Paranoia

Das Wort paranoid hat wohl jeder schon einmal gehört. Was im Volksmund so viel heißt wie „übertriebene Angst“, stellt im psychiatrischen Bereich ein Symptom von unterschiedlichen Grunderkrankungen dar und lässt sich oft lange Zeit nicht diagnostizieren. Verbunden mit Wahnvorstellungen reicht das Spektrum von paranoiden Störungen von leicht misstrauisch und unbehaglich bis hin zu Verfolgungswahn und sogar Halluzinationen. Alles, was es dazwischen noch gibt und was es sonst über das Phänomen der Paranoia zu wissen gibt, liest Du hier.


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Zuletzt aktualisiert: 24. April, 2023

INHALTSVERZEICHNISInhaltsverzeichnis

Der Begriff Paranoia stammt aus dem Griechischen und bedeutet „außerhalb des Verstandes“. Prägnantestes Merkmal einer paranoiden Persönlichkeitsstörung ist, dass Betroffene das Verhalten anderer missverstehen und als abwertend oder bedrohlich empfinden. Die Betroffenen gehen ständig davon aus, dass andere ihnen Schaden zufügen wollen, auch wenn es dafür kein Indiz gibt.

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Die paranoide Persönlichkeit ist gekennzeichnet durch eine übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, besondere Kränkbarkeit und ein permanentes Misstrauen. Betroffene fühlen sich als Opfer und grundsätzlich unverstanden. Kritik wird als ungerechtfertigt, feindlich oder verächtlich empfunden.

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Die Abgrenzung der paranoiden Psychose zu anderen Formen der Psychose war schon immer eher vage. Ein möglicher Zusammenhang mit Schizophrenie ist diskutiert worden, wobei man von einem Störungsspektrum ausgeht, das sich von der paranoiden Persönlichkeitsstörung über die wahnhafte Störung bis hin zur paranoiden Schizophrenie erstreckt, die von anderen Formen der Schizophrenie abgegrenzt werden kann. Andere Forscher gehen davon aus, dass die wahnhafte Störung eine eigene Kategorie darstellt.

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Paranoia per se ist kein eigenes klinisches Störungsbild, vielmehr tritt sie einzeln oder in Kombination mit anderen Psychosen und Persönlichkeitsstörungen auf. Es lassen sich drei Untertypen der Paranoia enteilen:

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Paranoia ist ein Symptom, das mit einer Reihe an eigenständigen psychischen Störungen und einigen organischen Erkrankungen assoziiert werden kann:

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Die genaue Ursache von Paranoia ist nicht geklärt. Die bestehende Forschung deutet darauf hin, dass bestimmte psychische Erkrankungen Paranoia begünstigen. Auch genetische Faktoren werden als Ursache besprochen, da sich Fälle von Paranoia innerhalb von Familien häufen.

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Insgesamt tritt die wahnhafte Störung selten auf, mit einer Inzidenz (Zahl an Neuerkrankungen) von circa 1–3 pro 100.000 Einwohner jährlich. Laut amerikanischen Studien und Metastudien liegt die Prävalenz bei etwa 0,3 Prozent.

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Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung vertrauen sich nicht gern anderen Menschen oder Therapeuten an, wodurch das Aufbauen einer Vertrauensbasis oft sehr erschwert ist.

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Patienten mit wahnhafter Störung wenden sich nur in sehr seltenen Fällen von selbst an einen Arzt. Wenn die Symptome jedoch so schlimm werden, dass ein normales Funktionieren ohne weitere Therapie nicht mehr gewährleistet ist oder die Betroffenen durch bizarres oder aggressives Verhalten auffallen, ist es wahrscheinlicher, dass sie irgendwann doch den Weg zum Arzt finden.

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Die Behandlung von Paranoia hängt sehr stark vom Schweregrad der Symptome und der zugrunde liegenden Ursache ab. Dein Arzt wird Dir dann je nachdem entweder eine medikamentöse Behandlung oder Psychotherapie oder eine Kombination aus beiden empfehlen.

