oder erst sehr spät erstellt, da sie selbst von den Patienten nicht erkannt werden.
 
Eine frühe Diagnose ist allerdings sehr wichtig, sodass Dein Psychiater die psychische Erkrankung auch konsequent therapieren kann. Denn das Suizidrisiko der Patienten in bipolaren Mischzuständen, wenn sich eine manische und eine depressive Episode überlagert, ist besonders hoch. Eine frühzeitige Therapie kann also die Schwere und Häufigkeit solcher Mischzustände verringern.
 
Die Diagnose einer bipolaren Störung erweist sich somit als schwierig. Unscharfe Frühwarnsymptome erschweren die Diagnose. Denn gerade bei Jugendlichen sind Konzentrations- und Schlafstörungen sowie Stimmungsschwankungen nicht ungewöhnlich.
 
Wichtig bei einer Diagnose ist außerdem die Befragung von Angehörigen, da die betroffene Person selbst oft keine Krankheitseinsicht hat. Nahestehende Personen können Deinem Facharzt somit gut helfen, verschiedene Stimmungsphasen einzuschätzen und die Krankheit zu diagnostizieren.
 
Dein Psychiater oder Therapeut diagnostiziert eine bipolare Störung mithilfe von speziellen klinischen Fragebögen. Im Erstgespräch könnte er Dir folgende Fragen stellen:

  • Hast Du Dich in den letzten Wochen niedergeschlagen oder antriebslos gefühlt?
  • Hast Du morgens Schwierigkeiten aufzustehen?
  • Hast Du abends Schwierigkeiten einzuschlafen?
  • Hast Du einen guten Appetit?
  • Warst Du in den letzten Wochen ungewöhnlich aufgedreht?
  • Hast Du das Gefühl, dass Du unter Strom stehst?
  • Hast Du den Eindruck, dass Du mehr oder schneller redest als sonst?
  • Hat sich Dein Schlafbedürfnis verringert?
  • Warst Du sehr aktiv und hast Du viele Dinge in kürzester Zeit erledigt?
  • War Deine Stimmung in letzter Zeit oft wechselhaft?

Aufgrund des großen genetischen Einflusses beobachtet Dein behandelnder Facharzt auch die Krankheitsgeschichte Deiner Familie (Familienanamnese). Dadurch kann Dein Therapeut herausfinden, ob weitere Mitglieder Deiner Familie an einer bipolaren Störung leiden.
 
Bei einer bipolaren Störung sollten die Betroffenen unbedingt eine Psychotherapie machen

Wie lässt sich eine bipolare Störung behandeln?

Die Behandlung einer bipolaren Störung lässt sich in die Akutbehandlung, die Stabilisierungsphase und die Rückfallprophylaxe (Rückfallvorsorge) unterteilen:
 
Akute Phase
In der akuten Phase wird mithilfe von Medikamenten die aufgetretene Manie oder Depression behandelt. Oft sind Medikamente auch die Basis dafür, dass Dein Psychiater eine Psychotherapie durchführen kann. Wichtig ist außerdem, dass sich die betroffene Person willentlich behandeln lässt und Einsicht zeigt. In vielen Fällen fehlt diese sogenannte Compliance, da sich betroffene Personen in ihren manischen Phasen oft sehr gut fühlen und ungern auf diesen Zustand verzichten.
 
Die Psychotherapie sollte ein zentrales Element der Behandlung sein, um neue manische und depressive Phasen zu vermeiden oder hinauszuzögern. Manche Kliniken setzen auch Wach- oder Elektrokrampftherapien zur Normalisierung der Stimmung ein.
 
Eine Wachtherapie kann die depressiven Symptome bessern, indem der Patient eine Nacht auf Schlaf verzichtet. Diese Therapieform muss unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden, da Schlafentzug auch eine manische Phase auslösen kann. In Kombination mit Medikamenten kann Dein Facharzt dieses Risiko allerdings senken.
 
