Fachärztemangel in Deutschland: welche Maßnahmen können helfen?

Wenn eine ernsthafte Krankheit vorliegt, ist der Besuch beim Facharzt für die betroffenen Patienten unerlässlich. Allerdings wird es heutzutage immer schwieriger einen Termin zu bekommen. Zum Teil müssen extrem lange Wartezeiten und Fahrten in Kauf genommen werden. Dafür sind nicht nur die Folgen der Corona-Pandemie verantwortlich, sondern auch der zunehmende Fachärztemangel in Deutschland. Als Gegenmaßnahmen bieten sich in den nächsten Jahren die folgenden Schritte an, um diese problematische Situation abzuwenden.


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Zuletzt aktualisiert: 22. Juni, 2022



Wichtige Punkte zusammengefasst

Das Wichtigste zusammengefasst

Für lange Wartezeiten sind nicht nur die Folgen der Corona-Pandemie verantwortlich, sondern auch der zunehmende Fachärztemangel in Deutschland.


Zu den Ursachen für den Fachärztemangel gehört die zu geringe Anzahl der Studienplätze in der Fachrichtung Medizin.


Außerdem ist die Ausbildung zum Facharzt extrem lang, schwierig und arbeitsaufwändig, nicht jeder Mediziner ist dazu bereit.


Einen weiteren Grund für den Personalmangel stellt das Wegziehen der Fachärzte ins Ausland dar.

Ursachen für einen Mangel an Fachärzten

Zu den Ursachen für den Fachärztemangel gehört die zu geringe Anzahl der Studienplätze in der Fachrichtung Medizin. Deswegen gibt es nicht genug diplomierte Mediziner, die sich aber einer stetig wachsenden Bevölkerung gegenübersehen. Außerdem ist die Ausbildung zum Facharzt extrem lang, schwierig und arbeitsaufwändig, nicht jeder Mediziner ist dazu bereit. Einen weiteren Grund für den Personalmangel stellt das Wegziehen der Fachärzte ins Ausland dar. So finden spezialisierte Mediziner beispielsweise in der benachbarten Schweiz bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter vor. Außerdem orientieren sich manche Fachärzte neu, sie suchen ganz gezielt nach einer Anstellung in der Wirtschaft und Industrie. Auf diese Weise können die Mediziner mehr verdienen sowie am gewünschten Standort tätig sein.
 
Darüber hinaus erreichen zahlreiche Fachärzte im Moment das Alter für die Pensionierung und schließen ihre Praxen, ohne dafür einen Nachfolger finden zu können. Zudem sind die meisten Fachärzte dort tätig, wo sie am wenigsten gebraucht werden. Dazu zählen wohlhabende Stadtteile in den Ballungszentren, die oft überversorgt sind. Im Vergleich dazu sehen sich ländliche Gegenden und ärmere Stadtteile mit einer zunehmenden Unterversorgung konfrontiert. So entsteht ein frustrierendes Verhältnis zwischen den immer weniger werdenden Ärzten und ihren Patienten, weil sich diese nicht mehr die erforderlich Zeit für die notwendige Untersuchung nehmen können.
 

Fachärztemangel auf dem Land

Schon seit langer Zeit müssen Patienten im ländlichen Raum mit langen Wartezeiten für einen Termin beim Facharzt rechnen. Dazu sind zeitaufwändige Anfahrten quer durch die Region oder bis zur nächst größeren Stadt in Kauf zu nehmen. Extrem nachgefragt sind unter anderem die folgenden Fachrichtungen:
 

  • Augenarzt
  • Hautarzt
  • Frauenarzt
  • Kinderarzt
  • Urologe

 
So bevorzugen die meisten Mediziner das Arbeiten und Leben in urbanen Gegenden, da sich auf diese Weise der Beruf besser mit der Familie und dem sozialen Umfeld vereinbaren lässt. Damit die Fachärzte einen Stellenwechsel überhaupt in Erwägung ziehen und sich auf dem Land niederlassen wollen, muss das Gesamtpaket stimmen. Dazu gehört das fachliche Profil der Praxis und die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, ebenso wie die Arbeitsatmosphäre und das Gehalt. Dabei wertet jeder Mediziner die individuellen Komponenten unterschiedlich stark aus. Stellenangebote für Ärzte auf spezifischen Portalen helfen dabei, offene Arbeitsstellen in der ganzen Bundesrepublik und auch im Ausland zu bewerben.

Anzahl an Medizinstudenten vergrößern

Um dem aktuellen Fachärztemangel entgegenzusteuern, muss das Medizinstudium mehr interessierten und fähigen Studenten ermöglicht werden. Im Moment verfügen die deutschen Universitäten nicht über die erforderlichen Kapazitäten, damit eine ausreichende Anzahl an Ärzten ausgebildet werden kann. Die Nachfrage ist wesentlich höher als das Angebot an Studienplätzen. Demgegenüber steht eine beständig wachsende Bevölkerung, deren ärztliche Versorgung gefährdet ist. Des Weiteren schließen immer mehr Kliniken und Fachpraxen, in denen die Humanmediziner ihre Ausbildung zum Facharzt vollenden können.
 
Medizin gehört zu den teuersten Studiengängen, vom Labor bis zum Krankenhaus benötigen die Universitäten eine extrem kostspielige Ausstattung. Dazu kommen noch die Unterrichtseinheiten in kleinen Gruppen, welche den Einsatz von sehr vielen Lehrkräften erfordern. Die Investitionen für medizinische Fakultäten müssen langfristig ausgelegt werden, das Geld dafür kommt von den Bundesländern und nicht vom Bund. Damit die Länder die Hochschulen besser und nachhaltiger finanzieren können, sind Veränderungen auf einer politischen Ebene unabdingbar.
 