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Paranoia bricht häufig erst in mittlerem bis spätem Alter (ab circa 40 Jahren) aus und entwickelt sich dann schleichend weiter. Nicht selten (eventuell bei bestehender genetischer Disposition) löst ein externer Trigger die Paranoia aus wie etwa ein besonders stressiges oder negatives Erlebnis (critical life event).

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Außer einer besonders stressigen und instabilen Umgebung, vor allem in den entwicklungswichtigen Kindheitsjahren, sind nicht viele Faktoren bekannt, welche eine Paranoia begünstigen.

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Der Arztbesuch zur Erstdiagnose beim Hausarzt sowie alle weiteren Besuche, welche der Diagnosestellung dienen, übernimmt normalerweise die Krankenversicherung. Die Höhe der Beteiligung der Krankenkasse richtet sich neben der Schwere der Symptome und der genauen zugrunde liegenden Erkrankung (etwa paranoide Persönlichkeitsstörung, Depression oder Schizophrenie), auch nach der ärztlichen Einschätzung zur Notwendigkeit einer langfristigen Therapie und selbstverständlich nach der Art und Dauer der Therapie.

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Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

Prägnantestes Merkmal einer paranoiden Persönlichkeit ist, dass das Verhalten anderer missverstanden und als abwertend oder bedrohlich empfunden wird.


Typisch für die Störung sind Wahnvorstellungen, also Wahrnehmungen, die nicht real sind. Da sie sich für Betroffene jedoch sehr echt anfühlen, können sie große Angst und Aggressionen auslösen.


Zur Behandlung empfiehlt sich, je nach Ausprägung der Paranoia und Art der zugrunde liegenden Erkrankung, eine Psychotherapie, Medikamente wie Antidepressiva und Antipsychotika oder eine Kombination aus beidem.


Der Beginn fällt oft mit einem sehr stressigen Ereignis zusammen, wird aber durch Genetik und Komorbiditäten (Bipolare Störung, Depression) mitbeeinflusst.

ICD-10-GM-2020 F60

Was versteht die Medizin unter einer Paranoia?

Der Begriff Paranoia stammt aus dem Griechischen und bedeutet „außerhalb des Verstandes“. Prägnantestes Merkmal einer paranoiden Persönlichkeitsstörung ist, dass Betroffene das Verhalten anderer missverstehen und als abwertend oder bedrohlich empfinden. Die Betroffenen gehen ständig davon aus, dass andere ihnen Schaden zufügen wollen, auch wenn es dafür kein Indiz gibt.
 
Die Schwere der Störung reicht dabei von ängstlichem oder aggressivem Misstrauen bis hin zur Überzeugung von einer Verschwörung anderer gegen die eigene Person. Man spricht allgemein von Wahnvorstellungen, also Wahrnehmungen, die nicht real sind. Da sie sich für Betroffene jedoch sehr echt anfühlen, können sie große Angst und Aggressionen auslösen.
 
Auch typisch ist, dass die betroffene Person zu kritisch, selbstbezogen und überheblich ist und die Schuld an einem Fehler stets bei anderen Personen sucht. Oft legen sie ein relativ anhaltendes argwöhnisches und feindseliges Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen an den Tag, was sie in ihrem sozialen Funktionieren stark einschränken kann. Selbst auf neutrales oder sogar positives Feedback reagieren sie mit Feindseligkeit und Aggressivität.
 
Paranoia an sich ist keine eigenständige klinische Diagnose, sondern entweder eine Störung unbekannten Ursprungs oder ein Symptom von einer zugrunde liegenden psychischen Erkrankung. Häufiger taucht der Begriff Paranoia in seiner adjektivischen Form paranoid auf, die vor allem mit Verfolgungsängsten oder Verfolgungswahn assoziiert wird. Die Wahnvorstellungen halten im Allgemeinen lange, manchmal lebenslang, an. Eine 100 Prozent wirksame Therapie existiert nicht, eine Behandlung kann jedoch helfen, diese negativen Verhaltensweisen und Denkweisen zu ändern oder abzuschwächen.