In der Krampftherapie behandelt Dein Therapeut sowohl depressive als auch manische Symptome. Dabei werden dem Patienten Elektroden angelegt, die unter Vollnarkose einen kurzen, harmlosen Krampfanfall erzeugen. Diese Methode weist deutlich weniger Nebenwirkungen als medikamentöse Behandlungen auf und wird vor allem dann eingesetzt, wenn Betroffene stark unter einer bipolaren Störung leiden und einem hohen Suizidrisiko ausgesetzt sind. Außerdem wirkt die Elektrokrampftherapie – im Gegensatz zu Medikamenten – sofort. Im Vorhinein untersucht Dich Dein Facharzt auf Herzerkrankungen. Im Fall einer Schwangerschaft oder in höherem Alter führt Dein Therapeut keine Krampftherapie durch.
 
Stabilisierungsphase
Erst nach einigen Wochen oder sogar Monaten zeigt sich eine deutliche Besserung der Symptome. Dann beginnt die Stabilisierungsphase, in der die Dosis der Medikamente an den Krankheitszustand angepasst wird.
 
Rückfallprophylaxe
Ist die erkrankte Person weitgehend symptomfrei, so versucht der Psychiater, diesen Zustand so lange wie möglich zu erhalten und weitere Anfälle zu vermeiden (Rückfallprophylaxe oder-vorsorge). Dafür muss der Patient weiter Medikamente einnehmen und er lernt zusätzlich, wie er Warnzeichen einer Manie oder Depression frühzeitig erkennen und dagegen ansteuern kann.
 
Manisch-depressive Menschen müssen oft ihr Leben lang behandelt werden, da ihre Stimmung nur durch die konstante Behandlung eines Facharztes oder Therapeuten stabil gehalten werden kann. Bei Behandlungsabbruch besteht äußerst hohes Rückfallrisiko.
 
Jede Behandlung zielt darauf ab, die Beschwerden der aktuell ablaufenden Phase (manisch oder depressiv) zu lindern und eine nächste Phase vorzubeugen. Eine effektive Behandlung kann auch die beschwerdefreie Zeit des Betroffenen bis zur nächsten Episode verlängern und dessen Stimmung, Antrieb und Schlaf-Wach-Rhythmus stabilisieren.
 
Medikamentöse Behandlung
Viele Spezialisten behandeln eine bipolare Störung mit Medikamenten, die die Stimmung der erkrankten Person stabilisieren können, wobei Experten am häufigsten Lithium einsetzen. Bei einem Drittel der Patienten kommt es dadurch sogar zu einem Stillstand der Erkrankung. Dennoch sprechen viele Betroffenen nur teilweise oder gar nicht auf Lithium an. Experten empfehlen deshalb, dass die erkrankten Personen regelmäßig die individuell richtige Dosis an Lithium zu sich nehmen. Dabei können allerdings Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Kreislaufstörungen, Zittern, Übelkeit oder Müdigkeit auftreten.
 
Bei einer medikamentösen Behandlung der bipolaren Störung kann es zu Müdigkeit kommen
 
Als Alternativen verschreiben Psychiater oft auch Antipsychotika oder Antiepileptika, um eine akute manische Phase zu behandeln oder vorzubeugen. In einer depressiven Phase verschreibt Dir Dein Facharzt Antidepressiva, Stimmungsstabilisierer wie Lithium sowie atypische Antipsychotika. Wenn stimmungsstabilisierende Wirkstoffe nicht ausreichen, verschreibt Dir Dein Facharzt zusätzlich Beruhigungsmittel (Sedativa).
 
Mischzustände kann Dein Psychiater allerdings nur sehr schwer behandeln. Oft mischt er dabei Lithium und diverse Antiepileptika und Antipsychotika.
 
Psychotherapeutische Behandlung
Besonders effektive therapeutische Behandlungen sind die Interpersonelle und Soziale Rhythmus-Therapie (IPSRT), die Familien-Fokussierte Therapie (FFT) sowie die Verhaltenstherapie.
 