Außerdem darf die gegenwärtige sowie anhaltende Schließung von Kliniken nicht wie bisher weitergehen, damit sich Mediziner weiterhin zu Fachärzten ausbilden lassen können. Dabei ist zu bedenken, dass in der Regel fünf bis sechs Jahre vergehen, bis Ärzte sich den Facharzttitel erarbeitet haben. In dieser Zeitspanne müssen sie sich sowohl allgemeine als fachspezifische Kompetenzen aneignen. Für die Ausbildung zum Facharzt werden deshalb anerkannte Weiterbildungsstätten in einer genügenden Anzahl gebraucht.

Gründung von Fachpraxen fördern

Die Neugründung einer Fachpraxis ist mit extrem hohen Kosten verbunden, ebenso wie die Übernahme einer bereits bestehenden Einrichtung. Nicht jeder Mediziner verfügt über ein ausreichendes Kapital, um diesen risikoreichen Schritt zu wagen. Außerdem bekommen viele Fachärzte eine Praxisgründung weder kreditiert noch im Verlauf der Zeit amortisiert, oft fehlen auch Bürgschaften. Deswegen ist eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse notwendig, welche dem Antragsteller von öffentlicher Hand für die Gründung zur Verfügung gestellt werden. Hilfreich sind auch zinsgünstige Darlehen, damit die Ärzte diese folgenschwere Investition unternehmen können. Dabei sollte ein verstärktes Augenmerk auf der Gründung von Fachpraxen in ländlichen Gebieten und strukturschwachen Regionen liegen.
 

Bürokratisierung reduzieren und Honorare erhöhen

 
Bedingt durch eine permanent ansteigende Bürokratisierung möchte eine große Anzahl der angehenden Mediziner gar nicht mehr in die Patientenversorgung gehen. Dazu gibt es momentan eine Absenkung der Honorare, sodass die Gehälter in Unternehmen viel verlockender erscheinen. Deswegen machen auch viele altgediente Fachärzte ihre Praxen dicht, weil sie es nicht mehr einsehen, für viel zu wenig Geld zu arbeiten. Aus diesem Grund müssen Politik und Kassen agieren und für Verbesserungen in diesen Bereichen sorgen. Dazu gehört eine massive Vereinfachung der Bürokratisierung und der kassenärztlichen Abrechnungsverfahren. Auch sollten die bestehenden Machtstrukturen hinterfragt und aufgelöst werden, damit Fachärzte mehr freie Zeit für ihr ärztliches Handeln erhalten.
 

Fachärztemangel durch ausländische Mediziner ausgleichen

 
Um dem Mangel an Fachärzten entgegenzuwirken, will die Bundesregierung die Zuwanderung von Medizinern erleichtern. Dazu sollen auch Staaten zählen, welche nicht zur EU gehören. Zu diesem Zweck wird die Aussetzung der Vorrangprüfung in Erwägung gezogen. Auf diese Weise können Krankenhäuser und Praxen eine Stelle mit einem ausländischen Facharzt besetzen, ohne dabei nachweisen zu müssen, dass es keinen deutschen Mediziner für die entsprechende Stelle gibt. Allerdings stoßen die geplanten Maßnahmen bei Experten auf eine gewisse Skepsis. So müssen alle ausländischen Ärzte, welche nach Deutschland zum Arbeiten kommen, nicht nur fachlich, sondern auch sprachlich und interkulturell kompetent sein. Darüber hinaus würden mit diesem Vorgehen Nachwuchsärzte aus Schwellen- und Entwicklungsländern abgeworben, sodass es an diesen Standorten irgendwann zu einem Fachärztemangel kommt. Deswegen ist der Zuzug von Ärzten aus dem Ausland kein geeignetes Mittel, um die hiesigen Versorgungslücken ohne weitere Probleme zu schließen.

Fazit

Angesichts des augenblicklichen Fachärztemangels ist in Deutschland ein akuter Handlungsbedarf gegeben. Mit den genannten Schritten lassen sich in den nächsten Jahren garantiert Verbesserungen der Lage erwirken, wenn dafür die Bereitschaft der zuständigen Länder, Universitäten und sonstigen verantwortlichen Stellen vorhanden ist.


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Über den Autor: Dr. med. Benjamin Gehl

Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie


Als Facharzt für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie liegt die Leidenschaft von Dr. Gehl schon immer im Bereich der medizinischen Contentproduktion.

Aufgrund seiner Ausbildung, einer langjährigen Einsatzzeit in der rekonstruktiven und plastischen Chirurgie, sowie zahlreichen Auslandseinsätzen in Indien, Afrika und Amerika weiß er, welche Techniken und Behandlungen für medizinische Indikationen international Anwendung finden und State of the art sind.

Weiterhin beschäftigt er sich täglich mit neuen Trends und Techniken in der operativen und nicht-operativen Chirurgie. Fortbildungen sowie Studien zählen genauso zu seiner Leidenschaft wie die Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten zu den neuesten fachspezifischen Themen.

Bitte beachte, dass sämtliche zur Verfügung gestellten Inhalte zu den einzelnen Behandlungen, Abläufen, Preisen etc. generelle Informationen sind und je nach Ärzt*in und individuellem Fall und Ausgangslage variieren können.

Für genauere Auskünfte frag bitte direkt bei dem/der von Dir ausgewählten Ärzt*in an.

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