Paranoide Menschen leiden unter Verfolgungswahn und Wahnvorstellungen.

Wie sehen die Symptome einer Paranoia aus?

Die paranoide Persönlichkeit ist gekennzeichnet durch eine übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, besondere Kränkbarkeit und ein permanentes Misstrauen. Betroffene fühlen sich als Opfer und grundsätzlich unverstanden. Kritik wird als ungerechtfertigt, feindlich oder verächtlich empfunden.
 
Häufig zweifeln Betroffene die sexuelle Treue des Partners unberechtigt an und suchen starrsinnig scheinbare Beweise für die Untreue. In diesem Fall spricht man auch von Eifersuchtswahn. Der Paranoide besteht auf dem eigenen Recht, was häufig in Streit endet. Zudem zeigt sich eine überhöhte Selbstgefälligkeit und eine stark egoistische Komponente in der Persönlichkeit.
 
Paranoide Symptome sind vielfältig und nicht sehr spezifisch. So treten sie auch als Begleiterscheinung vieler Grunderkrankungen auf, wie beispielsweise bei Neurosen, Psychosen, einer Reihe an Persönlichkeitsstörungen wie der schizophrenen Persönlichkeitsstörung und einigen degenerativen Erkrankungen. Auch bei Menschen, die lange unter echter oder empfundener Verfolgung gelitten haben, zeigen sich viele dieser Symptome, ohne dass es sich per se um eine Paranoia oder eine Persönlichkeitsstörung generell handelt.
 
Das Spektrum des Schweregrades der Paranoia ist sehr breit und reicht von leichten, aber anhaltenden Gefühlen des Unbehagens bis hin zu intensiven und extrem negativen Gedankenmustern, welche die psychische Gesundheit des Betroffenen ernsthaft gefährden können.
 
Paranoide Symptome können auch als Folge anderer zugrunde liegender Ursachen, wie somatischen Agenzien (Wirkstoffen), neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Beispiele sind:
 

  • paranoide Persönlichkeitsstörung
  • Borderline-Persönlichkeitsstörung
  • schizotype Störung
  • schizoaffektive Störung
  • Schizophrenie
  • Hirntumore
  • Hirnschädigungen infolge von Alkoholmissbrauch
  • Alzheimersche Krankheit

Obwohl die scharfe Abgrenzung der Paranoia zu anderen Formen der Psychose bis dato sehr vage ist, können einige Merkmale der Störungscharakteristik genannt werden, welche spezifisch auf die Paranoia zutreffen. Dazu zählen:
 

  • Eher isoliert auftretender und lang anhaltender Wahn
  • Neben den wahnhaften Überzeugungen keine weiteren psychotischen Symptome
  • Schleichende Entwicklung und ein relativ später Beginn (ab dem 40. Lebensjahr)
  • Keine kognitiven Einschränkungen, der Betroffene kann seine Wahnvorstellungen und Ängste beschreiben
  • Erstauftreten der Paranoia steht meist mit Lebensereignissen (critical life events) in Zusammenhang

 

Wie grenzt sich die Paranoia von anderen Erkrankungen ab?

Die Abgrenzung der paranoiden Psychose zu anderen Formen der Psychose war schon immer eher vage. Ein möglicher Zusammenhang mit Schizophrenie ist diskutiert worden, wobei man von einem Störungsspektrum ausgeht, das sich von der paranoiden Persönlichkeitsstörung über die wahnhafte Störung bis hin zur paranoiden Schizophrenie erstreckt, die von anderen Formen der Schizophrenie abgegrenzt werden kann. Andere Forscher gehen davon aus, dass die wahnhafte Störung eine eigene Kategorie darstellt.
 
Paranoia kann in Zusammenhang mit einer diagnostizierten Borderline Persönlichkeitsstörung auftreten. Allerdings tritt sie hier vorübergehend vor allem in Stresssituationen auf und nicht als überdauerndes Reaktionsmuster.
 