Die Familien-fokussierte Therapie wenden Therapeuten vor allem bei jüngeren Patienten an und inkludieren dabei auch Bezugspersonen wie Eltern oder Partner. Insofern werden nahestehende Personen ausführlich über die bipolare Störung informiert und können so gemeinsam Möglichkeiten erarbeiten, um mit der Erkrankung umzugehen.
 
Mithilfe der Verhaltenstherapie kann die betroffene Person selbst Frühwarnzeichen erkennen. Auch Stressreduktion ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Der Patient lernt, mit gewissen Medikamenten sowie mit manischen und depressiven Symptomen umzugehen.

Welche Risikofaktoren können eine bipolare Störung verschlimmern?

Risikofaktoren zeigen sich einerseits in der medikamentösen Behandlung. Hierbei muss Dein behandelnder Psychiater darauf achten, dass die jeweilige antidepressive Medikation in der depressiven Phase nicht zu einem „switch“, also einem Kippen in die manische Phase, führt. Dieses Risiko ist von Medikament zu Medikament unterschiedlich.
 
Außerdem gibt es bestimmte Verhaltensregeln, die das Risiko einer erneuten Krankheitsepisode verhindern können. Hierbei solltest Du zuverlässigen und vertraulichen Kontakt zu Deinem Facharzt oder Psychotherapeuten haben.

Was kann ich selbst bei einer bipolaren Störung machen?

Eine bipolare Störung kann grundsätzlich nicht einfach geheilt werden, da immer ein Rückfallrisiko besteht. Indem Du aber Deine Lebensführung, Verhaltensweisen und Deine medizinische Behandlung an Deinen Krankheitsverlauf anpasst, kannst Du das Rückfallrisiko deutlich reduzieren.

Wird eine bipolare Störung mit dem Alter schlimmer?

Eine bipolare Störung wird im Alter nicht explizit schlimmer. Sie begleitet den Patienten jedoch oft ein Leben lang, weshalb es wichtig ist, dass der Betroffene lernt, wie er am besten mit dieser Krankheit umgehen kann, um eine gute Lebensqualität genießen zu können. Eine psychotherapeutische Behandlung hilft der betroffenen Person außerdem, sich in ihrem sozialen und beruflichen Umfeld zu integrieren.

Lässt sich eine bipolare Störung vorbeugen?

Eine bipolare Störung kann nicht vollständig geheilt werden, aber mithilfe von zahlreichen Maßnahmen kannst Du manische und depressive Episoden gut vorbeugen und den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen. Einerseits solltest Du mit der Erkrankung offen umgehen und sie akzeptieren. Du solltest Freunde und Angehörige darüber informieren, damit jene Deine krankheitsbezogenen Handlungen verstehen und Dir emotionale Unterstützung bieten können.
 
Außerdem solltest Du eine vertrauensvolle Beziehung zu Deinem behandelnden Therapeuten pflegen – ohne Angst und Schamgefühl. Du solltest alles, was Dir wichtig erscheint, ansprechen und erfragen, damit die Behandlung auch dauerhaft Erfolg bringen kann.
 
Es ist sehr wichtig, dass die Betroffenen einer bipolaren Störung regelmäßig ihre Medikamente einnehmen
 
Neben der regelmäßigen und vor allem richtigen Einnahme von Medikamenten kann Dir auch der Austausch mit anderen Betroffenen in Form von Selbsthilfegruppen helfen, mit der Krankheit gut umzugehen. Frage diesbezüglich am besten Deinen Facharzt oder Therapeuten, der Dir bei der Suche nach passenden Ansprechpartnern und Adressen behilflich sein kann.
 
Außerdem erweisen sich eine ausgewogene Ernährung, sportliche Betätigung und Stressreduktion als äußerst effektive Mittel, um eine bipolare Störung vorzubeugen.

Was kostet die Behandlung einer bipolaren Störung?