Falls bei Dir eine Bipolare Störung diagnostiziert wurde, kann es durchaus sein, dass Du während einer stark ausgeprägten manischen oder depressiven Episode paranoide Angst und Stress erlebst, welche jedoch häufig nicht auf eine zusätzliche Paranoia zurückgehen, sondern im Rahmen der Bipolaren Störung zur Symptomatik gehören könne, aber nicht müssen.
 
Obwohl Paranoia als Nebensymptom häufiger in Bipolaren Persönlichkeitsstörungen als in klinischer Depression vorkommt, kann es auch bei letzterer vereinzelt zu paranoiden Zuständen und Wahnvorstellungen kommen. Der Unterschied zum Störungsbild der Schizophrenie, welche ebenfalls durch Wahnvorstellungen gekennzeichnet ist, wird darin gesehen, dass Menschen mit diagnostizierter Schizophrenie typischerweise nicht verstehen, dass ihre Ideen und Vorstellungen möglicherweise nicht real sind.
 
Im Fall von Paranoia und einer paranoiden Depression hingegen, können Betroffene ihre Symptome kommunizieren und unter Umständen auch reflektieren. Dies macht eine Behandlung letzterer Störung nicht unbedingt einfacher, da paranoide Personen sich nicht selten für ihre irrealen Vorstellungen schämen und generell feindselig auf Kritik reagieren, auch wenn diese als konstruktives Hilfsangebot auftritt. Sie öffnen sich Ärzten und Therapeuten weniger bereitwillig und das Schaffen einer vertrauensvollen Basis ist oft lange und harte Arbeit.
 

Welche Formen der Paranoia gibt es?

Paranoia per se ist kein eigenes klinisches Störungsbild, vielmehr tritt sie einzeln oder in Kombination mit anderen Psychosen und Persönlichkeitsstörungen auf. Es lassen sich drei Untertypen der Paranoia enteilen:
 
Paranoide Persönlichkeitsstörung – stellt die mildeste Form von Paranoia dar. Die meisten Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung sind in ihrem täglichen psychosozialen Funktionsniveau, abgesehen von einer misstrauischen Grundhaltung, nicht oder nur geringfügig eingeschränkt. Typischerweise werden paranoide Vorstellungen und Haltungen den Betroffenen irgendwann bewusst und meistens fällt auf, dass diese schon seit Langem bestehen.
 
Wahnhafte (paranoide) Störung – ist charakterisiert durch die Dominanz einer bestimmten Wahnvorstellung, ohne weitere Anzeichen einer psychischen Störung. Das Verhalten der betroffenen Person und der Grad ihrer Einschränkung hängt somit davon ab, welche Wahnvorstellung besonders ausgeprägt ist. Hier gibt es große Unterschiede, beispielsweise zwischen der Vorstellung, von anderen verfolgt zu werden, der Überzeugung eine tödliche Krankheit zu haben oder der Ansicht, der Partner gehe einem fremd.
 
Paranoide Schizophrenie – wird als schwerwiegendste Form der Paranoia bezeichnet. Charakterisiert ist die paranoide Schizophrenie durch starke und anhaltende Wahnvorstellungen, wie zum Beispiel der Idee, dass die eigenen Gedanken abgehört werden. Hier tritt auch nicht selten ein genereller Wahnzustand ein, in welchem nicht eine bestimmte Idee im Vordergrund steht, sondern verschiedene Halluzinationen und bizarre Realitätsverzerrungen die betroffene Person quälen. Eine Person mit paranoider Schizophrenie nimmt die Welt oft als sehr verwirrend wahr und ihr Funktionsniveau ist ohne eine Therapie stark eingeschränkt.
 

Welche Komorbiditäten treten auf?

Paranoia ist ein Symptom, das mit einer Reihe an eigenständigen psychischen Störungen und einigen organischen Erkrankungen assoziiert werden kann:
 

Eine Paranoia steht oft mit anderen psychischen Krankheiten in Verbindung.

Welche Ursachen hat die Paranoia?

Die genaue Ursache von Paranoia ist nicht geklärt. Die bestehende Forschung deutet darauf hin, dass bestimmte psychische Erkrankungen Paranoia begünstigen. Auch genetische Faktoren werden als Ursache besprochen, da sich Fälle von Paranoia innerhalb von Familien häufen. Vor allem können aber ein ungünstiges soziales Umfeld und eine dauerhaft stressige Umgebung die Entwicklung der Paranoia fördern. Oft ist ein direkter externer Trigger aus dem Leben oder der Umgebung der direkte Auslöser der Störung.
 

Wie häufig und bei wem tritt Paranoia auf?

Insgesamt tritt die wahnhafte Störung selten auf, mit einer Inzidenz (Zahl an Neuerkrankungen) von circa 1–3 pro 100.000 Einwohner jährlich. Laut amerikanischen Studien und Metastudien liegt die Prävalenz bei etwa 0,3 Prozent. Da Menschen mit wahnhaften Störungen aber nur selten Hilfe suchen, kann die Erkrankungsrate auch höher liegen. Menschen, welche anhaltendem Stress ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für Psychosen und Paranoia. Außerdem scheint Paranoia und paranoide Depression vor allem bei Menschen mittleren Alters und geriatrischen Menschen vorzukommen. Frauen scheinen zudem etwas häufiger an wahnhaften Störungen zu leiden als Männer.
 

Welche Folgen kann die Paranoia für die Betroffenen haben?

Menschen mit paranoider Persönlichkeitsstörung vertrauen sich nicht gern anderen Menschen oder Therapeuten an, wodurch das Aufbauen einer Vertrauensbasis oft sehr erschwert ist. Ihre misstrauische Herangehensweise erlaubt es ihnen oft nicht, alles was von sich preiszugeben, aus Angst, es könnte gegen sie verwendet werden. Auch die Loyalität von Freunden oder des Partners zweifeln Betroffene Personen an, was zu ungerechtfertigten Vorwürfen und Streit führen kann. All dies endet für viele Betroffene auf lange Sicht in sozialer Isolation, was die feindselige Stimmung eher noch verstärkt. Es ist in gewissem Maße also ein Teufelskreis.
 

Wie erfolgt die Diagnose einer Paranoia?

Patienten mit wahnhafter Störung wenden sich nur in sehr seltenen Fällen von selbst an einen Arzt. Wenn die Symptome jedoch so schlimm werden, dass ein normales Funktionieren ohne weitere Therapie nicht mehr gewährleistet ist oder die Betroffenen durch bizarres oder aggressives Verhalten auffallen, ist es wahrscheinlicher, dass sie irgendwann doch den Weg zum Arzt finden.
 
Dieser nimmt dann in einer Anamnese zunächst Deine medizinische Vorgeschichte auf und führt einige körperliche Untersuchungen durch, welche sicherstellen sollen, dass es sich nicht um eine primär organische Erkrankung handelt. Laut dem Diagnostischen und Statistischen Handbuch für psychische Erkrankungen (DSM 5) müssen mindestens vier der folgenden Kriterien für eine Paranoia erfüllt sein:
 

  • Verdächtigt andere ohne hinreichenden Grund, von ihnen ausgenutzt, geschädigt oder getäuscht zu werden
  • Ist stark eingenommen von ungerechtfertigten Zweifeln an der Loyalität und Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von Freunden oder Partnern
  • Vertraut sich nur zögernd anderen Menschen an aus ungerechtfertigter Angst, die Informationen könnten in böswilliger Weise gegen ihn/sie verwendet werden
  • Liest in harmlose Bemerkungen oder Vorkommnisse eine versteckte, abwertende oder bedrohliche Bedeutung hinein
  • Ist lange nachtragend (das heißt der Betroffene verzeiht vermeintliche Kränkungen, Verletzungen oder Herabsetzungen nicht)
  • Nimmt Angriffe auf die eigene Person oder das Ansehen wahr, die anderen nicht so vorkommen und reagiert schnell und zornig oder startet einen Gegenangriff
  • Verdächtigt wiederholt ohne jede Berechtigung den Ehe- oder Sexualpartner der Untreue