Die Kosten für die Behandlung einer bipolaren Störung hängen vom behandelnden Psychotherapeuten oder Psychologen ab. Dies ist individuell zu sowie anhand der Ausprägung Deiner Krankheit zu bestimmen. Informiere Dich daher am besten bei Deinem behandelnden Psychologen.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Behandlung einer bipolaren Störung?

Die Kosten für die ärztliche Behandlung werden im Notfall von den Krankenversicherungsträgern übernommen. Solltest Du eine Psychotherapie in Anspruch nehmen, so kann es sein, dass Du einen Selbstbehalt für die Behandlung leisten musst. Die Krankenversicherungsträger können unter Umständen aber auch die Kosten Deiner Therapie übernehmen. Informiere Dich dafür am besten bei Deinem eigenen oder vertraglich gebundenen Krankenversicherungsträger.
 
Du hast außerdem die Möglichkeit, einen Antrag auf einen Kostenzuschuss durch die Krankenversicherung zu stellen, wenn Du eine Psychotherapie bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten in Anspruch nimmst. Wenn die Krankenkasse diesen genehmigt, so erstattet Dir Dein Krankenversicherungsträger einen Teil des Honorars, das Du Deinem Psychotherapeuten bezahlt hast, zurück.
 
Grundsätzlich gilt, dass Dein Krankenversicherungsträger die Kosten für die klinisch-psychologische Diagnostik als Leistung der sozialen Krankenversicherung übernimmt. Die Kosten für die Behandlung oder Beratung bei niedergelassenen klinischen Psychologen musst Du grundsätzlich selbst bezahlen, da es sich um keine Leistung der Krankenversicherung handelt.

Wohin kann man sich bei einer bipolaren Störung wenden?

Solltest Du das Gefühl haben, selbst an einer bipolaren Störung zu leiden, so wende Dich zunächst an Vertrauens- oder Bezugspersonen und informiere sie über Deinen Verdacht.
 
Bei konkretem Verdacht auf eine psychische Erkrankung solltest Du so schnell wie möglich einen niedergelassenen Arzt für Allgemeinmedizin oder für Psychiatrie oder einen Psychotherapeuten kontaktieren.
 
Auch klinische Psychologen können als erste Ansprechpersonen fungieren. Unter folgendem Link kannst Du Dich über Psychotherapeuten, psychosoziale Dienste und Einrichtungen informieren, an die Du Dich im Notfall wenden kannst: https://www.gesundheit.gv.at/service/inhalt.
 
In einem psychiatrischen Notfall ist rasche medizinische Hilfe unumgänglich. Rufe in diesen Fällen sofort die Rettung unter 144. Wenn möglich, solltest Du unter Begleitung die nächstgelegene Ambulanz für Psychiatrie aufsuchen.
 
Solltest Du das Gefühl haben, dass ein Angehöriger an einer bipolaren Störung leidet, so kannst Du Dich an folgende Adressen wenden:
 

  • Hilfe für Angehörige Psychisch Erkrankter (HPE)
  • Kontaktiere die Hilfe für Angehörige Psychisch Erkrankter (HPE) unter 0043 (0)1 526 42 02. Die Beratungsstelle der HPE Österreich in Wien bietet für Angehörige aus ganz Österreich persönliche und telefonische Beratung.
  • Unter diesem Link gelangst Du zur Beratungsstelle: https://www.hpe.at/bundeslaender/wien/beratung.html

Außerdem können Dir folgende Links helfen, Dich über die Ausprägungen, Symptome und Erscheinungsformen von psychischen Erkrankungen zu informieren:

Im Notfall, zögere nicht und wählte einen der folgenden Notrufnummern:

  • Euronotruf: 112
  • Rettung: 144
  • Gesundheitsberatung: 1450
  • Ärztefunkdienst: 141
  • Sozialpsychiatrischer Notdienst: 01/313 30

Unter folgendem Link findest Du weitere Hotlines und telefonische Beratungsdienste für diverse gesundheitliche Probleme und Krisensituationen: https://www.gesundheit.gv.at/service/notruf/hotline
 

 


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