Alternativ zur DSM 5 kann auch die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) verwendet werden. Auch hier müssen mindestens vier der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen vorliegen:
 

  • Übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung
  • Neigung, dauerhaft Groll zu hegen, das heißt subjektiv erlebte Beleidigungen, Verletzungen oder Missachtungen werden nicht vergeben
  • Misstrauen und eine anhaltende Tendenz, Erlebtes zu verdrehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich missdeutet werden
  • Streitbereitschaft und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigene Rechten
  • Häufiges ungerechtfertigtes Misstrauen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehe- oder Sexualpartner
  • Ständige Selbstbezogenheit, besonders in Verbindung mit starker Überheblichkeit
  • Häufige Beschäftigung mit unbegründeten Gedanken an Verschwörungen als Erklärungen für Ereignisse in der näheren oder weiteren Umgebung

 

Wie lässt sich die Paranoia behandeln?

Die Behandlung von Paranoia hängt sehr stark vom Schweregrad der Symptome und der zugrunde liegenden Ursache ab. Dein Arzt wird Dir dann je nachdem entweder eine medikamentöse Behandlung oder Psychotherapie oder eine Kombination aus beiden empfehlen.
 
Medikamente
Medikamente wie etwa Antidepressiva und neuere Antipsychotika (der zweiten Generation) können zur Behandlung bestimmter Symptome verschrieben werden, vor allem, wenn Du eine zugrunde liegende diagnostizierte psychiatrische Erkrankung, wie Schizophrenie oder eine Bipolare Störung hast. Antipsychotika der zweiten Generation und Stimmungsstabilisierer können bei Angst und Paranoia mindernd wirken.
 
Psychotherapie
In der kognitiven Verhaltenstherapie liegt der Fokus darauf, ungünstige und erlernte Denkmuster aktiv zu verändern. Das Ziel der Therapie ist, dass der Betroffene sein Misstrauen gegenüber anderen Menschen hinterfragt, seine Gefühle und Bedenken besser zu kommunizieren lernt und sich soziale Umgangsweisen mit anderen Menschen aneignet.
 
Zudem kann die kognitive Verhaltenstherapie bessere Bewältigungsstrategien für akute Wahnzustände fördern. So wird daran gearbeitet, Dir selbstständige Realitätschecks beizubringen, mit deren Hilfe Du besser einzuschätzen lernst, ob eine Situation tatsächlich so ist, wie Du sie wahrnimmst oder ob Du diese eventuell als feindselig interpretierst.
 
Du wirst auch daran arbeiten müssen, anderen Menschen und Situationen mehr Vertrauen zu schenken und falls Dir dies doch schwerfällt, das auch auf verständliche Weise zu kommunizieren. Insgesamt soll mehr Eigenständigkeit und ein höheres Selbstvertrauen in Wahnvorstellungs-Situationen erlangt werden.
 
Grundsätzlich gilt, dass sich eine Paranoia nicht zu hundert Prozent therapieren lässt. Eine einzige Heilungsmethode gibt es nicht und häufig kommt erschwerend hinzu, dass viele Menschen mit Paranoia nicht bereit dazu sind, sich in psychiatrische Hilfe zu begeben. Für eine erfolgreiche Behandlung ist es jedoch notwendig, dass der Patient sich auf den Therapeuten einlässt. Ist dies erreicht, können mit Psychotherapie langfristig erfolgreiche Strategien vor allem in Bezug auf das psychosoziale Funktionieren erarbeitet werden, welche die Lebensqualität der Betroffenen deutlich erhöht und eine mögliche soziale Isolierung und das Losbrechen eines Teufelskreises unterbindet.

Paranoide Menschen missverstehen das Verhalten anderer und fühlen sich bedroht.

Wird die Paranoia mit dem Alter schlimmer?

Paranoia bricht häufig erst in mittlerem bis spätem Alter (ab circa 40 Jahren) aus und entwickelt sich dann schleichend weiter. Nicht selten (eventuell bei bestehender genetischer Disposition) löst ein externer Trigger die Paranoia aus wie etwa ein besonders stressiges oder negatives Erlebnis (critical life event). Aufgrund der stark antisozialen Komponente der paranoiden Symptomatik kommt es häufig zu einer Art Zirkelschluss, bei welcher sich die Feinseligkeit der Betroffenen und die negativen Reaktionen des Umfeldes gegenseitig verstärken. Unbehandelt kann es, je nach Subtyp der Paranoia, durchaus zu einer Verschlechterung über die Jahre kommen.
 

Lässt sich die Paranoia vorbeugen?

Außer einer besonders stressigen und instabilen Umgebung, vor allem in den entwicklungswichtigen Kindheitsjahren, sind nicht viele Faktoren bekannt, welche eine Paranoia begünstigen. Eine aktive Vorbeugung ist daher schwer. Da die Medizin aber eine gewisse genetische Komponente vermutet, solltest Du auf die typischen Symptome besonders achten, wenn es bei Dir in der Familie eine Häufung an paranoiden Fällen gibt.
 

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Behandlung einer Paranoia?

Der Arztbesuch zur Erstdiagnose beim Hausarzt sowie alle weiteren Besuche, welche der Diagnosestellung dienen, übernimmt normalerweise die Krankenversicherung. Die Höhe der Beteiligung der Krankenkasse richtet sich neben der Schwere der Symptome und der genauen zugrunde liegenden Erkrankung (etwa paranoide Persönlichkeitsstörung, Depression oder Schizophrenie), auch nach der ärztlichen Einschätzung zur Notwendigkeit einer langfristigen Therapie und selbstverständlich nach der Art und Dauer der Therapie. Über mögliche Therapieformen wirst Du spätestens beim behandelnden Psychiater oder mit der klinischen Diagnose informiert. Für die einzelnen Leistungen und Bestimmungen solltest Du Dich zudem im Vorfeld bei Deiner Versicherung informieren.

 


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Über den Autor: Dr. med. Benjamin Gehl

Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie


Als Facharzt für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie liegt die Leidenschaft von Dr. Gehl schon immer im Bereich der medizinischen Contentproduktion.

Aufgrund seiner Ausbildung, einer langjährigen Einsatzzeit in der rekonstruktiven und plastischen Chirurgie, sowie zahlreichen Auslandseinsätzen in Indien, Afrika und Amerika weiß er, welche Techniken und Behandlungen für medizinische Indikationen international Anwendung finden und State of the art sind.

Weiterhin beschäftigt er sich täglich mit neuen Trends und Techniken in der operativen und nicht-operativen Chirurgie. Fortbildungen sowie Studien zählen genauso zu seiner Leidenschaft wie die Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten zu den neuesten fachspezifischen Themen.

Bitte beachte, dass sämtliche zur Verfügung gestellten Inhalte zu den einzelnen Behandlungen, Abläufen, Preisen etc. generelle Informationen sind und je nach Ärzt*in und individuellem Fall und Ausgangslage variieren können.

Für genauere Auskünfte frag bitte direkt bei dem/der von Dir ausgewählten Ärzt*in an.

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Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

Prägnantestes Merkmal einer paranoiden Persönlichkeit ist, dass das Verhalten anderer missverstanden und als abwertend oder bedrohlich empfunden wird.


Typisch für die Störung sind Wahnvorstellungen, also Wahrnehmungen, die nicht real sind. Da sie sich für Betroffene jedoch sehr echt anfühlen, können sie große Angst und Aggressionen auslösen.


Zur Behandlung empfiehlt sich, je nach Ausprägung der Paranoia und Art der zugrunde liegenden Erkrankung, eine Psychotherapie, Medikamente wie Antidepressiva und Antipsychotika oder eine Kombination aus beidem.


Der Beginn fällt oft mit einem sehr stressigen Ereignis zusammen, wird aber durch Genetik und Komorbiditäten (Bipolare Störung, Depression) mitbeeinflusst.

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